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Detmold

Winfried Grundhöfer rettet 22-jährigen Studenten vor dem Suizid

Nach drei versiebten Führerscheinprüfungen wollte der Student nicht mehr leben. Nun bietet die Fahrschule eine kostenlose Nachschulung an

Detmold. Er war gerade in der Firmenküche, um seinen Mittagskaffee zu trinken – da fiel sein Blick auf die Bahngleise an der Orbker Straße, die direkt neben der Speditionsfirma „KEC Cargo" entlang laufen. „Ich schaue da immer hin, weil es in der Vergangenheit so viele Probleme mit den Schranken gab", sagt Disponent Winfried Grundhöfer. Auch am vergangenen Freitag fiel sein Blick auf die Gleise: Dort sah er einen jungen Mann stehen.

„Ich bin natürlich sofort hin", erinnert sich der 64-Jährige. Vor Ort habe er einen weinenden Mann angetroffen, der nicht mehr leben wollte. „Dann bin ich zu ihm hin und habe ihn in den Arm genommen", erzählt Grundhöfer. Anschließend habe ihm Timo Schneider (Name von der Redaktion geändert) erzählt, dass er nur Minuten zuvor zum dritten Mal durch die Führerscheinprüfung gefallen sei. „Und darum willst Du dir das Leben nehmen?", habe er ungläubig nachgefragt. Timo habe genickt und den Kopf auf seine Schultern gelegt.

„Ich habe ihm immer wieder gesagt, dass er sich nicht wegen einer gescheiterten Prüfung das Leben nehmen muss", sagt Grundhöfer. Seine Worte und Anwesenheit hätten den 22-Jährigen beruhigt. „Er hörte auf zu weinen, dann habe ich meinen Arm um ihn gelegt und wir sind von den Schienen runter", sagt der 64-Jährige.

Mit gesenktem Kopf hört Timo zu. „Ich war wirklich am Ende und fühlte mich einsam und verlassen", erzählt der Geschichtsstudent. Er habe 3000 Euro für die Prüfungen bezahlt und sei jetzt pleite.

Nachdem Fahrlehrer und Prüfer mit den Daumen nach unten gezeigt hätten, habe er sich als völliger Versager gefühlt. „Ich war total verzweifelt und wollte meinem Leben eine Ende setzen", sagt Timo. Erst als Winfried Grundhöfer gekommen sei, habe er seine Umwelt wieder wahrgenommen.

„Wenn er nicht gekommen wäre, würde ich heute nicht hier sitzen. Er ist mein Schutzengel", sagt der 22-Jährige und greift nach der rechten Hand seines Retters. Denn nur zehn Minuten später sei ein Zug vorbeigerast.

Vor drei Jahren zog Timo mit Freundin Neele von Bremen nach Detmold, um hier zu studieren. „Es gefällt uns hier sehr gut, aber die Fahrschule war ein Albtraum", sagt Timo, der inzwischen psychologische Hilfe in Anspruch nimmt. Immer wieder habe ihn der Fahrlehrer als „Versager" bezeichnet.

Die Fahrschule bedauert auf LZ-Anfrage den Suizidversuch, sieht aber keinerlei Mitschuld bei Fahrlehrer und Prüfer. „Wir bieten ihm kostenlos ein paar Nachschulungsstunden an", sagt der Inhaber. Er könne in der kommenden Woche erneut an einer Prüfung teilnehmen. Doch die Prüfungsgebühren in Höhe von knapp 200 Euro müsse er dann selbst tragen. „Die übernehme ich, das habe ich ihm versprochen", sagt Winfried Grundhöfer. „Timo schafft das, da bin ich mir ganz sicher", fügt der 64-Jährige hinzu und nimmt den 22-Jährigen in den Arm.

Zwischen Timo und seinem Lebensretter ist in den wenigen Tagen eine großes Vertrauensverhältnis entstanden. „Ich bin froh, dass sich Winfried und die LZ so für mich eingesetzt haben. Und dass ich nun die Möglichkeit habe, meinen Führerschein zu machen", so Timo. Lob kommt von Polizeisprecher Uwe Bauer: „Alle Beteiligten haben couragiert und umsichtig gehandelt. "

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