Kreis Lippe. Der Paukenschlag der Wahl dröhnte am Mittwoch auch den Lippern in den Ohren. Die LZ sammelte Stimmen.
Das sagt die IHK: Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Axel Martens, weiß von mindestens zehn heimischen Unternehmen, die in den USA produzieren. Etwa 90 Firmen haben Niederlassungen. Die USA seien nach der EU wichtigster Handelspartner Lippes. Für Martens die entscheidende Frage: „Donald Trump hat Forderungen formuliert. Was setzt er wie um? Tritt die USA aus der Welthandelsorganisation aus? Gibt es Strafzölle für Europa?" Gut sei, dass die Börse sich noch ruhig verhalte – „aber Unsicherheit ist Gift."
Stimmen der Unternehmer: Seit 1981 betreibt Phoenix Contact eine Niederlassung in der Nähe von Harrisburg. 2012 steigerte sich dort der Umsatz um 20 Prozent. 2013 investierte das Unternehmen in die Produktion. 2016 allerdings waren die Umsätze zurückgegangen, und Phoenix Contact erhoffte sich auf der Hannover Messe mit dem Besuch von Obamas Rückenwind. Wie sich die Wahl auswirken könnte? Hier schweigt man sich aus. „Wir nehmen grundsätzlich keine Stellung zu politischen Themen", betont Pressesprecherin Angela Josephs.
Ralph Schomburg hingegen macht aus seiner Skepsis keinen Hehl. Der Geschäftsführende Gesellschafter des Detmolder Baustoff-Spezialisten, befürchtet Strafzölle und Wettbewerbsnachteile durch Trumps Abschottungs-Pläne. Schomburg ist an einem Joint-Venture in Maryland mit 30 Mitarbeitern beteiligt. Auch für ihn ist „Ungewissheit" ein prägender Begriff.
Bürger aus Lippe meinen: „Als ich ins Bett gegangen war, sah es nach Clinton aus. In seiner Rede war Trump ja immerhin etwas moderater als zuvor", findet Gilla Clusmeier aus Lemgo. „Für uns wird das sicherlich Auswirkungen haben, vor allem außenpolitisch. Aber man muss sich damit arrangieren. Insgesamt denke ich, dass es für die Amerikaner eine schlechte Entscheidung war".
Und auch der Detmolder Stefan Siewecke sieht den Sieg Trumps recht ähnlich. „Es ist erschreckend. Als ich vom Sieg Trumps hörte, war ich nur überrascht, dass dieser Populist tatsächlich gewonnen hat. Meiner Meinung nach hat der Falsche gewonnen. Doch seine Antrittsrede, in der er bereits viel gemäßigter aufgetreten ist, lässt hoffen, dass er Berater um sich haben wird, die einen etwas höheren IQ haben als er selbst." Außenpolitisch könnte es aber dennoch künftig schwierig werden, meint der Versicherungsbetriebswirt.
Die Detmolderin Andrea Basner findet den Wahlsieg von Trump einfach „furchtbar." „Meiner Meinung nach ist Trump nicht mehr ganz richtig im Kopf. Das hat man ja schon im Wahlkampf gesehen, der absolut unter der Gürtellinie abgelaufen ist. Und: Neben der Türkei und Russland ist jetzt ein weiterer Kriegstreiber an der Macht. Ich hätte lieber Clinton gesehen – eine Frau wäre eine willkommene Abwechslung gewesen", meint die 62-Jährige.
„Das ist ein Alptraum mit Blick auf die Menschenrechte und eine Tragödie für Amerika und die Welt", sagt Megan Marie Hart, Sängerin am Landestheater. Die Amerikanerin hat per Briefwahl abgestimmt – für Clinton, die, davon ist sie überzeugt, eine gute Präsidentin geworden wäre. „Ich habe so geweint. Es beschämt mich, dass so viele Menschen in den USA für einen Rassisten und Frauenfeind gestimmt haben." Megan Marie Hart, die mit einem Deutschen verheiratet ist, denkt darüber nach, ihre Mutter aus den USA zu sich zu holen. „Sie bekommt keine Rente und wird keine Sozialhilfe bekommen." Ihr Vater überlege, nach Kanada auszuwandern – „und ich denke darüber nach, meine amerikanische Staatsbürgerschaft aufzugeben."
Am Samstag will der gebürtige Salzufler Claus Boelter – derzeit mit seiner Frau Donna auf Heimatbesuch – wieder nach Atlanta fliegen. „Wenn Trump mich wieder reinlässt – ich habe nur einen deutschen Pass", witzelt der Unternehmer, der seit 1989 in den USA lebt. Dem Ehepaar ist allerdings nicht zum Lachen zumute. „Ich hasse es; es ist mir so peinlich. Ich habe vor unserer Reise Hilary gewählt", sagt die Amerikanerin. Claus Boelter ist sich sicher: „Gegen jeden anderen demokratischen Kandidaten hätte Trump keine Chance gehabt. Man hatte nur die Wahl zwischen zwei Übeln."
Der Finanzfachmann mahnt: Aus deutscher Sicht ist die Wahl ein doppelter Schock, sagt Markus Schön (DVAM Vermögensverwaltung). Exporte in die USA würden schwieriger, gleichzeitig werde die Nachfrage nach deutschen Premiumprodukten aus China deutlich nachlassen. Damit drohe Deutschland eine tiefe Rezession, auf die es kaum wirtschafts- oder geldpolitische Antworten gebe.
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Frust in Los Angeles: Sechs Wochen hat David Niggemann (26) den Wahlkampf für Clinton unterstützt. Der Detmolder, der Karriere in der Filmindustrie machen will, hat viele Telefonanrufe und Hausbesuche hinter sich – Leider erfolglos. „Amerika hat, genauso wie die Briten, gezeigt, wo es steht."
Facebook-Stimmen zur US-Wahl
- „Da helfen weder Ärgern noch Grollen, weder Zetern noch Jammern. Demokratie lebt vom Wechsel. Die Erde dreht sich weiter, sie sollte ja schon nach dem Brexit in Schockstarre verfallen. Die Töne in den Medien werden heute schon moderater, man wird die Antennen neu ausrichten und damit leben können, wetten?"
- „Die ganze Wahl ist Mist. Keiner der beiden Kandidaten hätte überhaupt aufgestellt werden dürfen. Es ist von vorn herein völlig egal gewesen, wer von den beiden gewinnt.... der nächste Krieg steht so oder so vor der Tür."
- „Das amerikanische Volk hat sich mutig gegen das bisherige System entschieden. Das ist zu akzeptieren, das nennt man Demokratie!"
- „Unglaublich. Da sieht man mal wieder, wie dumm die Amerikaner sind."
- „Und als nächstes wird bei uns Walter Freiwald zum Bundespräsidenten gewählt."
- „Da bewahrheitet sich doch der gute alte Spruch: Mit Geld lässt sich alles kaufen! Sogar das Amt des amerikanischen Präsidenten! Ich glaub ich fange jetzt an zu sparen!"
- „Die Amerikaner haben gewählt – demokratisch wohlgemerkt. Ich bin gleichwohl froh, dass die Gründerväter unserer Republik uns ein anderes Wahlsystem in die Wiege gelegt haben, das hoffentlich dafür sorgt, dass uns diese Polarisierung erspart bleibt."
- „Schicksal: Nimm deinen Lauf."
- „Ich finde es falsch, nur alles nachzulabern, was die Medien einem vorgeben. Lasst Trump erst mal Präsident sein, es wird vielleicht ganz anders kommen wie gedacht. Gestern war ja auch noch jeder davon überzeugt, dass der auf keinen Fall Präsident wird!"
- „Morgen wird er von Angela Merkel empfangen werden, übermorgen ist er unser guter Freund Donald, und überübermorgen gibt es den Nobelpreis."
- „Die Merkelpolitik hat Trump zusätzlich in die Karten gespielt. Allerdings ist die Clinton auch nicht wirklich besser. (...) Einen Obama wird es lange nicht mehr geben."
- „Es ist beschämend!"
- „Ich verstehe die Amerikaner einfach nicht."