Kreis Lippe. Eine Frage, die sich wohl jede Zeitungsredaktion immer wieder stellt lautet: Welche Geschichte sollen wir Weihnachten erzählen? Ein Streifzug durch die LZ-Geschichte.
"Eine Bescherung am Heiligen Abend hat man in England nicht. Die Kinder erhalten Geschenke am Weihnachtstag oder schon vorher. Der Nikolaus oder Weihnachtsmann, besser bekannt unter dem Namen Father Christmas, spielt dabei dieselbe Rolle wie bei uns." Regelrechte Aufklärungsarbeit wurde da in der LZ vom 24. Dezember 1952 geleistet.

Weshalb blickt die LZ im Jahr 1952 so kurios nach Großbritannien? Es sind die Nachwehen des Zweiten Weltkrieges. "In zwei Weltkriegen haben die Tommies den deutschen Weihnachtsbaum kennengelernt", heißt es im Bericht, in dem ein Detmolder von seinen Erfahrungen berichtet. "Englische Weihnachten sind sonst aber sehr verschieden von deutschen Weihnachten. Zur Feier in der Familie wird das Wohnzimmer weihnachtlich, das heißt recht bunt dekoriert. Unterm Mistelzweig hängen an den Wänden und von der Decke bunte Papierschlangen, silberne und goldene Bänder und Ketten. Bunte Luftballons fehlen nicht, und erst recht nicht die Crackers, Knallbonbons."

Um ein kleines Weihnachtswunder geht es in einem weiteren Artikel der Ausgabe. "Liebende Herzen und offene Hände" wird dort getitelt. Ein Aufruf in der LZ hatte für Zwillinge auf der Kinderstation des Kreiskrankenhauses Lemgo eine besondere Auswirkung. Die beiden "kranken Flüchtlingsmädchen" hatten gar nicht erst auf Geschenke zu hoffen gewagt. Doch einige Lipper sammelten Essen, Süßigkeiten, Wäsche, Strümpfe, Bälle, Bücher und ein Spiel. So viel, dass auch die anderen Kinder auf der Station mitbedacht wurden. "Ein kleines Weihnachtswunder, das Menschenhände, oder besser heiße, gebefrohe Menschenherzen schufen und das weit Schöneres noch mit sich bringt, als die Freude, die heute Abend aus Kinderaugen strahlen wird: Es bringt die Gewissheit, dass die Menschen nicht abgestumpft sind gegen das Leid und taub gegen den Appell zu helfen. Es bringt den Beweis, dass auch heute noch wie jederzeit Menschen helfen wollen, wenn sie nur wissen, dass ihre Bereitschaft nicht missbraucht wird", heißt es in dem Bericht.
Krieg bleibt Thema
Auch 1955 ist es noch der Krieg, der in die Weihnachtsausgabe Einzug hält. In den Wochen vor Weihnachten hatte man sich zurückgehalten in der Berichterstattung um die ehemaligen Soldaten. Man wollte die weiteren Transporte aus dem Osten nicht gefährden. Doch eine kleine Stelle widmet die Ausgabe ebendiesen Heimkehrern: "Wenn heute Abend die Glocken unserer Kirchen das Weihnachtsfest einläuten, erhält der Heilige Abend in manchen Familien des Lipperlandes ein ganz besonderes Gepräge. Die nach einer langen Leidenszeit kürzlich heimgekehrten ehemaligen Soldaten können endlich mit ihren Angehörigen unter dem grünen Christbaum mit leuchtenden Kerzen das schönste Fest mitfeiern."
1960 gibt es einen "Reisebericht nicht alltäglicher Art". Zwei Amerikanerinnen waren auf Wanderschaft - von New York über den Polarkreis bis nach Wahmbeckerheide. Was für Etappen. Solch ein Besuch in dem beschaulichen Ort brachte allerlei Furore. "Mit einem Beutel voll Geld oder einer Brieftasche, bespickt mit Scheinen, durch die Welt zu gondeln, das ist eine Kleinigkeit. Die Reise aber ohne bare Münze, nur mit einem Sack voll Gottvertrauen, Idealismus und Freude am Wandern, anzutreten, das scheint echte Männersache zu sein. Nur ein handfester Abenteurer schafft das, nur ein Kerl, der mit beiden Beinen in der Welt steht. Denkste, lieber Leser! Der Chronist dieses Berichtes lernte zwei vom "schwachen" Geschlecht kennen, die bereits tausende von Kilometern hinter sich gebracht hatten und die noch zigtausende von Kilometern vor sich hatten. Es war in Wahmbeckerheide, wo sie ihren Weg für acht Tage unterbrachen und bei lieben Verwandten verweilten.
1961 gab es unter anderem ein Gedicht:
Heute muß sie wirklich tüchtig schleppen,
(unsere Festtagsnummer ist sehr dick!)
Aber neben ihr geht auf den Treppen
unsichtbar und still das Weihnachtsglück.
Hinter einer Flurtür singen Geigen
Schon der heil'gen Nacht ein erstes Lied.
Ist es nicht ein Duft von Tannenzweigen,
der verstohlen jedes Haus durchzieht?
Jeder hat noch Einkaufssorgen,
und man wünscht sich im Vorübergeh'n:
Frohes Fest! Recht viel Geschenke morgen!
"Hin und wieder bleibt ein Leser steh'n.
Das ist für die Zeitungsfrau 'ne Pause.
um sich für Minuten auszuruh'n.
In zwei Stunden kann auch sie nach Hause,
ach, es gibt so vieles noch zu tun.
Keutter Hermuth, Burkhardt, Edelhagen
treppenauf und Häuser hin und her
Eine Straße wäre noch zu tragen,
und dann ist die große Tasche leer.
Jetzt befindet sich in Ihren Händen
unsre Zeitung, halb gelesen schon.
Alle guten Weihnachtswünsche senden
Zeitungsfrau, Verlag und Redaktion!
Bangen mussten 1975 die Lemgoer um eine beliebte Weihnachtstradition: Das Glockenspiel der Kirche St. Nikolai war außer Gefecht. Ob die zuständige Firma die Reparatur rechtzeitig schafft, blieb bis zum letzten Moment unklar. Damit dann der Kantor "alle Jahre wieder vom Spieltisch im Ballhaus von Hand im Wechsel mit den Chören und dem blitzblanken Blech des Posaunenchors die alten Weisen erklingen lassen kann."

Selbst ins Weihnachtsgeschehen hat sich 1994 Redakteurin Silke Buhrmester gemischt. Als Weihnachtsfrau ist sie durch Detmold gezogen - und hat dabei nicht nur positive Erfahrungen gemacht. "'Geh mal zur Seite', brüllt der Mann mit den zwei Mülltonnen im Schlepptau." Auf der Straße, im Spielwarengeschäft und ständig im Blick von allen - kein einfacher Job. "Eineinhalb Stunden Weihnachtsmann, Watte im Mund, Schweiß auf der Stirn, Eiszapfen an Händen und Füßen. Jetzt hab ich aber genug. Die Geschenke sind zum Glück verteilt. Feierabend. Am Dienstag gehe ich in mein warmes Büro mit der Gewissheit: Redakteurin zu sein ist schon schwer, Weihnachtsfrau dagegen noch viel, viel mehr."
Auf der Suche nach dem perfekten Stall ganz wie aus der Weihnachtsgeschichte haben sich 2003 Bernhard Preuß und Barbara Luetgebrune gemacht. In Nordlippe ging es um die Frage: Wo gibt's das größte Weihnachtspotenzial? "So viel vorab: Im lippischen Norden müssten Maria und Josef sich nicht die Hacken wund laufen auf der Suche nach einem Stall. Nicht wie in der Stadt, wo sie vielleicht mit einer Garage vorlieb nehmen müssten." Wo könnte man am ehesten Kinder gebären? Wer ist das bessere Empfangskommittee - Pferde oder Kühe? Die Quintessenz: "Eine Handvoll Original-Zutaten macht eben noch lange kein Wunder, und die Geburt im Stall war schon vor 2000 Jahren das Gegenstück zum Weihnachtsidyll. Dennoch bleibt eine Ahnung davon zurück, dass ein Hauch dieses Wunders tatsächlich bis heute in jedem Stall der Welt zu spüren ist."
2004 hat eine ganz besondere Geschichte Einzug in die Weihnachtsausgabe der LZ gefunden. Fünf Jahre alt und schon ein Held. Ein kleiner Junge aus Bad Salzuflen konnte eine Katastrophe verhindern. Die Geschwister sind beschäftigt, der Fünfjährige krabbelt aus dem Bett und will seine Mutter wegen einer Frage aufsuchen. Im Wohnzimmer entdeckt er einen lichterloh brennenden Adventskranz - und bleibt seelenruhig. Der Junge geht zur Mutter und sagt "Du Mama, im Wohnzimmer brennt dein Adventskranz." Etliche Zeitungen hätten auf dem Tisch gelegen, wäre das Feuer unbemerkt geblieben, hätte es einen Großbrand geben können. Vermutlich hat der Junge neun Familien vor einem ungemütlichen Weihnachten bewahrt.
2017 hat Redakteur Benjamin Marquardt einmal ganz weit zurückgeschaut.1914 soll sich eine besondere Begebenheit auf dem Kriegsfeld im belgischen Flandern zugetragen haben. "Auf eigene Initiative beschlossen die Soldaten, den Krieg ruhen zu lassen und sich ihren eigenen kleinen Frieden zu schaffen", heißt es im Bericht. Gemeinsam sollen deutsche und britische Soldaten die Waffen niedergelegt und "Stille Nacht, heilige Nacht" gesungen haben.
Transparenzhinweis: Dieser Artikel ist erstmals im Dezember 2017 erschienen.