Fahrschüler in Lippe müssen lange auf Prüfungstermine warten

Kreis Lippe. Viele machen ihn schon mit 17, und mit spätestens 18 ist er quasi Pflicht: der Führerschein. Er bedeutet einen großen Schritt in Richtung Freiheit. In Lippe müssen viele etwas länger auf dieses Gefühl warten. Der Grund ist ein Mangel an Prüfern beim TÜV Nord – jetzt sind Fahrschüler, Fahrlehrer und Eltern sauer.

&bdquo;Ich kann den Ärger verstehen, aber wir werden derzeit von Prüfwünschen überrollt. Wir bilden bereits neue Prüfer aus, aber die Ausbildung dauert zwei Jahre" erklärt Carolin Roterberg vom TÜV Nord. Auf die aktuelle Entwicklung habe der TÜV bereits reagiert und ein Maßnahmen-Paket erstellt. &bdquo;Wir bieten jetzt Prüfungen an Samstagen an. Zudem werden Mitarbeiter aus anderen Abteilungen als Prüfer eingesetzt", so Roterberg. Dennoch müssen viele Fahrschüler bis zu mehrere Wochen auf einen Termin warten.

Die Gründe für den immensen Anstieg seien, dass zu den 17- und 18-Jährigen die vielen Zuwanderer kämen, die bereits eine ausländische Fahrerlaubnis hätten und diese nun umschreiben lassen wollten. &bdquo;Da ist sicherlich etwas dran, aber damit macht man es sich ein bisschen zu einfach. Dass wir viele Flüchtlinge haben, ist ja nicht neu", sagt Fahrlehrer Peter Raband, Inhaber von Fahrschulen in Lemgo, Kalletal und Vlotho.

Mit den Konsequenzen müssen in erster Linie die Fahrschulen selbst leben. Viele Migranten, die ihre Führerscheine umschreiben wollten, müssten zwar einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren sowie die theoretische und praktische Prüfung machen, nicht aber noch mal die Fahrschule besuchen. &bdquo;Das Problem ist, dass die Anforderungen im Ausland oft ganz andere sind", sagt Raband. Folglich rasselten die betreffenden Prüflinge oft durch den Test – und das schnell. &bdquo;Für die praktische Prüfung ist eine Dreiviertelstunde angesetzt. Wenn sich dann nach wenigen Minuten herausstellt, dass der Fahrschüler durchfällt, ist der Termin aber eben trotzdem weg", ärgert sich Raband.

Verschärft habe sich die Situation noch mit Einführung von Arabisch als Prüfungsfremdsprache im Jahr 2016. &bdquo;Eine politische Entscheidung", kommentiert Fahrlehrer Jörg Schüte aus Lemgo. Die Prüfung in Arabisch werde deutlich mehr nachgefragt als erwartet. Auch von Prüflingen, die schon länger in Deutschland lebten, den Schritt zum Führerschein bislang aber aus Scheu vor der sprachlichen Hürde nicht gewagt hätten.

&bdquo;Eigentlich müsste diese Möglichkeit wieder abgeschafft werden", meint Sven Bothe aus Lemgo. Denn ohne Sprachkenntnisse sei ein Führerscheinerwerb nicht möglich. Viele verstünden die Anweisungen des Prüfers oder Fahrlehrers nicht – das führe dazu, dass einige fünf oder sechs Mal durch die Prüfung fielen. &bdquo;Das geht zu Lasten anderer, die erst später einen Termin bekommen", meint Bothe.

Einen anderen Vorschlag macht Fahrlehrer Alexander Müller: &bdquo;Ich frage mich, ob es sinnig ist, dass der TÜV Nord ein Prüfungsmonopol hat." In den neuen Bundesländern prüften auch die Angestellten der Dekra. &bdquo;Eine solche Regelung in NRW würde uns viel Stress und Ärger mit den Eltern ersparen, die uns Geldmacherei vorwerfen, weil es keine Prüfungstermine gibt", sagt Müller. Es sei eine politischen Entscheidung, daher habe man sich mit dem lippischen Bundestagsabgeordneten Christian Sauter (FDP) getroffen, der Hilfe versprochen habe.

Kritik an den Fahrlehrern kommt aus den eigenen Reihen – Hans Offer, Fahrlehrer und Detmolder Bezirksvorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen, will den Prüfermangel nicht dramatisieren: &bdquo;Natürlich gibt es ein paar Ausfälle, aber wenn sich meine Kollegen besser organisieren würden, müssten viele betroffene Schüler nicht auf den Führerschein und auf ihren großen Schritt in Richtung Unabhängigkeit warten."

Jeder dritte Prüfling fällt durch In Deutschland scheitern immer mehr Schüler an den Führerscheinprüfungen. Bei mindestens jeder dritten Theorieprüfung sind die Prüflinge im Jahr 2017 durchgefallen, das geht aus Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes hervor. Die bundesweite Quote ist auf alle Führerscheinklassen bezogen das fünfte Jahr in Folge gestiegen und lag bei 36,8 Prozent (2016: 34,8 Prozent). Es ist der höchste Wert in den vergangenen zehn Jahren. Auch bei 28,1 Prozent der Praxisprüfungen fielen die Führerscheinanwärter durch (2016: 26,6 Prozent) – ein Anstieg zum dritten Mal in Folge.

TÜV-Monopol abschaffen Ein Kommentar von Erol Kamisli In vielen Bereichen des Lebens habe ich eine Alternative – wenn mir das Angebot einer Firma nicht gefällt, suche ich eine Lösung, die meinen Wünschen und Vorstellungen entspricht. Doch beim Thema Führerschein fehlt eine solche Auswahl. Wer endlich mit der Fahrerlaubnis aus Plastik am Steuer sitzen möchte, ist bei uns auf den TÜV Nord angewiesen.

Es gibt keine Wahl. Wenn beim TÜV die Personalplanung mangelhaft ist, Mitarbeiter fehlen, krank oder im Urlaub sind – haben die Prüflinge einfach Pech gehabt und müssen warten. Ein Unding für Schüler, Fahrlehrer und Eltern, die häufig die Kosten für die Prüfung tragen. Daher ist es richtig und wichtig, Alternativen aufzubauen und anzubieten – warum sollte es in NRW nicht möglich sein, dass auch andere Einrichtungen die Fahrprüfungen abnehmen? In den neuen Bundesländern machen es bereits seit Jahren TÜV und Dekra – und niemand meckert dort über verschobene Prüfungen, Ausfälle, zu wenig Personal oder ausländische Prüflinge, die ihre Führscheine umschreiben lassen.

Es wird Zeit, dass die Politik das TÜV-Monopol abschafft und auch hier in Lippe Wettbewerb und Entscheidungsfreiheit möglich macht. Denn die Erfahrung zeigt, dass Konkurrenz das Geschäft belebt, Verkrustungen löst und kreative Möglichkeiten schafft. Und wir Kunden brauchen einfach eine Wahlmöglichkeit.

Daher haben sich die lippischen Fahrlehrer mit FDP-Mann Christian Sauter ganz bewusst einen Politiker ausgesucht, dessen Partei für eine liberale Wirtschaftspolitik steht – hier ist eine konkrete Aufgabe für ihn.

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