Fall Lügde: SPD sieht Versäumnis des Jugendamts Lippe als nicht erwiesen

Kreis Lippe. Der Missbrauchsskandal Lügde ist juristisch aufgearbeitet, politisch keineswegs. Nach der Aussage des lippischen Jugendamtsleiters Karl-Eitel John im Untersuchungsausschuss des Landtages steht die Frage im Raum, ob das Jugendamt Lippe nicht doch früher hätte eingreifen können. Die CDU findet, dass Landrat Dr. Axel Lehmann persönliche Konsequenzen ziehen muss. Dessen Parteifreunde sehen es längst nicht als erwiesen an, dass das lippische Jugendamt den Kollegen in Hameln-Pyrmont den Fall hätte wegnehmen können.

Im Missbrauchsfall Lügde hatte die Mutter des Mädchens gegenüber dem Jugendamt Hameln-Pyrmont den Wunsch geäußert, ihr damaliger Lebensgefährte solle ihre Tochter in Obhut nehmen. Das tat dieser auch und lebte auf dem Campingplatz in Lügde mit dem Kind in Verhältnissen, die kaum vorstellbar sind. Und die der Leiter des lippischen Jugendamtes immer wieder auch als untragbar bezeichnet hat. Öffentlich hatte Karl-Eitel John mehrfach betont, dass das lippische Jugendamt so etwas nie gestattet hätte. Aber was genau gestattet wurde, ist die Kernfrage.

SPD-Fraktionsvorsitzender Henning Welslau: &bdquo;Die CDU tut so, als sei hier ein Fehler bei der Einrichtung der Pflegschaft für den Haupttäter auf lippischer Seite ganz offensichtlich. Das ist jedoch nicht der Fall." Zwar wäre Lippe für diese Pflegschaft ab zwei Jahre nach deren Einrichtung zuständig gewesen, aber das Jugendamt Hameln-Pyrmont habe diese nach eigenständiger Prüfung des Pflegevaters einrichten dürfen. Das Problem sei die offensichtlich mangelhafte Prüfung in Hameln. &bdquo;Das im Nachhinein der lippischen Kreisverwaltung in die Schuhe schieben zu wollen, ist für eine lippische Kreistagsfraktion schon sehr bemerkenswert und wohl tatsächlich nur mit Wahlkampf erklärbar." Die Konsequenz müsse sein, dass landesweit klarere Strukturen geschaffen werden, so dass es mehr Kontrollstellen gibt und nicht so viele Schlupflöcher, zum Beispiel unterschiedliche Zuständigkeiten, die die Täter für sich nutzen können.

Noch einige Fragen sind offen Fraktionsvorsitzender Werner Loke (Bündnis90/Die Grünen) sieht noch einige offene Fragen. &bdquo;Eine Pflegegenehmigung hätte das Jugendamt Hameln-Pyrmont gar nicht erteilen dürfen, weil Andreas V. in Lippe gelebt hat", sagt er. In der nächsten Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses erwarte er eine Antwort, welche Art Pflegeverhältnis in Rede steht.

Und dann ist da der nahende Wahlkampf, die Zusammenarbeit von CDU und SPD hat deutliche Risse. Der Grünen-Politiker Werner Loke ist so etwas wie der lachende Dritte: &bdquo;SPD und CDU sind Koalitionspartner in Lippe, wenn es so gravierende Kritik und unterschiedliche Auffassungen von der Arbeit der Verwaltung gibt, dann müsste die CDU die Konsequenzen ziehen." Und in der Tat geht der CDU–Kreisvorsitzender Lars Wilhelm Brakhage einen Schritt weiter. Er kritisiert, dass die Schuld für das Behördenversagen allein dem Kreis Hameln-Pyrmont zugeschrieben werde. Brakhage: &bdquo;Ein solches taktisches Abschieben von Verantwortung zeigt erneut, wie überfordert Axel Lehmann mit der Führung der Behörde ist. Wir fordern den amtierenden Landrat auf, nun endlich personelle Konsequenzen zu ziehen."

Die SPD sieht kein abschließendes Urteil. Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sei ein mögliches Versäumnis des Kreises Lippe diskutiert, aber nicht nachgewiesen worden. Für die Sozialdemokraten sei weiterhin klar, dass der Fall lückenlos aufgeklärt werden muss. Und sollten Fehler im Verantwortungsbereich des Jugendamtes Lippe ans Tageslicht kommen, müsse dies auch Konsequenzen haben.

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