Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Bad Salzuflen erhebt die höchsten Standortkosten

Marianne Schwarzer

  • 5
So unterschiedlich geht es in Lippe zu: Die Grundsteuer B reicht von 429 Prozent bis zu 620 Prozent. - © Grafik: Wendtland
So unterschiedlich geht es in Lippe zu: Die Grundsteuer B reicht von 429 Prozent bis zu 620 Prozent. (© Grafik: Wendtland)

Kreis Lippe. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen sehen sich gezwungen, immer stärker an der Steuerschraube zu drehen. In der Hälfte der lippischen Kommunen steht eine Erhöhung der Grundsteuer B an, bei Dreien haben die Kämmerer noch keine Vorschläge gemacht. Die Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold beklagt diesen Trend.

Absoluter Spitzenreiter bei der Grundsteuer B, die Gewerbebetriebe und Hausbesitzer gleichermaßen trifft, ist nach wie vor Bad Salzuflen mit sage und schreibe 620 Prozentpunkten. Dahinter gehören Schieder-Schwalenberg und Detmold zu den teuren Kommunen: Beide Räte haben für 2016 den Hebesatz auf 550 Punkte erhöht. Bürger und Gewerbetreibende von Lage und Augustdorf liegen hier mit je 429 Punkten am niedrigsten.

Information
Der Hebesatz

Was an Grundsteuern zu zahlen ist, legen die Kommunen im Hebesatz fest. Dafür bekommen sie die Grundlage vom Finanzamt, das beispielsweise den Grundbesitz bewertet, den Grundsteuermessbetrag. Der wiederum wird von der Finanzbehörde errechnet, in dem der Einheitswert eines Grundstücks mit einer Grundsteuermesszahl multipliziert wird. Für Grundstücke beträgt die Steuermesszahl zwischen 2,6 und 3,5 Promille*. In den Kommunen wird dann das Ergebnis noch mit dem örtlichen Hebesatz multipliziert. Hier kommt die Politik ins Spiel: Die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer werden regelmäßig in der kommunalen Haushaltssatzung für ein Haushaltsjahr festgelegt, können also jedes Jahr geändert werden.

Das Gutachten kann im Internet unter www.kommunen-in-nrw.de eingesehen werden.

*In einer früheren Version stand an dieser Stelle Prozent. Wir haben den Fehler mittlerweile korrigiert.

Bei der Gewerbesteuer schießt Extertal mit 485 Punkten den Vogel ab, gefolgt von Leopoldshöhe mit 450. Horn Bad Meinberg und Lage (je 418) sowie Augustdorf und Schieder-Schwalenberg (417) verlangen im Vergleich am wenigsten von den örtlichen Gewerbebetrieben. Die Kommunen, die ihre Steuern zu diesem Jahr nicht erhöht haben, sind diesen Schritt schon im Vorjahr gegangen oder haben ihn bereits auf der Agenda.

Doch ganz gleich, ob Grundsteuer oder Gewerbesteuer: Axel Martens von der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold mag sich mit den laufenden Erhöhungen von Abgaben nicht abfinden, denn: "Das erhöht die Standortkosten, und das ist auf die Dauer nicht hinnehmbar", sagt er auf Nachfrage der LZ.

Die Steuereinnahmen sprudelten: "Detmold hat beispielsweise fünf Millionen Euro über Plan eingenommen, da ist es schwer nachvollziehbar, dass hier die Steuern erhöht werden." Martens sieht zwar, dass die Kommunen schwer belastet sind, gerade jetzt auch im sozialen Sektor. "Aber das kann nicht immer nur zu Lasten einer kleinen Gruppe gehen."

Ein Blick nach Niedersachsen zeige, dass das auch anders gehe: Hier liegen die Steuern deutlich niedriger. Und dass Unternehmen wie Phoenix Contact sich vor Jahr und Tag für eine Niederlassung in Bad Pyrmont entschieden hätten, spreche Bände. "Die Erträge finden dann auch leider da statt und nicht hier in Lippe."

Nun bekennt sich der Blomberger Elektronikhersteller zwar klar zum Wirtschaftsstandort Deutschland. Aber die Abwanderungsgedanken bei Gewerbetreibenden seien auch vor dem Hintergrund hoher Energiekosten in Deutschland nicht von der Hand zu weisen, sagt Martens. Darum lautet sein Appell: "Verärgert sie nicht."

Es könne auch nicht sein, dass in der ländlichen Region eine Kommune wie Extertal Gewerbesteuern auf Großstadtniveau verlange: "Das kann ich nicht machen, wenn ich dafür im Gegenzug keine Infrastruktur auf Großstadtniveau vorhalte."

Mit seiner Kritik ist Martens nicht allein: Das Thema treibt derzeit auch die kommunalen Spitzenverbände, also die Interessenvertreter der Städte, Gemeinden und Landkreise um. Sie wollen sich nicht länger vom Land immer mehr Kosten aufbürden lassen. Jetzt haben sie ein Rechtsgutachten vorgestellt.

Kommunen fordern mehr Geld vom Land

Rechtsgutachten: Städte und Gemeinden steht laut Grundgesetz eine finanzielle Mindestausstattung zu

Kreis Lippe (an). "Es kann einfach nicht so weitergehen", sagt Blombergs Kämmerer Rolf Stodieck. Kommunen sähen sich gezwungen, immer weiter an der Steuerschraube zu drehen. Doch hier müsse endlich was passieren. Da sind er und seine lippischen Kollegen sich einig.

So beurteilen es auch der Städtetag, der Städte- und Gemeindebund sowie der Landkreistag in Nordrhein-Westfalen. Die drei kommunalen Spitzenverbände haben ein Gutachten beim Gießener Rechtswissenschaftler Prof. Dipl.-Volkswirt Dr. jur. Klaus Lange in Auftrag gegeben, ehemaliger Präsident des Staatsgerichtshofes des Landes Hessen.

Nach Auffassung des Juristen sichert Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes den Kommunen gegen das Bundesland, zu dem sie gehören, einen Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung zu. Diese müsse es den Kommunen erlauben, nicht nur ihre Pflichtaufgaben, sondern darüber hinaus auch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.

Dieser Anspruch könne nicht durch den Hinweis, dass auch die Haushaltslage des Landes schwierig sei, eingeschränkt werden. Insoweit sei die jüngere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen kritisch zu sehen.

Das Gutachten wurde den Mitgliedern der Verfassungskommission des nordrhein-westfälischen Landtages übergeben, die momentan über Änderungsvorschläge zur Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen beraten. Prof. Dr. Lange schlägt unter anderem vor, die grundgesetzliche Garantie der Kommunen auf eine finanzielle Mindestausstattung auch ausdrücklich in der Landesverfassung NRW zu verankern.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Kommunalwahl-Abo

Angebot zur Kommunalwahl

5 Wochen Lippische Landes-Zeitung lesen -
gedruckt UND digital!

Jetzt bestellen
Kommunalwahl-Abo