Hochschule OWL experimentiert mit Zucker in Limonaden

Kreis Lippe . Zu viel Zucker ist nicht gesund, da sind sich Wissenschaftler wohl einig. Könnte eine Zuckersteuer die Lösung des Problems sein? Prof. Korbinian von Blanckenburg, Wirtschaftsexperte an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe, ist davon überzeugt, dass es zumindest helfen könnte. Ein Experiment, das er gemeinsam mit den Getränketechnologen durchgeführt hat, bestärkt ihn in dieser Meinung.

Wer in Großbritannien eine Fanta kauft und dort auf die Inhaltsangabe auf der Flasche schaut, wird überrascht sein: Hier findet sich halb so viel Zucker wie in einer deutschen Fanta. &bdquo;Das ist seit der Einführung der Zuckersteuer so", sagt Prof. Korbinian von Blanckenburg. &bdquo;Uns hat interessiert, wie es wäre, wenn wir das hier auch versuchten."

Die britische Zuckersteuer greift bei Überschreitung von 5 Gramm auf 100 Milliliter Limonade. &bdquo;Der Hersteller hat die Steuer umgangen, indem er die Zuckermenge unter diesen Wert gesenkt und statt dessen mit einem Austauschstoff die restliche Süße erzielt hat." Beispielsweise Sprite hat in Großbritannien statt 6,6 Gramm nur noch 3,3 Gramm Zucker, Fanta statt 6,9 nur noch rund 4,6 Gramm pro 100 Milliliter.

Ein Tag der Offenen Tür auf dem Hochschul-Campus brachte von Blanckenburg auf die Idee, sich an die Kollegen vom Fachbereich Life Science Technologies zu wenden: &bdquo;Meine Kinder durften dort Fanta herstellen, und da dachte ich, wir können das Experiment direkt dort machen." Prof. Jan Schneider und Mitarbeiterin Johanna von Rabenau in der Getränketechnologie waren sofort dabei. Sie bauten im Labor die Brause in zwei Versionen nach: Mit dem ursprünglichen Zuckergehalt und zuckerreduziert mit einem Zuckeraustauschstoff, wie es eben auch die Briten machen.

Die Briten sparen übrigens Geld: Der Austauschstoff ist als Rohstoff billiger als Zucker. &bdquo;Aber es ist nicht trivial, Zucker durch einen anderen Stoff zu ersetzen", sagt Getränketechnologe Prof. Jan Schneider. &bdquo;Zucker ist beispielsweise auch für das richtige Mundgefühl verantwortlich, das muss man erst einmal hinkriegen." Das sei übrigens einer der Gründe, warum die deutsche Industrie nicht begeisterter auf das Thema reagiere.

Probanden waren Schüler eines Bielefelder Berufskollegs bei ihrem Besuch in Lemgo. &bdquo;Sie wussten nicht, worum es bei dem Test geht", betont Prof. von Blanckenburg. Nach der Verkostung sollte nur jeder über die festgestellten Unterschiede berichten. Und: jeder sollte festlegen, was er dafür bezahlen würde. Die Schüler stellten nur minimale Unterschiede fest, und sie wären bereit, denselben Preis zu zahlen. Einige taten das auch, denn Bedingung bei dem Test war eingangs, dass man eventuell auch für ein Fläschchen bezahlen müsste: &bdquo;So werden die Ergebnisse realistischer."

Im Dienste der Gesundheit Regulation von Genuss über eine Steuer – aus Sicht des Wirtschaftsexperten kann das funktionieren. Doch nur dann, &bdquo;wenn der Verbraucher möglichst wenig Nutzenverlust erlebt", im Fall der Fanta: Kaum einen Geschmacksunterschied.

Dennoch ist die Neigung der Politik in Deutschland nicht groß, es wie die Briten zu machen, weiß Prof. Jan Schneider, der öfter mit Politik und Lebensmittelindustrie an einem Tisch sitzt: &bdquo;Eine Steuer auf Zucker scheint hierzulande nicht in Sicht."

"Briten machen uns was vor" Ein Kommentar von Marianne Schwarzer.

Natürlich könnten wir selbst entscheiden, was uns gut tut oder nicht. Aber immer wieder siegen Bequemlichkeit und Ignoranz, wenn es um die Gesundheit geht. Es hilft, wenn der Staat mal einen Schubs gibt – ohne gleich den Verbraucher zu entmündigen.

Süß und süffig: Für viele von uns gehören solche Getränke zum Beuteschema. Und wider besseren Wissens kippen Menschen hierzulande Hektoliterweise süße Brause hinunter. Dabei ließe sich hier genau trefflich Zucker sparen. Die Briten haben das hingekriegt: Kaum war die Zuckersteuer in Kraft, fand sich in jeder britischen Fanta nur noch halb so viel davon wie in einer deutschen.

Das hat noch nicht mal einen Aufschrei gegeben: Die Getränkeindustrie umgeht die Steuer für den Zucker in der süßen Brause, weil sie unter dem Grenzwert bleibt. Und sie spart Geld, weil der Austauschstoff im Einkauf sogar billiger ist. Geschmacklich lassen sich die Varianten kaum unterscheiden. Gleichwohl tut sich die Politik schwer, den Schritt zu gehen und eine Zuckersteuer zu verhängen. Denn das hätte nicht nur Folgen für Getränkeproduzenten, sondern auch für Raffinerie und Rübenanbauer, gerade hier in Lippe.

Augenmaß ist vonnöten: Nicht im Rundumschlag eine Steuer auf jedweden Zucker, sondern nach britischem Vorbild nur bei Überschreitung einer bestimmten Grenze. Das sollte machbar sein.

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