Wenn das Heimbüro auch zur Schule wird: LZ-Redakteure berichten aus dem Alltag

Detmold. Das Arbeiten im Homeoffice wird ziemlich überbewertet. Es ist praktisch und notgedrungen, mehr nicht. Es ist von der Not getrieben, den Betrieb in der LZ-Redaktion aufrechtzuerhalten, sich selbst und andere zu schützen, und es muss sich außerdem jemand um das Kind kümmern, wenn die Frau arbeitet. Homeoffice heißt daher auch: gespalten sein. Gespalten zwischen dem Dienstlichen und dem Privaten, das noch mehr verschwimmt als sonst schon im Beruf des Journalisten. Und gespalten zwischen dem Arbeiten an der Zeitung und dem Arbeiten für die Schule.

Denn die Schule fällt ja nicht aus. Die Kinder werden vielmehr wöchentlich mit jeder Menge Aufgaben versorgt, die zu erledigen sind, obwohl sie sich selbst eigentlich im Ferienmodus wähnen, denn: Ist ja keine Schule! Und manchmal ist es nicht so leicht, zu vermitteln: Doch, eigentlich ist schon Schule. So pendelt man zwischen Arbeitsplatz und Schularbeitsplatz hin und her.

Man merkt, was die Schule alles leistet Man korrigiert &bdquo;Serviete" zu &bdquo;Serviette" und erklärt, dass man selber keine Ahnung hat, warum sich das mit zwei &bdquo;T" schreibt, ist aber eben so. Und erklärt zwischen Aufmacherschreiben, Telefonrecherche und Redigieren immer wieder, dass es zwar nutzlos erscheint, die ganzen Aufgaben nochmals abzuschreiben, aber nicht nutzlos ist. Schlimmer noch wird es dann bei Mathe, wenn Aufgaben zu lösen sind wie &bdquo;x + y = z – Setze die Variablen ein" und man feststellt: Eigentlich wusste man ja selbst noch nie, wie das funktionieren soll, verdammt.

In Zeiten wie diesen, schrieb übrigens kürzlich ein Kollege in einem Kommentar, stelle sich ja besonders heraus, dass Schulen im Grunde nur Aufbewahranstalten für Kinder seien, damit die Erwachsenen arbeiten gehen können – und sich grundlegend etwas am Bildungssystem ändern müsse. Unfug. Hat wahrscheinlich keine Kinder.

In Zeiten wie diesen merkt man vielmehr, was die Schule eigentlich alles leistet. Man spürt, was Lehrer tun, wenn sie Dinge vermitteln müssen, die Kinder komplett fürchterlich und überflüssig finden wie das kleine Einmaleins – und es ihnen wirklich gelingt, genau das am Ende in die Kinder hineinzubekommen. Zumal beim Homelearning die Konzentration ganz anders und die möglichen Ablenkungen vielfältig sind.

Das Lernen daheim birgt technische Vorteile Das Klassenzimmer ist dagegen eher – ja, wie ein Shaolin-Kloster, in dem sich Kinder auf den oder die Sensei fokussieren müssen. Aber im Wohnzimmer: Da steht man vor einem uneinsichtigen Neunjährigen, der einen bockig im Kubik anschaut – und stellt sich das dann mal 25 oder 30 vor. Alter Schwede. Nein, in Zeiten des Hometeaching bekommt man Respekt vor dem Lehrerjob und kapiert, dass Schulen eben keine Aufbewahranstalten sind. Da wird viel Nützliches geleistet – immer schon. Schon seit den alten Römern, meine Güte!

Was sich aber auch zeigt, ist: Beim Lernen daheim ist man technisch sehr viel weiter als Schulen. Zum Beispiel gibt es tolle Programme wie Sofatutor, die flankierend eingesetzt werden. Kinder machen das übrigens sehr gerne, denn es gibt ihnen die Möglichkeit, am iPad oder am Laptop zu sitzen – auch, wenn es bloß ums Lernen geht, aber sie nehmen ja, was sie kriegen können, um auf die Teile zu starren. Genau das ist es, was den Schulen am ehesten fehlt: das Digitale, eine vernünftige technische Ausrüstung sowie Programme und Systeme, die das E-Learning stützen.

Denn die Vorteile sehen die Kids ganz von selbst: &bdquo;Ist ja auch kein Wunder", sagt der Neunjährige, &bdquo;dass du eine ganze Zeitung vollschreiben kannst und viel schneller bist, als ich mit dem Füller: Du darfst ja die Tastatur nutzen und hast einen Computer – und ich nur einen Stift und Papier!"

"Waffengleichheit muss her" Ein Kommentar von Silke Buhrmester

Aufgaben auf der Schul-Homepage, per Post, per Mail oder Video-Unterricht. Lernkontrolle durch regelmäßige Feedbacks per Mail – oder auch gar nicht. So unterschiedlich, wie das &bdquo;Distanzlernen" in diesen Corona-gebeutelten Tagen verläuft, so unterschiedlich dürften auch die Ergebnisse sein.

Eine Leistungsüberprüfung oder -bewertung darf laut Schulministerium nicht erfolgen. Das dürfte unter der Prämisse, dass der Schulbetrieb nach den Osterferien wieder läuft und die Lernergebnisse nirgends einfließen, in den meisten Jahrgangsstufen zu verschmerzen sein. Was aber – und die Wahrscheinlichkeit ist hoch – was also, wenn der reguläre Unterricht dann nicht wieder aufgenommen werden kann? Schulzeit hinten dranhängen? Sommerferien verkürzen, Herbstferien ausfallen lassen?

Ein dauerhaftes Distanzlernen ohne &bdquo;digitale Waffengleichheit" darf es jedenfalls nicht geben – Schulen und Elternhäuser betreffend. Schon jetzt geraten diejenigen mit einem schwierigen sozialen Umfeld bei den &bdquo;Hausaufgaben" ins Hintertreffen. Die Schere droht weiter auseinanderzugehen.

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