Kreis Lippe. Ein Jahr zwischen Feiern und Fassungslosigkeit, zwischen Neubeginn und Streit: 2025 hat Lippe bewegt wie selten zuvor. Das Klinikum sorgte für Schlagzeilen, der Hermann feierte 150. Geburtstag, die politische Landschaft wurde neu geordnet – und ein schockierendes Verbrechen erschütterte Lemgo. Dazu Jubiläen, Debatten, Bauchaos und ein Waschbärenfall, der landesweit für Empörung sorgte. Ein Rückblick auf ein Jahr, das Lippe nicht so schnell vergessen wird. Achterbahn im Klinikum Lippe Was für ein Jahr fürs Klinikum Lippe. Ein Wechsel in der Geschäftsführung, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu Vergabepraktiken, ein nicht zugelassenes Bürgerbegehren und zum Schluss der erfolglose Versuch einiger Gegner, den Neuen gleich wieder loszuwerden. Als der gebürtige Bielefelder Dr. Niklas Cruse Anfang des Jahres das Ruder übernimmt und den Ende 2024 geschassten Dr. Johannes Hütte ablöst, scheint auf dem ersten Blick Ruhe einzukehren. Der 51-Jährige von der Hospital-Management-Group übernimmt interimsweise und will mindestens so lange bleiben, bis die Gesellschafterversammlung die Entscheidung über einen dauerhaften Nachfolger getroffen hat. Auf diese warten die Lipper 2025 vergeblich. Erst Ende des Jahres wird der neue Landrat Meinolf Haase (CDU) andeuten, dass er Dr. Cruse behalten will und für 2026 alle dazu notwendigen Schritte vorbereiten werde. Hier lesen Sie mehr dazu... Der Hermann feiert seinen 150. Der Hermann feiert runden Geburtstag, das Wahrzeichen Lippes und der Region schlechthin wird im Sommer 150 Jahre alt. Der Recke macht schon vor dem Geburtstag Schlagzeilen und lockt Hunderte Fußballfans auf die Grotenburg. Zum zweiten Mal in seiner Geschichte hat er nämlich ein Arminia-Trikot im XXXL-Format spendiert bekommen. Für das sportliche Leibchen haben die Schneiderinnen rund 130 Quadratmeter feinsten blauen Fahnenstoff vernäht, es wird später – in Kleinteile zerschnitten – im DSC-Fanshop verkauft. Der Geburtstag im August wird dann ordentlich gefeiert, schließlich ist der Hermann wie der Kölner Dom eines der prägenden Markenzeichen Nordrhein-Westfalens. Die LZ veröffentlicht die fünfteilige Podcast-Serie „Mythos Arminius“ und würdigt den Geburtstag mit einer großen Beilage. In ganz Lippe gibt es Aktionen: Ausstellungen, Wanderungen, besondere Führungen, Symposien zu den über die Jahre so vielfältigen Deutungsmustern des Denkmals. Hier lesen Sie mehr dazu... Kommunal- und Bundestagswahl Der Sommer ist von den bevorstehenden Kommunalwahlen geprägt, die im September anstehen. Sie bringen einige besondere Ergebnisse. Nun, dass es einen neuen Chef im Kreishaus geben wird, war vor der Wahl klar – SPD-Mann Dr. Axel Lehmann hatte gesagt, er wolle nicht mehr als Landrat antreten. Die SPD verliert dann das Rennen: Meinolf Haase von der CDU gewinnt mit 55,6 Prozent in der Stichwahl gegen Ilka Kottmann (SPD). Er blicke voller Respekt vor seinem neuen Job nach vorn, jetzt gehe es an die Arbeit, sagt er am Abend. Kottmann kündigt gefasst an, dass sie in der Kreispolitik weitermachen will. Hier lesen Sie mehr dazu... Mordfall Brake In einem Edeka-Markt in Lemgo-Brake ersticht ein 33-Jähriger am 20. Oktober einen 16-Jährigen völlig unvermittelt. Das Opfer stirbt noch am Tatort. Täter und Opfer kannten sich nicht; die Ermittler sprechen von Mord aus Heimtücke. Die Tat löst in Lemgo tiefe Bestürzung aus, es entstehen Trauerorte und umfangreiche Krisenhilfe. Ein pietätlos verbreitetes Handyvideo sorgt zusätzlich für Entsetzen. Beim Tatverdächtigen werden hohe Drogenwerte festgestellt, sein Motiv bleibt unklar. Hier lesen Sie mehr dazu... Was sonst noch passiert ist 10.141 Lipper beim Lippecheck 16 Städte und Gemeinden. 31 Fragen. 3624 Kommentare: 10.141 Lipper bewerten beim dreiwöchigen Lippe-Check der LZ ihren Heimatort. Die Antworten zeichnen ein klares Bild – ganz unabhängig von lokalen Schwankungen: Sport und Vereine werden ebenso wie die Lebensqualität in der Region gut bewertet, der Immobilienmarkt und der ÖPNV kommen schlecht weg. Die Redaktion wertet wochenlang die Details der einzigartigen Umfrage in den einzelnen Orten aus. Windkraft bleibt umstritten Das Thema Windenergieanlagen spielt das ganze Jahr hindurch eine große Rolle in vielen Orten Lippes und bleibt sehr umstritten – auch, weil die gesetzlichen Grundlagen dafür für obendrein undurchschaubar sind. „Kreis Lippe lehnt Antrag zum Bau von sieben Windrädern ab“ heißt es beispielsweise im Februar in der LZ, im März titeln wir dann „um Schadensersatzansprüche in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags abzuwenden, wird der Kreis Lippe die sieben auf der Gauseköte geplanten Windkraftanlagen genehmigen.“... Ende offen. Unser Bild: Der Landesverband Lippe soll Planungen zum Bau von Windkraftanlagen im Wald einstellen, fordern Politik und Verbände in Horn-Bad Meinberg. Rund 60 Windkraft-Gegner übergeben Verbandsvorsteher Jörg Düning-Gast eine Petition. Lüftungsrohr trifft Supermarkt-Kunden Während eines Gewitters fällt im Juni ein langes Lüftungsrohr im Rewe-Markt am Entruper Weg in Lemgo von der Decke und trifft mehrere Menschen. Nach dem abendlichen Unglück ist die Rede von acht teils schwer Verletzten. Später korrigiert die Polizei die Zahl auf sechs. Das Rohr landet in einem Gang. Nach dem Unglück ist der Supermarkt mehrere Tage lang geschlossen. Während dieser Zeit werden weitere Lüftungsrohre abmontiert. Es folgen Ermittlungen zur Unglücksursache. Im Raum steht, ob es sich bei dem Sturz um eine fahrlässige Körperverletzung handeln könnte, weil eventuell Bauvorschriften nicht eingehalten wurden. Radprofis in Lippe Es war ein „Once in a Lifetime“, wie ein Zuschauer begeistert resümierte: Die Lidl-Deutschland-Tour, mit vielen bekannten Radprofis führt am 22. August durch Lippe. Auf ihrer zweiten Etappe von Herford durch den Teuto nach Arnsberg passieren die Profis Bad Salzuflen, strampeln zum Hermann und die Gauseköte hoch. Mehrere Tausend Zuschauer säumen die Strecke und sind von der Leistung begeistert. Waschbären-Drama Es geschah in der Innenstadt, direkt am Hexenbürgermeisterhaus: Der Waschbärbeauftragte des Kreises Lippe erschlägt, offenbar vor den Augen der Passanten, im Juni ein Waschbärjunges. Hat er das verletzte Tier verantwortungsbewusst erlöst – oder hat er es auf tierquälerische, brutale Art und Weise aus dem Leben gerissen, weil Waschbären als invasive Art, als „Schädlinge“ gelten? Letzteren Standpunkt vertreten die Tierschützer des Vereins „Unsere Hände für viele Pfoten“ – und erstatten Anzeige. Die Ermittlungen gegen den Jäger werden von der Staatsanwaltschaft Detmold im September eingestellt. Es liege kein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor. So sei das Jungtier schwer verletzt gewesen und habe keine Reaktion gezeigt. Der Jäger habe richtig gehandelt. Freilichtmuseum heißt bald Hellerlecht Nach einer kontroversen öffentlichen Debatte ist der Beschluss zur Umbenennung des Freilichtmuseums gefallen. Der neue Name lautet: „LWL-Museum Hellerlecht | Detmold – Westfälisches Landesmuseum für Kultur und Geschichte“. Er soll mit der Einweihung des neuen Eingangs- und Ausstellungsgebäudes Mitte 2026 eingeführt werden.Zuvor hatte es zahlreiche kritische Äußerungen zu dem Namensvorschlag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), dem Träger des Museums, gegeben. Bei einer Online-Petition kamen mehr als 10.000 digitale Unterschriften für den Erhalt des Begriffs „Freilichtmuseum“ zusammen. Viele störten sich auch an dem Plattdeutschen „Hellerlecht“, mit dem man nichts anfangen könne und das eher irritiere. Und daran, dass Detmold nur noch im Untertitel auftauchen sollte. Das zumindest wurde am Ende noch geändert. Schwan vs. Tretboot Seit Mitte Juli können Salzufler und Gäste nicht mehr über den Kurparksee schippern. Aus Rücksicht auf die Schwanenfamilie hat die Stadt den Betrieb des vom Verein „Arbeit – Werkstatt – Bildung“ (awb) getragenen Angebots gestoppt. Im September stoppt die Stadt abermals den Verleih der Tretboote, die das Aussehen von überdimensionalen Schwänen haben – auch wenn der Grund für die Verletzung des Tieres im Juni gar nicht geklärt werden konnte. Der Grund diesmal: Ein Schwan hatte ein Tretboot „angegriffen“. Fünf Arbeitsplätze hängen an dem Angebot. 200 Jahre Theater Was für ein Fest-Jahr für das Landestheater Detmold: Vor 200 Jahren wurde es als Hoftheater eingeweiht. Die zwei Jahrhunderte wurden schon im Sommer mit dem Auftakt der neuen Spielzeit gefeiert. Da gab es Theater und Musik vor dem Haus. Es folgte die große Festwoche im November mit jeder Menge Veranstaltungen, und die LZ begleitete das Jubiläum mit einer Serie. Das Theater ist das größte der vier NRW-Landestheater, zudem Europas größte Reisebühne und soll bald mit großem Aufwand umgebaut und saniert werden. Zum Festakt im November – der fand übrigens punktgenau an dem Tag der allerersten Aufführung statt – schenkten die Theaterfreunde mit einiger erster finanzieller Unterstützung eine Stiftung. Jeder Lipper kann zustiften, um dem Theater zum Beispiel besondere Aufführungen zu ermöglichen, oder eine Festwoche wie im Sommer, für die die Theaterfreunde 100.000 Euro springen ließen. Bauarbeiten lähmen die Bahn Bahn-Pendler mussten im zu Ende gehenden Jahr starke Nerven haben. Auf eine Streckensperrung wegen Bauarbeiten folgt die nächste – begleitet von Klagen über schlechte Infopolitik der DB, über Kommunikationspannen und Probleme mit den Ersatzbussen. Mehrfach werden Sperrungen kurzfristig verlängert, zuletzt bis in den Dezember hinein. Der Fahrgastverband Pro Bahn nennt das einen „Skandal“. Jauch sorgt für volles Haus Ausgerechnet mit Günther Jauch startet Louis Pawellek Anfang März sein neues Talk-Format – 700 Zuschauer kommen ins Bad Meinberger Kurtheater, der ganz persönliche Plausch auf der Bühne ist ausverkauft. Vor seinem Auftritt nimmt sich der beliebte Talkmaster und Moderator Zeit für ein Interview mit der LZ – und beantwortet Fragen im Lippe-Special von „Wer wird Millionär?“ Die LZ-Schlagzeile: „Pawellek ruft – Jauch kommt“ gefällt ihm augenscheinlich... naja, sagen wir gut! AfD vertritt Bürgermeister In Bad Salzuflen sorgte die Wahl der AfD-Fraktionsvorsitzenden Sabine Reinknecht zur dritten stellvertretenden Bürgermeisterin am 5. November für ein politisches Beben. In der geheimen Abstimmung setzte sie sich knapp gegen die Kandidatin der Grünen durch. Damit gehörte sie zu den ersten stellvertretenden Bürgermeisterinnen der AfD in NRW. Auch drei Stimmen außerhalb ihrer eigenen Fraktion hatten ihr zum Sieg verholfen. Zwei Wochen später die Kehrtwende: In öffentlicher Abstimmung wurde sie wieder abberufen. Gewettet, gewonnen Was für ein Einsatz für das Geburtstagskind: Mehr als 225 Lipper helfen der LZ und der Detmolder Kaufmannschaft kurz vorm Jubiläum des Hermann-Denkmals, eine spektakuläre Wette zu gewinnen. Beide hatten Detmolds Bürgermeister Frank Hilker und Jörg Düning-Gast vom Landesverband versprochen, dass sie 150 Menschen mit dem Namen Hermann (vorn oder hinten) zu einem festen Termin zum Denkmal locken, damit diese ihm ein Ständchen bringen. Dass es am Ende 75 mehr waren als notwendig, wurde kurz darauf auf dem Detmolder Marktplatz gemeinsam gefeiert.