Coaches sollen Eltern bei der Erziehung helfen

Kreis Lippe. Aus seinem bisherigen Job als Richter weiß Jens Gnisa, dass es zu spät ist, etwas zu ändern, wenn Jugendliche und junge Erwachsene vor dem Richtertisch stehen. Als Richter am Paderborner Landgericht hat er vor fast zehn Jahren im Zusammenspiel mit mehreren Akteuren das Projekt &bdquo;Famos“, kurz für &bdquo;Familien optimal stärken“ ins Leben gerufen. Die Ergebnisse wurden wissenschaftlich begleitet und waren erfolgversprechend.

Bei einem Pressetermin in Detmold erläuterte er jetzt die Vorzüge des Präventionsprogramms, das in Paderborn gut lief, aber mittlerweile versandet ist, und wie er es in Lippe anders machen würde. &bdquo;Die Erziehungskompetenz in der Gesellschaft wird schlechter“, sagt Jens Gnisa. &bdquo;Wir Richter sitzen am Ende der Stange und sollen familiäre Fehlentwicklungen korrigieren. Das ist meistens zu spät.“ Darum findet er das Projekt &bdquo;Famos“ so gut. Es stärkt die Eltern und Kinder frühzeitig, bevor die Kinder Gewalt erleben, weil die Eltern überfordert sind. Weil Eltern beispielsweise lernen, mit Konflikten anders umzugehen.

Getestet und für gut befunden Dr. Inga Frantz hat das Projekt in Paderborn von 2010 bis 2015 wissenschaftlich begleitet. Sie hat zusammen mit einem Team drei wissenschaftlich anerkannte Coaching-Programme für Eltern und Kinder gebündelt in Paderborn eingesetzt, die bis zu dem Startpunkt des Projektes lediglich im universitären Umfeld getestet und für gut befunden wurden. Dank zahlreicher Marketingmaßnahmen nahmen am Ende 3500 Familien an den Einzel- und Gruppen-Programmen teil. &bdquo;Wir wissen aus der Analyse und Befragung, dass wir dabei auch das richtige Klientel angesprochen haben“, sagt Inga Frantz. So wurde beispielsweise bei teilnehmenden Eltern und einer Kontrollgruppe anonym abgefragt, ob der Vater bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Oder die Eltern Arbeitslosengeld beziehen und wie hoch das Bildungsniveau ist. &bdquo;Bei allen drei Faktoren war die Zahl deutlich höher“, sagt Frantz. Bei der Vergangenheit des Vaters gaben fast neun Prozent aller befragten Teilnehmer an, mit dem Gesetz in Konflikt geraten zu sein. In der Kontrollgruppe waren es nur halb so viele. &bdquo;Wir haben überproportional richtige Eltern für die Programme angesprochen“, sagt Gnisa.

In den Einzel- und Gruppencoachings haben die Eltern beispielsweise gelernt, neue Strategien für die Erziehung einzusetzen. &bdquo;Macht das Kind nicht, was es machen soll, dann muss man als Eltern den Konflikt aushalten und konsequent bleiben – ohne Gewalt einzusetzen“, sagt Frantz. Bei auffälligen Kindern sehen Eltern meistens nur die negativen Aspekte. Die Programme haben auch dazu beigetragen, die positiven Eigenschaften zu sehen. &bdquo;Wir haben den Eltern Rituale vermittelt und Hausaufgaben mit an die Hand gegeben. Die Erfolge haben viele Teilnehmer sehr positiv gestimmt.“ Umgesetzt wurde das Projekt im Zusammenspiel mit der Stadt, dem Jugendamt und diversen Kitas. Eine Koordinierungsstelle vernetzte die Akteure und hielt die Fäden in der Hand. Außerdem wurden mehrere Erzieher weitergebildet, um die Angebote in ihren Gruppen umsetzen zu können. Leider sind die Programme in Paderborn versandet. &bdquo;Das müssen wir in Lippe anders machen.

Es muss fest in die Strukturen integriert werden, damit es nicht von Personen abhängig ist“, sagt Gnisa, der sich durchaus im Klaren ist, dass die Verwirklichung des Projektes an seinen Wahlsieg gekoppelt ist. Dennoch sieht er vor allem die Sache: &bdquo;Das Projekt bringt so viel. Probleme werden frühzeitig gelöst. Familien werden gestärkt und auch für die Gesellschaft bringt es viel“, sagt Gnisa, der auch die wirtschaftlichen Vorteile sieht, obwohl er auch weiß, dass die Personalkapazitäten mancherorts erhöht werden müssten, um solch ein Projekt umsetzen zu können: &bdquo;Ein Heimplatz kostet pro Monat um die 5000 Euro. Wenn wir langfristig denken, dann spart die Prävention uns am Ende viel Geld.“ Sie erreichen die Autorin unter shagemann@lz.de oder Tel. (05231) 911230.

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