Die aktuelle Lage stets im Blick: So arbeitet Lippes Krisenstab

Kreis Lippe. Permanenter Ausnahmezustand: Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung, der Rettungsdienste, der Feuerwehr und des Gesundheitswesens und viele mehr stehen derzeit mächtig unter Druck. Sie alle müssen für die Lipper wichtige Entscheidungen treffen, um die Versorgung der Menschen unterm Hermann weiter sicherzustellen. Alle Fäden laufen im Krisenstab zusammen. Er tagt nichtöffentlich, deswegen darf die LZ nur einen Blick ins Krisenzentrum werfen.

Fast menschenleer ist der sonnenüberflutete Platz unter dem alten Schlauchturm am Feuerwehrausbildungszentrum in Lemgo. Hier warten der Teamleiter der Feuerwehr für Zivil- und Katastrophenschutz, Marcus Saueressig, Kreispressesprecher Steffen Adams, Krisenstabschef Meinolf Haase und Landrat Dr. Axel Lehmann. Nach Krise sieht es an diesem Nachmittag nicht aus, Vögel zwitschern, und der Eingangsbereich ist nicht bewacht, als die vier Männer die LZ mit hineinnehmen.

&bdquo;Wenn der Krisenstab tagt, muss sich hier jeder ausweisen und bekommt eine Identitätskarte", erläutert Marcus Saueressig mit Blick auf die große Schlüsselwand, auf der knapp 80 solcher Hausausweise hängen. Sicherheit wird in diesem Bereich groß geschrieben. Übrigens nicht nur hier, wie Meinolf Haase lachend erzählt: &bdquo;Neulich hatte ich meinen Ausweis im Lagezentrum vergessen und wollte gemeinsam mit der Chefin des Gesundheitsamtes, Dr. Kerstin Ahaus, ins Kreishaus, deren Ausweis im Auto lag. Der Sicherheitsmann wollte uns nicht reinlassen, wir mussten erst mal einen herbeirufen, der unsere Identität bestätigt hat."

Der Krisenstab tagt je nach Lage und Erfordernis Die Treppe führt hinauf in einen großen Sitzungsraum, &bdquo;Köterberg" steht an der Tür. Dahinter findet sich das Auge des Sturms, hier tagt regelmäßig der Krisenstab – die Führungskräfte aller wichtigen Bereiche. &bdquo;Anfangs haben wir hier jeden Tag zusammengesessen, jetzt nur noch zwei bis drei Mal pro Woche, je nach Lage und Erfordernis", berichtet der Stabschef. Zwei Mal war auch Landrat Dr. Lehmann dabei. &bdquo;Aber normalerweise sitze ich im Kreishaus und lasse mich vom Leiter des Krisenstabs über die Lage unterrichten", sagt der Behördenchef.

Der Raum wird beherrscht von einer großen Leinwand für den Beamer, auf zwei Bildschirmen bringt N-TV die neuesten Nachrichten und wichtigsten Pressekonferenzen. Auf 14 Tischen stehen 14 Laptops, alle feinsäuberlich verkabelt, und 14 Telefone. &bdquo;Diese Anlage ist vollkommen abgesetzt", erklärt Saueressig. Die Sicherheit ist einer der Gründe, warum der Stab das alles nicht in Video- oder Telefonkonferenzen abwickelt, sondern in der Gruppe. &bdquo;Auch die Stromversorgung im Gebäude ist autark."

Es wird bei jeder Sitzung ein Einsatzprotokoll geführt. Auf allen Tischen stehen Schilder: SMS, dahinter das jeweilige Ressort. &bdquo;,SMS bedeutet ,Ständiges Mitglied im Stab", erläutert Meinolf Haase. Dazu gehören der Bereich Ordnung, das Kreisverbindungskommando der Bundeswehr, das Klinikum. Pressesprecher Steffen Adams vertritt beispielsweise &bdquo;SMS BUMA", &bdquo;Bevölkerungsinformation und Medienarbeit".

Bis zu 1.700 Anrufe in 6 Stunden Während die vier Männer die Arbeit des Krisenstabes erklären, sitzen zwei seiner Mitarbeiter im Büro nebenan. Volontärin Juliane Fröhling ist dabei, die Liste mit Antworten zu den am häufigsten von Bürgern gestellten Fragen für die Hotline-Mitarbeiter am Bürgertelefon zu ergänzen: &bdquo;Da kommt ja ständig was dazu", sagt sie.

1.700 Anrufe sind bei der Hotline in Spitzenzeiten innerhalb von sechs Stunden eingegangen. Darum arbeiten hier 20 bis 25 Mitarbeiter, um all die besorgten Anfragen zu beantworten. Alle müssen mit anpacken. &bdquo;Etwa 50 meiner Mitarbeiter in der Kreisverwaltung habe ich mit anderen Aufgaben betraut", berichtet der Landrat.

&bdquo;Personal zu koordinieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben, die wir im Krisenstab erfüllen", ergänzt Haase. &bdquo;Wir fragen als erstes die Lage bei allen Ressorts ab, dann machen wir uns ein Bild über die Personallage, zum Beispiel: ,Müssen wir die Mannschaft am Hangar verstärken?" – Das mussten sie, und darum sind dort auch Mitarbeiter des Eigenbetriebs Straßen als Einweiser für die Patienten des Diagnosezentrums eingesetzt.

Eine Lernvorlage für Nachbarkreise Auch die Materialbeschaffung ist im Stab ein Thema: Was brauchen wir, wo können wir Unterstützung bekommen? &bdquo;Die Entscheidung, die Bundeswehr um Hilfe zu bitten, ist ebenfalls hier gefallen, wie all die anderen Beschlüsse wie die Einrichtung des Diagnosezentrums am Hangar. Wir gehörten zu den ersten, und jetzt schauen Nachbarkreise sich das bei uns an und lernen von uns", der Stolz in Meinolf Haases Stimme ist unüberhörbar.

Jetzt ist der Krisenstab auf die Kernbereiche konzentriert, anfangs hat hier eine viel größere Gruppe getagt. Die Kollegen sind &bdquo;EMS", sie werden &bdquo;ereignisspezifisch" hinzugezogen. Dazu gehören beispielsweise die Energieversorger, das Jugendamt oder die Schulen.

Geht dem Landrat eigentlich die Düse angesichts dieser angespannten Situation, in der die Zahlen der Corona-Patienten täglich steigen? – Dr. Lehmann antwortet schnell und klar. &bdquo;Nein. Denn ich weiß, dass ich hier gute Leute habe, und das gibt mir Sicherheit."

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