Schreck am Flughafen: Dienstleister verliert Auto eines Lemgoers in Hannover

Kreis Lippe. Eigentlich wollte Jascha Witzke einfach nur nach Hause fahren. Montagabend in Hannover-Langenhagen, die Passagiere des Urlaubsfliegers, der gerade aus Paris zurückgekommen ist machen sich auf den Weg zu ihren Autos. Genau das haben Witzke und seine Frau auch vor. Doch der Dienstleister, der den Wagen des Lemgoers zum Parken untergebracht hat, wimmelt ihn am Telefon ab. Der Schreck ist groß, die Heimreise rückt in weite Ferne.

"Wir hatten über das Internetportal ich-parke-billiger.de einen Parkplatz gebucht. Man gibt den Wagen am Flughafen ab und meldet sich, wenn man nach dem Rückflug gelandet ist. Das Auto soll dann innerhalb von 20 Minuten nach Anruf am Flughafen bereitstehen", sagt der 35-jährige Jascha Witzke. 31,90 Euro bezahlt er für die sechs Tage Parkdauer. Das Online-Inserat verspricht, der Wagen sei überwacht und versichert. Doch bereits als Jascha Witzeke sein Auto vor dem Antritt der Reise abgeben musste, folgte die erste böse Überraschung. "Vor Ort kümmerte sich ein Dienstleister einer anderen Firma um uns." Nach dem Rückflug bekommt er telefonisch die ernüchternde Botschaft: In die Firma, die ihren Sitz im Hannoveraner Stadtteil List hat, sei eingebrochen und dabei einige Autoschlüssel von Kunden gestohlen worden.

62 betroffene Kunden Jascha Witzke und seine Frau handeln direkt und melden sich bei der Polizei. "Wir haben Anzeige wegen Diebstahls gestellt, aber die Polizei kannte das Problem bereits." Tatsächlich wurden der Polizei Hannover in den vergangenen Tagen 62 ähnliche Fälle gemeldet. Pressesprecher Phillip Hasse erklärt: "In allen Fällen handelt es sich um Autobesitzer, die einen Flug ab Langenhagen gebucht hatten und ihren Wagen der besagten Firma anvertraut hatten. Nach der Rückreise kam es zu erheblichen Schwierigkeiten, die Autos zurückzuerhalten." 19 Personen hätten ihr Fahrzeug noch nicht wiederbekommen. Ein Einbruch bei dem Unternehmen sei der Polizei nicht gemeldet worden.

Anders ergeht es Jascha Witzke und seiner Frau. "Wir fuhren mit einem Taxi direkt zu der Adresse des Dienstleisters. Doch vor Ort gab es zunächst kein Auto, keinen Schlüssel und keine Mitarbeiter." Dafür aber ein äußerst ungutes Gefühl. "Jeder, der das Gelände sieht, weiß, das ist alles andere als seriös", sagt Witzke. Die Büroräume beschreibt er als Baracke. Vor Ort trifft das Paar weitere Urlauber, die ähnliche Probleme haben. "Einer erzählte, er habe einen Tisch gesehen, auf dem offen zugänglich diverse Autoschlüssel lagen."

Schließlich wenden sich zwei Mitarbeiter an die Lemgoer. "Sie sahen dubios aus und hatten eine Einkaufstüte dabei, die mit Autoschlüsseln gefüllt war. Die schütteten sie aus, wir sollten unseren heraussuchen." Doch das ist nicht das Ende der Odyssee, denn von dem Wagen gibt es keine Spur; die Unternehmensmitarbeiter sind wenig hilfreich. Die Witzkes warten in dem Hannoveraner Vorort auf ihre Schwiegereltern, die eigens zu später Stunde aus Lippe ausgerückt sind, um sie und ihr Gepäck einzusammeln. Gemeinschaftlich machen sie sich dann auf die Suche nach dem Auto. "Die Polizei hat uns Tipps zu einem Wohngebiet gegeben, wo schon öfters Autos gefunden wurden." Dort wird schließlich auch Jascha Witzke fündig. "Wir hatten Glück", sagt er.

Unzureichende Dokumentation Wie kann es zu so einer Situation kommen? Die Polizei Hannover ermittelt umfänglich in allen gemeldeten Fällen. Aber: "Bisher hat sich nur in einem Fall eine strafrechtliche Konsequenz ergeben", sagt Pressesprecher Philipp Hasse. Bei einem der wiedergefundenen Fahrzeuge deute sich an, dass das Auto während des Urlaubs der Besitzer gefahren wurde - die verfahrene Kilometerzahl liege im dreistelligen Bereich. "Es wurde ein Verfahren wegen des Verdachts der unbefugten Inbetriebnahme eröffnet."

Offiziell heißt es, die Firma habe eine "unzureichende Dokumentation über die Ablage von Autoschlüsseln", das sei aber in erster Linie laut Hasse nicht strafrechtlich relevant. "Es ist aber davon auszugehen, dass es Schadensersatzforderungen gegen die Firma geben wird." Hasse rät dazu, solche Vorfälle direkt der Polizei zu melden und auch Anzeige zu erstatten. "Wir haben am Flughafen Langenhagen eine kleine Dienststelle vor Ort."

Die Verbraucherzentrale in Detmold rät dazu, besonders bei Internetanbietern immer genau auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu achten. Denn solche Portale nutzten häufig angemietete Privatgelände außerhalb der Städte, um die Autos unterzubringen. Was dort mit den Fahrzeugen geschieht, sei nur schwer nachzuvollziehen. Wer das Risiko gering halten will, solle die vorhandenen Parkplätze in Anspruch nehmen, die zum Flughafengelände gehören und vor allem nicht nur auf den Preis achten - der Anbieter müsse auch einen seriösen Eindruck machen.

Das hat auch Jascha Witzke gelernt. "Das Internetportal selbst hat vertrauenswürdig gewirkt", sagt er. Doch erneut würde er nicht auf diese Methode zurückgreifen. Der Lemgoer will jetzt Anzeige wegen Betrugs stellen.

Anbieter ist nur Vermittler Portale wie ich-parke-billiger.de verstehen sich als Vermittler von Parkplatzanbietern zu Kunden. "Die Buchung wird an den Parkplatzanbieter vermittelt und durch diesen als Dienstleister ausgeführt", heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens. Der besagte Hannoveraner Drittanbieter habe sich im Februar dieses Jahres auf allen Parkplatzvergleichsportalen in Deutschland listen lassen. Ich-parke-billiger.de habe alle Auflagen geprüft und Außendienstmitarbeiter seien vor Ort gewesen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Es seien keine Auffälligkeiten festzustellen gewesen. Auch habe es bis Ende April keine Probleme gegeben, "befragte Kunden waren mit der Dienstleistung zufrieden."

Am 26. April habe das Unternehmen mehrere Anrufe von Kunden erhalten, die nach ihrer Rückreise den Anbieter nicht erreichen konnten. Bei Nachfrage durch ich-parke-billiger.de habe sich gezeigt, dass der Dienstleister überbucht gewesen sei und aufgrund dessen Kundenfahrzeuge an öffentlichen Straßen geparkt hatte. Es sei nicht notiert worden, wo welches Fahrzeug abgestellt wurde und die Schlüssel seien nicht zuzuordnen gewesen. "Ein mehr als katastrophaler Zustand", heißt es. Der Dienstleister sei auf dem Portal umgehend gesperrt worden, ausstehende Buchungen auf andere Anbieter umgelegt.

"Der schwarze Peter wandert" Ein Kommentar von Yvonne Glandien

Schnell und günstig - Dank Buchungsportalen im Internet haben wir die Möglichkeit, für fast jedes Problem eine Lösung zu finden. Oder? Was auf den ersten Blick so übersichtlich aussieht, kann aber aus komplizierten Strukturen bestehen. Und der schwarze Peter wird von A nach B geschoben.

"Drin, was dran steht" ist im Netz eben nicht das Motto. Anders, als der Händler vor Ort, der einem mit Handschlag seine Ware verkauft, stecken im Internet häufig Dienstleister und Drittanbieter hinter den angebotenen Leistungen. Als Verbraucher erfährt man dies aber nur, wenn man sich ausführlich mit den Geschäftsbedingungen beschäftigt. Und dabei geht es so schnell, mit einem Häkchen zu bestätigten, eben jene gelesen zu haben. Kommt es dann hart auf hart, ist am Ende der Nutzer der Gelackmeierte. Die großen Buchungsportale wollen keine Schuld auf sich nehmen, schließlich sind sie ja nur Vermittler. Wenn der Kunde aber am Ende die halbe Nacht lang sein Auto suchen muss, ist der Anbieter fein raus.

All das Geschimpfe nützt aber nichts. Am Ende ist der Kunde derjenige, der sich bewusst sein muss, auf was er sich einlässt. Billiger ist eben nicht zwingend besser.

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