So denkt der regionale Handel über die Forderung nach einem Handypfand

Kreis Lippe . Auf jedes neue Mobiltelefon 25 Euro Pfand – das haben die Grünen im Bund gefordert, um die Rückgabe und Wiedergewinnung wertvoller Rohstoffe zu fördern. Im Handel stößt das allerdings in der Region auf wenig Gegenliebe. Und: Die Sache mit dem Recycling ist gar nicht so einfach und hat aus Sicht der Entsorger so ihre Tücken.

104 bis 124 Millionen gebrauchte Handys, so lautet die Schätzung, lagern ungenutzt in deutschen Schubladen. Das Pfand soll aus Sicht der Grünen ein Anreiz sein, sie wieder in den Kreislauf zu bringen.

&bdquo;Es darf nicht alles an den Einzelhändlern vor Ort hängen bleiben." Thomas Kunz, Geschäftsführer des Handelsverbandes in Bielefeld, kann ein Stöhnen kaum unterdrücken, als die LZ ihn um eine Stellungnahme bittet: &bdquo;Das wäre wieder mal ein bürokratischer Aufwand, der für den Händler alles erschwert." Der stationäre Handel arbeite gerade im Bereich der elektronischen Geräte ohnehin schon mit sehr geringen Gewinnmargen und kämpfe mit der Online-Konkurrenz. &bdquo;Mehr Aufwand würde sich da gar nicht mehr rechnen."

CDU-Bundestagsabgeordnete Kerstin Vieregge, die im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit dem Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWE) der evangelischen Kirche Westfalen bei der Handy-Aktion NRW selbst gebrauchte Handys gesammelt hat, warnt vor Nachteilen für den stationären Handel gegenüber dem Online-Geschäft: &bdquo;Es darf nicht alles an den Einzelhändlern vor Ort hängen bleiben."

Sie selbst hat ungefähr 50 Geräte weitergeleitet: &bdquo;Dass es nicht mehr sind, liegt vielleicht auch daran, dass die Leute Angst vor dem Missbrauch der Daten haben. Aber eine Sammelbox steht ja noch in der Geschäftsstelle." Das MÖWE verbürgt sich für die Datensicherheit. &bdquo;Wir bitten die Leute aber auch, ihre Sim-Karten rauszunehmen", sagt Sprecherin Johanna Schäfer. Sie fände die Sache mit dem Pfand gut. &bdquo;Aber noch wichtiger wäre, nachhaltiger mit den Geräten umzugehen."

Roy Schnormeier, Betriebsleiter bei der AGA in Detmold, sieht noch andere Probleme bei der Pfandregelung. &bdquo;Wenn bei uns Handys abgegeben werden, nehmen wir die Lithium-Ionen-Akkus heraus. Wenn wir das nicht täten, fielen die Geräte in die Kategorie Gefahrgut, müssten gesondert gelagert und in Spezialfahrzeugen transportiert werden." Vor diesem Problem stünden dann auch alle Einzelhändler.

Und: Heutzutage haben viele Mobilgeräte fest verbaute Akkus, so dass die dann auch schon unter das Gefahrgut fallen würden. Das bereits jetzt geltende Gesetz sähe auch noch eine Prüfung zur Wiederverwendung vor. &bdquo;Auch das ist für die Händler kaum zu machen."

Handy-Aktion NRW Die Handy-Aktion NRW ruft seit 2017 dazu auf, alte Mobiltelefone zu sammeln. Bis September 2019 konnten 16.500 Gräte sowie Ladekabel über die Aktion gesammelt werden. Der Erlös – bis dato 13.600 Euro – fließt in Menschenrechtsprojekte in den Gebieten, die stark vom Abbau seltener Metalle und Erden betroffen sind.

Zunächst werden die Geräte von einer Spezialfirma geprüft und zurückgesetzt. Etwa 10 Prozent werden repariert und weiterverkauft, der Rest recycelt. Im Schnitt können nach Angaben der MÖWE pro recyceltem Gerät 150 mg Silber, 25 mg Gold und 9 Gramm Kupfer zurückgewonnen werden sowie kleine Mengen an Palladium und Platin. In den mehr als 104 Millionen Handys in deutschen Schubladen seien 2,4 Tonnen Gold, 26 Tonnen Silber und 880 Tonnen Kupfer enthalten.

&bdquo;Handypfand, aber richtig" Ein Kommentar von Marianne Schwarzer

Ein Handypfand haben die Grünen schon 2012 gefordert. Damals 10 Euro, jetzt also das Zweieinhalbfache. Doch damit machen sie es sich zu leicht, denn so laden sie die Hauptlast auf den Schultern der Einzelhändler ab, die ohnehin mit der Konkurrenz im Internet kaum mithalten können. Auch eine Rücksendung per Post würde die Umwelt belasten.

Und fix werden Wagenladungen Handys aus dem Ausland auftauchen, mit denen findige Geschäftemacher den schnellen Euro auf Kosten des Handels machen wollen. So eine Regelung hat also jede Menge Fallstricke und will gut überlegt sein.

Aber das eigentliche Problem ist: Wir müssen unser Konsumverhalten dringend ändern. Läppische 25 Euro kann auch noch verschmerzen, wer alle zwei Jahre für das neueste Phone mehrere Hundert Euro hinblättert: Wenn schon ein Pfand, dann auch richtig.

Noch wichtiger wären Gesetze, die viel mehr Nachhaltigkeit von Herstellern elektronischer Geräte verlangen. Wieso dürfen Akkus fest montiert sein und Smartphones irreparabel? Warum ist die Lebensdauer der Geräte so kurz? Und: Gemessen an den Recyclingaufgaben, die eine massenhafte Elektromobilität mit sich bringen wird, sind Smartphones unser kleinstes Problem.

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