Kreis Lippe. Sie hat ihre Arbeitsstelle verloren, kann nicht mehr zu ihren geliebten Tanzabenden mit, und die Gartenarbeit hat ihr Mann Armin übernommen. „Ich bis 58 Jahre alt und fühle mich wie 78", sagt die Dörentruperin Martina Dietrich.
Schuld daran sei das Klinikum Lippe, weil die Ärzte nach der Diagnose Brustkrebs im Jahr 2012 trotz regelmäßiger Kontrollen Metastasen in den Knochen übersehen haben sollen. Die 58-Jährige hat das Klinikum Lippe vor dem Detmolder Landgericht verklagt und fordert 25.000 Schmerzensgeld.
Wenn Patienten einen Behandlungsfehler vermuten, sollten sie eine zweite Meinung einholen, empfehlen Patientenvertreter und Verbraucherzentralen. Wenn in der Krankheitsphase dafür die Kraft fehlt, könne das innerhalb von drei Jahren passieren. Kostenlose Beratungen gibt es unter anderem beim Gesundheitsladen Bielefeld. Auch die Krankenkassen und die Ärztekammern sind Ansprechpartner bei möglichen Behandlungsfehlern.
"Die Ärzte haben mein Leben zerstört"
„Ich möchte nur Gerechtigkeit, weil die Ärzte mein Leben zerstört haben", sagt Martina Dietrich, die sich nur mit Hilfe eines Rollators in Richtung Gerichtssaal bewegen kann. Während ihrer Aussage am Freitag vor der Zivilkammer unter Vorsitz von Richter Manfred Pohlmeier greift sie immer wieder nach der Hand ihrer Anwältin Annika Günter.
„Im Jahr 2012 bin ich an Brustkrebs erkrankt und im Klinikum in Lemgo operiert worden", erzählt die 58-Jährige. Nach der Operation habe sie unter schlimmen Schmerzen im Rücken- und Brustbereich gelitten. „Ich habe dies immer wieder bei den Nachsorgeterminen angesprochen, doch mir wurde gesagt, dass das die Nebenwirkungen der Schmerzmittel sind. Ich sollte mir keine Sorgen machen", sagt Dietrich. Immer wieder habe sie weitere Schmerzmittel verschrieben bekommen – ohne Erfolg. „Die Schmerzen wurden immer schlimmer. Ich war verzweifelt", sagt die Ex-Bürokauffrau.
Schocknachricht: Knochen von Krebs zerfressen
Im März 2015 habe sie plötzlich ihre Arme nicht mehr bewegen können und sei in der Lemgoer Notaufnahme gelandet. „Dort haben sie eine Verkalkung der Gelenke diagnostiziert. Am nächsten Morgen sollte eine CT-Aufnahme gemacht werden, doch ich wollte die Nacht aus Angst vor Krankenhauskeimen nicht in der Klinik verbringen", erinnert sich die Dörentruperin. Doch die Ärzte hätten gesagt: „Ohne Übernachtung kein CT."
Zwei Wochen später habe sie in Bad Salzuflen einen Termin für „die Röhre" bekommen. Man habe ihr empfohlen, sofort das Krankenhaus aufzusuchen, da die Knochen vom Krebs befallen und voller Löcher seien. „Ich war geschockt, denn ich war ja regelmäßig zur Untersuchung", sagt Dietrich.
Krebs war bereits auf älteren Aufnahmen zu sehen
Im Lemgoer Brustkrebszentrum habe sie sich an eine Ärztin gewandt, der sie vertraut habe. „Ich wurde sofort operiert, und nach dem Eingriff hat die Ärztin erklärt, dass die Löcher in den Knochen bereits auf den älteren Aufnahmen von 2014 zu sehen sind", betonte Dietrich.
Doch damals hätten die Mediziner sich auf den Krebsbefall der Organe konzentriert und die befallenen Knochen übersehen. „Sie hat mir das Loch im Brustbein auf den alten Aufnahmen sogar aufgezeichnet und einen Gang zur Ärztekammer empfohlen, um den Vorfall zu melden."
Davon wollte die 50-jährige Medizinerin im Zeugenstand nichts wissen: „Ich habe dies nicht getan", sagt die Ärztin. Sie habe während der Gespräche lediglich erwähnt, dass Martina Dietrich eine zweite Meinung einholen solle.
Da die Vertreter des Klinikum, Thomas Drawe und Rechtsanwalt Prof. Karl Otto Bergmann, keinen Grund für einen Vergleich sahen, soll nun ein Gutachter eingeschaltet werden. Ein Urteil erwarten Prozessbeobachter in sechs bis neun Monaten.