Jeder darf sich "Coach" nennen

Oerlinghausen. Die verschiedenen Beratungsangebote sind für Beratungssuchende oftmals nicht leicht zu unterscheiden. Was genau ist Supervision, Coaching oder Mediation? Gibt es überhaupt inhaltliche und methodische Unterschiede, oder handelt es sich lediglich um unterschiedliche, beliebige Bezeichnungen, die dasselbe meinen? Was kann welche Beratungsform leisten, was nicht?

Supervision Supervision ist eine Beratungsmethode zur Sicherung und Verbesserung der Qualität beruflicher Arbeit. Sie nimmt die Person, die berufliche Rolle, die Beziehungen zu Menschen im Arbeitsbereich und die Institution in den Blick. Es geht bei der Supervision um die Reflexion beruflichen Handelns und das Verstehen beruflicher und organisatorischer Konflikte. Die Supervision ist in den 70er Jahren aus den USA nach Deutschland gekommen. Sie gewann in einer Zeit an Bedeutung, in der sich auch die soziale Arbeit stark weiterentwickelte und professionalisierte.

So wurde Supervision zunächst vor allem in Bereichen genutzt, in denen die emotionale Belastung der Mitarbeitenden sehr hoch war. In Supervisionsgruppen konnten belastende Erfahrungen miteinander reflektiert und verarbeitet werden. In den 80er Jahren musste sich die Supervision die Kritik gefallen lassen, sie sei lediglich trivialisierte Therapie. Klare und verbindliche Standards in der Ausbildung von Supervisorinnen und Supervisoren wurden notwendig. 1989 wurde mit der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv) der Berufsverband gegründet, der Ausbildungsstandards und Handlungsrichtlinien für die Arbeit formulierte.

In den 90er Jahren entstanden unterschiedliche Ausbildungen an Instituten in ganz Deutschland. Seit den 2000er Jahren bieten auch Universitäten Supervision und Beratung als Studienfach an. Bei Supervision steht immer das Bezugsdreieck von Person, Rolle und Institution im Mittelpunkt. Hier geht es besonders um die Reflexion von Erfahrungen, Prozessen und Bedingungen, um die Systematisierung komplexer Zusammenhänge, um das Verstehen von Strukturen und Prozessen, sowie um die Analyse und Klärung von Konflikten. Die Formate sind vielfältig: Neben der Einzelsupervision hat sich früh die Teamsupervision etabliert, mit der eine Abteilung oder eine Arbeitsgruppe, die tagtäglich miteinander zu tun hat, ihre Zusammenarbeit verbessern will.

In der Gruppensupervision dagegen treffen sich Personen derselben Profession aus verschiedenen Institutionen, um im vertraulichen Rahmen ihre Arbeitssituationen und Fälle zu reflektieren. So kann es z.B. für Lehrerinnen und Lehrer leichter und weiterführender sein, ihre Arbeits- und Unterrichtssituationen mit Lehrern anderer Schulen zu besprechen, als mit den Kollegen aus der eigenen Schule. Leitungs- und Führungskräftesupervision ist ein eng mit dem Coaching verwandtes Format.

Coaching Coaching ist laut ICF (International Coaching Federation) &bdquo;ein partnerschaftlicher und zum Nachdenken anregender Prozess, der Menschen und Organisationen kreativ dabei unterstützt ihr persönliches und professionelles Potenzial zu steigern." Wie im Sport ist oftmals das Ziel, die eigene, aber auch die teambezogene Leistung zu steigern. Coaching wirkt oft an der Schnittstelle Person und Organisation und agiert auf der strukturellen Ebene einer Organisation.

Das Coaching hat wie auch die Supervision seine Wurzeln in den USA und ist Mitte der 1970er Jahre entstanden. Aufgrund des positiv konnotierten Leistungsgedankens verbreitete sich das Konzept in den 80er Jahren in deutschen Unternehmen zunächst für das Top-Management und einige Zeit später für weitere Führungskräfte. In den 90er Jahren ist der boomende Coaching-Markt recht unübersichtlich geworden und man spricht von &bdquo;Bindestrich-Coaching", wie z.B. Life-Coaching, Business-Coaching, Change-Coaching. In den 2000er Jahren folgten gezwungenermaßen Qualitätsdiskussionen, die die Geburtsstunde der ersten Berufsverbände darstellten, beispielsweise des DBVC (Deutscher Berufsverband Coaching).

Traditionell konzentriert sich Coaching auf Führungskräfte im Einzelsetting, wird aber zunehmend auf Gruppensettings erweitert. Das Coaching hat verstärkt auch Teams im Blick. Dies liegt vor allem daran, dass die Fragestellungen der Unternehmen und Organisationen nicht mehr ausschließlich auf die Führungsarbeit fokussiert sind, sondern auf die Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0 und die veränderten Wertevorstellungen der Belegschaft. Neben der Organisations- und Unternehmensentwicklung ist Coaching ebenfalls im Bereich des Outplacement und in der Karriereberatung (Businesscoaching) anzutreffen.

Dabei geht es vorwiegend um die (neue) Berufsrolle und Vorbereitung auf – gewollte oder ungewollte – Veränderungen. Trotz der Qualitätsstandards, die die Berufsverbände für Supervision und Coaching aufgestellt haben, sind &bdquo;Supervision" und &bdquo;Coaching" keine juristisch geschützten Begriffe. Jeder Person ist es möglich, sich als Coach oder Supervisor zu bezeichnen und sich damit selbstständig auf den Markt zu begeben.

Mediation Mediation ist im Unterschied dazu durch ein Mediationsgesetz geregelt, das seit 2012 verbindlich festlegt, was genau Mediation ist. Seit 2017 wird durch eine Ausbildungsverordnung gesetzlich geregelt, wer sich als &bdquo;zertifizierter Mediator" bezeichnen darf. Mediation wird in Konfliktsituationen eingesetzt, in denen es den Beteiligten nicht mehr gelingt, alleine zu einer Konfliktlösung zu gelangen. Der Mediator begleitet die Konfliktparteien unabhängig und allparteilich in ihrem Lösungsprozess, der die Bedürfnisse und Interessen der Beteiligten klärt und damit zu einer gemeinsamen Vereinbarung gelangt.

Mediatoren treffen keine Entscheidungen bezüglich des Konfliktes, sie machen auch keine Lösungsvorschläge. Sie verantworten den Prozess, in dem die Beteiligten selbst zu Lösungen finden. Im politischen Feld hat man schon früh auf Vermittler, Mediatoren, zurückgegriffen. Ein populäres historisches Beispiel ist der Westfälische Friede, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete: Im Vorfeld des Friedensschlusses in Münster und Osnabrück verhandelten die Kriegsparteien durch Vermittler, die zwischen den Lagern der Parteien hin- und her pendelten und so zu einem am Ende tragfähigen Kompromissvertrag zu kommen.

Dies wäre wahrscheinlich nicht gelungen, wenn die Konfliktparteien einander am Verhandlungstisch gegenüber gesessen hätten. Auch die Mediation setzte sich zunächst in den 70er Jahren in den USA durch. In den 90er Jahren hatte die Mediation ihren Durchbruch auch in Deutschland. Häufig wird die Familienmediation angewandt in Trennungs- und Scheidungskonflikten, gerade wenn es um das Sorgerecht beteiligter Kinder geht. In der Gemeinwesenmediation kann es um Nachbarschaftskonflikte gehen, aber auch um Stadtteilkonflikte, beispielsweise bei geplanten Bauprojekten, die nicht selten umstritten sind.

In der Wirtschaftsmediation werden Konflikte zwischen Unternehmen oder auch Konflikte innerhalb eines Unternehmens bearbeitet. Eine Sonderform der Mediation ist der Täter-Opfer-Ausgleich, der dem Täter und dem Opfer nach einer Straftat angeboten werden kann.

Zahlreiche Berufs- und Fachverbände Für die Auswahl eines Coaches im privaten wie im beruflichen Kontext ist die Überprüfung der Beratungsschwerpunkte und der erworbenen Qualifikationen des Coaches wichtig. Ein erster Hinweis ist die Mitgliedschaft bei einem Berufsverband. Einen Überblick über Verbände und Preise von Coachings gibt der Coaching-Report unter www.coaching-report.de..

In Deutschland bestehen 9 reine Coachingverbände und 14 sogenannte Mischverbände wie die DGSv (Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching). Der größte internationale Coachingverband, ICF (International Coaching Federation, 1995 gegründet), zählt weltweit 36.800 Mitglieder. ICF Deutschland zählt 540 Mitglieder. Der größte Coachingverband in Deutschland ist der DFC (Deutscher Fachverband Coaching, 2009 gegründet) mit 700 Mitgliedern.

Der führende Coachingverband im Bereich Businesscoaching ist der DBVC (Deutscher Bundesverband Coaching e.V., 2004) und zählt 459 Mitglieder. Auch für Mediatoren existieren mindestens fünf Fachverbände: Der Bundesverband Mediation (BM), die Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation (BAFM), der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA), die Deutsche Gesellschaft für Mediation (DGM) und der Verband Integrierte Mediation (IM).

Lernen mit VHS und LZ

Die Coronavirus-Krise und die damit verbundene Schließung von Einrichtungen trifft uns alle. Auch die Volkshochschulen hatten mit viel Herzblut ein interessantes Programm zusammengestellt, dass abgesagt werden musste. Nicht nur bei den jeweiligen Referenten ist die Enttäuschung darüber groß.

Um deren Botschaft und Wissen dennoch unters Volk zu bringen, hat die LZ gemeinsam mit den Volkshochschulen die &bdquo;Fernhochschule" ins Leben gerufen: Artikelreihen, für die VHS-Referenten Material geliefert haben. Viel Spaß damit!

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