Proben von Corona-Patienten: Klinikum Lippe gründet Biobank

Kreis Lippe . Bei allem Leid, das die Pandemie mit sich bringt: Sie hat zumindest die medizinische Forschung ins nächste Jahrhundert katapultiert, sagt Prof. Thomas Brune. Das Klinikum Lippe ist als Teil des Uniklinikums Ostwestfalen-Lippe ganz vorn mit dabei: In diesen Tagen startet der Aufbau einer Biobank mit Proben von Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind.

Für das bundesweite Projekt unter dem Namen &bdquo;Nationales Pandemie Kohorten Netz" (NAPKON) werden unterschiedlich aufbereitete Blutproben, Urin und Stuhl, aber auch Speichelproben von Corona-Patienten gesammelt, die bei Temperaturen von minus 80 Grad bis hin zu minus 196 Grad Celsius gelagert werden.

Verknüpft mit den anonymisierten klinischen Daten der Probengeber, entsteht somit eine Grundlage für weitere, deutschlandweite Forschung, die konkrete Erkenntnisse beispielsweise zu Diagnostik, Krankheitsverläufen und Therapien bringen kann.

Denn da nach dem Willen des Bundesforschungsministeriums solche Biobanken im gesamten Nationalen Netzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19 entstehen, könnten Wissenschaftler künftig auf ein breites Angebot an Proben zurückgreifen. Prof. Thomas Brune, der das Projekt am Klinikum Lippe gemeinsam mit dem Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie, Dr. med. Johannes-Josef Tebbe leitet, erklärt, wie das gedacht ist: &bdquo;Man stelle sich vor, dass Forscher untersuchen wollen, wie über 80-jährige Patienten, die beatmet werden mussten, überlebt haben. Dann könnte sich beispielsweise die Frage nach genetischen Markern stellen, die sie gemeinsam haben." Die Wissenschaftler könnten dann die entsprechenden Proben aus den verschiedenen Standorten untersuchen und sie mit den jeweiligen Krankengeschichten abgleichen.

Einverständnis auf Widerruf Das allerdings nur unter hohen datenschutzrechtlichen Standards: Die Patienten müssen vor Entnahme der Proben ausführlich vom Arzt aufgeklärt worden sein und ihr Einverständnis gegeben haben. Letzteres ist im Zweifelsfall auch widerrufbar. Sicherheit steht ganz oben – wie bei einer Geldbank. Aus den klinischen Daten dürfen sich, abgesehen von Alter und Geschlecht, keine Rückschlüsse auf die Person ziehen lassen. Das Ganze ist extrem aufwendig: Wegen der besonderen Tiefkühlung der Proben sind Behälter aus speziellem Kunststoff vonnöten. Und jeder einzelne, individuell codierte Behälter ist mehrfach unterteilt, um mehrere Proben zur Verfügung zu haben. Dass dazu auch die passende EDV vonnöten ist, versteht sich von selbst.

Für welche Forschungsprojekte das Material und die Daten zur Verfügung gestellt werden, entscheidet nicht das Klinikum, sondern ein eigenes, unabhängiges Komitee. &bdquo;Jede Uniklinik, die sich an dem Netzwerk beteiligt, muss dann auch Proben abgeben", betont Prof. Brune.

Für ihn und seine Mitstreiter ist dies der Weg in die Medizin der Zukunft: &bdquo;Biobanken werden auch bei der Tumortherapie sicher eine Rolle spielen." Logistisch stellt der Aufbau dieser Biobank einige Herausforderungen: Die Proben müssen so schnell wie möglich nach der Entnahme, aber immer noch sehr behutsam tiefgekühlt werden, bis sie im flüssigen Stickstoff landen können.

Finanzierung Für die Forschungsaktivitäten in den deutschen Universitätskliniken zur Bewältigung der Pandemie stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung 150 Millionen Euro zur Verfügung, davon fließt auch ein Teil nach Ostwestfalen. Das Klinikum Lippe startet zunächst mit 40 Patienten. Allein die Behälter für die Proben kosten 11.000 Euro. Ein Labor am Klinikum ist nun für die Errichtung der Biobank reserviert. Insgesamt steckt das Klinikum Lippe etwa 250.000 Euro in die Infrastruktur. Geld, das die Geschäftsführung bereitwillig genehmigt habe, so Brune, weil Biobanken die Zukunft seien.

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