Interview mit Hans-Jörg Düning-Gast: "Habe richtig Bock auf den Job"

Kreis Lippe. Er ist nach oben gezogen: Hans-Jörg Düning-Gast hat das Büro des Vorstehers des Landesverbandes Lippe (LVL) in die obere Etage des Schlosses in Brake verlegt. Für ihn ein Umzug mit Symbolcharakter, er will näher bei &bdquo;seinen Leuten" sein. Im LZ-Interview spricht er über die ersten 100 Tage im Amt.

Wie ist es denn so?

Jörg Düning-Gast : Na toll! Ich fühle mich rundum wohl, bin im Team angekommen. Natürlich bin ich nicht überall eingearbeitet – das dauert bei einem Verband mit zum Teil jahrhundertealter Vorgeschichte. Aber ich lerne jeden Tag was dazu.

Sie müssen ein Multitalent sein für diesen Job: ein Forst-, ein Immobilien-, ein Kulturexperte. Wo sehen Sie sich nach 100 Tagen? Als Experte für alles?

Düning-Gast : Die Vielfalt der Aufgaben macht ja den Landesverband aus. Ich kenne viele Themen aus unterschiedlichen Perspektiven. Ich war im Immobilienbereich tätig, kenne das kommunale Geschäft. Auch im Kulturbereich war ich unterwegs. In Sachen Forst habe ich gute Lehrmeister.

Haben Sie den Job so erwartet?

Düning-Gast : Ich habe einen gewissen Entscheidungsstau natürlich erwartet. Die Verwaltung ist motiviert, die wollen alle was machen. Das fühlt sich richtig gut an. In manchen Bereichen sind wir noch nicht so aufgestellt, wie wir aufgestellt sein müssten. Aber da kommen wir hin.

&bdquo;... nicht so aufgestellt", da fällt mir die vakante Stelle der Kulturabteilungsleitung ein.

Düning-Gast: Das ist eine Chefaufgabe. Ich möchte keine Reibungsverluste durch eine weitere Stelle.

Das machen Sie also selber?

Düning-Gast: Ja. Ich will Kultur gestalten.

Ein Thema, wo der LVL am meisten Geld einsparen muss.

Düning-Gast : Das ist so. Da müssen wir deutlich machen, dass es Nutzen aus Kooperationen gibt. Mit der Musikhochschule, mit Stadtverwaltungen, der TH... Da ist zum Beispiel die Frage, wie lange die ihren analogen Literaturbestand selber pflegen möchte. Und wir könnten von dem digitalen Know-How profitieren. Diese Gespräche auf der fachlichen Ebene müssen wir abwarten – auch mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Ich mag nach 100 Tagen im Amt nicht über Ergebnisse spekulieren. Jetzt geht es um Bestandsaufnahme.

Sie mögen also auch kein Ziel formulieren?

Düning-Gast: Wir hatten wenig politische Beratung – siehe Corona. Dann haben wir wichtige andere Themen, siehe Kur-Immobilien Bad Meinberg, Burghotel Blomberg, Kiesabbau Vahrenholz... Andere Themen, auch etwa Burg Sternberg, kommen jetzt. Politische Grundsatzentscheidungen können wir in den nächsten Wochen aber nicht erwarten. Jetzt ist Wahlkampf.

Haben Sie schon Wünsche an die neue Verbandsversammlung?

Düning-Gast: Mut zur Entscheidung. Doch wenn hier im Hause gelegentlich geklagt wird, die Verbandsversammlung würde nichts entscheiden, muss ich sagen, da gehören immer zwei dazu. Wenn Alternativen und Folgen von Entscheidungen gut ausgearbeitet sind, kann die Verbandsversammlung politisch natürlich entscheiden. Die letzten Jahre waren ja eher so gekennzeichnet, dass man Fragen auf den Tisch gelegt hat – ohne Antwortvorschläge zu geben. Dann ist es für Ehrenamtler natürlich schwer, Entscheidungen zu treffen.

Sie haben nun ja mit 100-Prozent-Zustimmung bei Ihrer Wahl ordentlich Vertrauensvorschuss, um es besser zu machen.

Düning-Gast: Ja. Anderseits auch Druck: Vorschläge so vorzulegen, dass sie auch entscheidungsreif sind.

Die ja das Land zum Beispiel in Sachen Konsolidierung seit Jahren fordert.

Düning-Gast: Letztlich ist es doch so: Es geht nicht, den LVL-Haushalt nur über Einsparungen in der Kultur zu sanieren. Das will ja auch niemand. Natürlich müssen nennenswerte Beiträge kommen. Aber wenn unserer Konzept, unsere inhaltliche Arbeit gut ist, dann wird es gelingen, Geld aufzutreiben – aus anderen Kanälen, die uns unterstützen. Allererster Partner ist das Land. Je mehr wir mit anderen Partnern kokettieren, desto mehr wird man ja das Wesen des Landesverbandes aus den Augen verlieren. Wir müssen und können Dinge aus eigener Kraft bewegen – im Konsens mit anderen, wir müssen mit den Menschen sprechen. Das muss unsere neue Qualität sein. Natürlich wird es ein Kampf um die Unterstützung des Landes.

Beispiel?

Düning-Gast: Wenn der Staatsforst Mindereinnahmen bei den Fichten hat, gleicht der Finanzminister das aus. Das funktioniert bei uns anders. Zu den goldenen Zeiten von Helmut Holländer wurden uns dort oft Türen geöffnet. In den letzten Jahren war es aber so, dass man in Zweifelsfragen eher entschieden hat, den Landesverband nicht zu fördern. Auch, weil das Konstrukt LVL in den Ministerien dort gar nicht mehr so bekannt ist.

Das war ja damals anders.

Düning-Gast : Es macht aber keinen Sinn, jetzt zu überlegen, warum das heute so ist. Wir müssen dafür sorgen, dass sich dies wieder ändert. Dazu gehört Vernetzung in der Region.

Zum Theatergebäude hat Ihre Vorgängerin gesagt, es könne nicht aus eigener Kraft saniert werden.

Düning-Gast: Der LVL muss da ein verlässlicher Partner bleiben. An der Gesellschafterstruktur sollte sich nichts ändern, finde ich. Also muss man dahin kommen, dass das Gebäude fit gemacht wird, dass wir langfristig Ruhe haben. Es muss gelingen, Fördermittel zu bekommen.

Aus Städtebauförderung?

Düning-Gast: Zurzeit werden Theater und Museen darüber nicht gefördert. Daher muss man andere Wege finden, etwa über die energetische Sanierung. Und ich spüre große Wertschätzung etwa bei der Landesregierung für den LVL. Da gibt es Unterstützung, aber Lösungsideen müssen hier vor Ort entwickelt werden. Wir haben in jeder Kommune in Lippe Grundbesitz, da ist es eine Riesenchance für ganz Lippe, wenn der LVL seine Rolle ausfüllt und für die Gemeinden etwas tut – allerdings ohne, wie in der Vergangenheit, immer Geld mitzubringen.

Apropos Geld: Wie weit sind Sie mit der mehrfach angekündigten Eröffnungsbilanz?

Düning-Gast : Da sind wir ein Stückchen weitergekommen. Die unbebauten Grundstücke sind 98 Millionen Euro wert, die Erbpachtrechte 135 Millionen. Zur Bewertung der bebauten Grundstücke haben wir mit dem Ministerium vereinbart, dass wir zunächst mit dem Entwurf einer Bilanz arbeiten können, weil diese Bewertung Jahre dauert. Deswegen bewerten wir diese zunächst listenmäßig, nach umbautem Raum und anderen Kriterien. Abweichungen sind erfahrungsgemäß sehr niedrig.

Warum das Ganze überhaupt?

Düning-Gast: Um unsere Kreditmarktfähigkeit zu dokumentieren und um zu zeigen, dass wir das lippische Vermögen zusammengehalten haben. Man kann jetzt schon sagen: Das haben wir. Wir kommen auf einen Gesamtwert zwischen 400 und 500 Millionen. Wenn wir uns nur als Vermögensverwaltung begreifen würden, könnten wir theoretisch noch 100 Jahre Vermögen verzehren. Für notwendige Investitionen ist also Vermögen da – das ist eine wichtige Erkenntnis.

Sie haben richtig Bock auf den Job.

Düning-Gast: Ja.

Und welche Bilanz werden Sie nach Ihrer Amtszeit in acht Jahren ziehen?

Düning-Gast : Der LVL hat ein klares Profil und ist wirtschaftlich konsolidiert. Mit den Aufgaben, die er auch jetzt umfasst: Kultur, Forst, Vermögensverwaltung. Wenn wir unsere Probleme jetzt benennen, können wir sie gemeinsam lösen, auch mit dem Ministerium. Wenn die sehen, dass wir querdenken wollen und uns von Blockaden lösen, ist Düsseldorf bereit, mitzugehen. Da ist die Beratung durch die Gemeindeprüfungsanstalt total hilfreich. Sie sagt: Es ist nicht vorstellbar, dass sich der LVL von seinen Kultureinrichtungen trennt.

Querdenken – Können Sie das konkretisieren?

Düning-Gast : Wir müssen die Erträge aus dem Grundstücksgeschäft erhöhen und Entwicklungsperspektiven entwickeln. Oder an ältere Eichenbestände gehen, um diese zu veräußern. Wir müssen bei der Verpachtung mit Augenmaß genau hinsehen und Einnahmen steigern. Grundstücke bebauen, Immobilien modernisieren. Wir sind ein Wirtschaftsbetrieb; die Konsolidierung ist nicht nur bei der Kultur, sondern auch in anderen Bereichen nicht zu Ende. Ich kann Dinge nicht ändern, wenn ich sie lasse, wie sie sind.

Lippisches Blut in den Adern Hans-Jörg Düning-Gast ist 56 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Er wohnt in Hiddenhausen. Großvater und Urgroßeltern waren Lipper. Seit 1984 arbeitet er im kommunalen Bereich. Er war Geschäftsführer eines größeren kommunalen Wohnungsunternehmens und des Museums MartA, zehn Jahre Beigeordneter in Oerlinghausen und zuletzt dreieinhalb Jahre allgemeiner Vertreter von Landrat Dr. Axel Lehmann. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit der Familie. Sportlich versucht er sich bei Volksläufen.

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