Kreis Lippe. Kleine Ursache, verheerende Wirkung: Ein vergessener Putzeimer hat im Laborgebäude der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo einen immensen Schaden angerichtet. Nun muss das komplette erste Obergeschoss des erst vier Jahre alten Gebäudes einen neuen Estrich bekommen. Die gute Nachricht: Die Hochschule hat bereits Lösungen gefunden, wie sie die Zeit der Sanierung überbrücken kann.
Just hat sich ein Gutachter den Schaden angesehen, der bereits Mitte Juni entstanden war: „In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni muss es passiert sein. Da hat eine Putzfrau abends noch Wasser in einen Eimer füllen wollen und dann vergessen, den Hahn abzustellen", berichtet Dirk Tappe, bei der Hochschule zuständig fürs Gebäudemanagement.
Der Raum hat keinen Bodenablauf, und unglücklicherweise hatte die Frau den Eimer nicht ins Waschbecken gestellt, sondern bereits auf den Systemputzwagen. Mit einem an den Hahn geschraubten Schlauch umging sie den Abfluss. So konnte sich das Wasser ungehindert ausbreiten und stand letzten Endes so hoch, dass es auch in den Laboren über die Kehlen des Kautschukbodens hinter die Verkleidung und bis zur Dämmung unter dem Estrich lief.
Erst am anderen Morgen um 6.30 Uhr fand ein Mitarbeiter des Fachbereichs 4 die Bescherung vor. Die Ursache – der laufende Wasserhahn – fand sich erst nach einiger Zeit: „Man denkt ja auch erst mal an einen Rohrbruch. Auf so etwas kommen Sie ja zunächst mal nicht", sagt Tappe.
Dann ging alles ganz schnell, die Feuerwehr Lemgo stellte ein Wassersauggerät bereit. „Für richtige Feuerwehrpumpen war der Wasserspiegel zu niedrig. Alle Abteilungen aus dem Fachbereich 4 vom Studierenden bis zum Professor haben mit angepackt", berichtet der Gebäudemanager.
Allerdings: Auch wenn es jetzt vordergründig trocken zu sein scheint und derzeit auch in den Laboren gearbeitet wird, lauert der Schaden in der Tiefe. Denn unter dem Estrich liegt als Dämmstoff Mineralwolle, und die ist komplett vollgesogen. „Das würden wir nie wieder trocken bekommen, darum muss zunächst der Estrich raus", erläutert Tappe. Über den Daumen gepeilt gehe der Gutachter von einem Schaden um eine halbe Million Euro aus.
Den wird die Versicherung des Reinigungsunternehmens Th. Kramer in Köln bezahlen. Am elektronischen Schließzylinder habe sich ablesen lassen, welche Mitarbeiterin als letzte im Raum gewesen sein muss und den Schaden verursacht haben dürfte. Die bestreite das auch gar nicht, sagt der Chef des Unternehmens, Giorgio Cantavenera. Er habe da aber wenig Schuldbewusstsein wahrgenommen. „Dabei war das pure Faulheit. Man muss einer Reinigungskraft zumuten, dass sie einen Zehn-Liter-Eimer bis zum Waschbecken hochhebt. Wenn sie das nicht kann, ist sie falsch in dem Job." Im Übrigen sei es ein Unding, bereits am Abend zuvor das Wasser für den nächsten Tag in Eimer zu füllen. „Das wissen unsere Mitarbeiter auch ganz genau, in 24 Stunden verkeimt das doch, da können Sie doch keine Labore mit reinigen." Gefeuert werde die Frau nicht, aber sie habe sich ziemlich was anhören müssen.
Ein Zeitplan für die Sanierung steht noch nicht fest, sagt Ulrich Lesmann vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW in Bielefeld. „Wir müssen jetzt erst einmal prüfen, ob bereits ein Schimmelbefall droht", darum kümmere sich ein Bauexperte. Und dann gibt es eine weitere Schwierigkeit: „Finden Sie in diesen Tagen mal eine Baufirma, die sofort anfangen kann."
Der Lehrbetrieb läuft weiter
Kreis Lippe. „Das ist unangenehm, aber keine Katastrophe", sagt Hochschulpräsident Prof. Jürgen Krahl mit Blick auf den Wasserschaden im Laborgebäude. „Wir haben uns schon Lösungen überlegt, eigentlich sogar mehr Vorschläge zusammengetragen, als wir umsetzen können." Denn es steht fest, dass die hochmodernen, super ausgestatteten Labore nicht nutzbar sein werden, sobald die Sanierung begonnen hat.
„Wir haben es hier mit hochsensiblen Apparaturen zu tun, da können nicht einfach die Möbelpacker kommen und die mal eben woanders hinstellen." Fest stehe aber auch: „Der Lehrbetrieb darf nicht darunter leiden." Gerade sind Semesterferien, das verschafft ein bisschen Zeit.
Für aktuell laufende Forschungsarbeiten sei an eine Kooperation mit anderen Instituten in der Region gedacht, die über eine entsprechende Ausstattung verfügen. Krahl verspricht sich davon auch Ansätze für eine künftige Zusammenarbeit, so dass aus der Not eine Tugend würde. „Aber denen können wir natürlich nicht mit unseren Praktika kommen."
Einige der praktischen Übungen ließen sich vielleicht vom Winter- auf das kommende Sommersemester verschieben. „Wir hielten es für das Beste, Laborcontainer aufzustellen." Der Platz dafür sei da, sagt Gebäudemanager Dirk Tappe. „Und man kann komplett nach unseren Bedürfnissen ausgerüstete Container bestellen." Das werde dann die hochschuleigene Ausrüstung, die dann nur zwischengelagert werden müsste, schonen.
Dank mehrerer Standorte habe die Hochschule auch noch weitere Ausweichmöglichkeiten, erklärt der Hochschulpräsident. „Wenn wir Blockveranstaltungen organisieren, könnten wir auch nach Höxter und Detmold ausweichen."