Kliniken lagern Arbeit aus: Das sind die Folgen für Personal und Patienten

Kreis Lippe/Berlin. Die Krankenhäuser in Deutschland lagern nach Angaben der Bundesregierung zunehmend Aufgaben in Servicegesellschaften aus. Die Personalausgaben in ausgelagerten Bereichen verdoppelten sich zwischen 2010 und 2018 von knapp zwei auf vier Milliarden Euro und in der Corona-Pandemie setzt sich der Trend ungebrochen fort.

Auch in OWL gehen Kliniken so vor. Gewerkschaften kritisieren das Vorgehen, weil sich in der Folge häufig Arbeitsbedingungen und Entlohnung Betroffener verschlechtern. Klinikgeschäftsführer sehen wegen des steigenden Kostendrucks jedoch keine andere Möglichkeit, um konkurrenzfähig zu bleiben. Einig sind sich beide Seiten trotzdem: Sie fordern von Bund und Land, dass Krankenhäuser nicht länger unterfinanziert werden.

Tarifflucht führt zu schlechteren Arbeitsbedingungen Personal in der Küche und im Reinigungsservice sind laut Bundesregierung besonders häufig von Ausgliederungen betroffen. So wie auch im Klinikum Lippe, das die beiden Arbeitsbereiche bereits vor Jahren in zwei Tochtergesellschaften ausgegliedert hat. &bdquo;In beiden Gesellschaften gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nur noch für die Mitarbeiter, die übernommen wurden", erklärt Andreas Daldrup, Betriebsratsvorsitzender im Klinikum Lippe. Die Folge: &bdquo;Alle anderen Mitarbeiter profitieren nicht vom TVöD, obwohl das Klinikum Lippe in öffentlicher Trägerschaft ist. Die Tarifflucht führt zu schlechteren Arbeitsbedingungen, weil sie sich nicht nur auf das Gehalt auswirkt, sondern auch auf Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Krankengeldzuschuss und Renteneinbußen."

Arbeitsverdichtung wird zum Problem für Klinikpersonal Problematisch ist nach Angaben des Personalratsvorsitzenden der Mühlenkreiskliniken (MKK), Klaus Habbe, für Klinikpersonal häufig auch eine Arbeitsverdichtung. &bdquo;Selbst wenn das Personal in Tochtergesellschaften nach dem TVöD bezahlt wird oder Arbeitsbereiche nicht ausgegliedert werden, schützt das Mitarbeiter nicht immer vor Mehrarbeit." Darunter leiden nach Angaben Habbes vor allem Reinigungskräfte. &bdquo;Mitunter haben sie nur zwei Minuten Zeit, um eine Nasszelle im Krankenhaus zu reinigen. Da Vorgaben wie diese nicht zu schaffen sind, arbeiten die Mitarbeiter, darunter überwiegend Frauen, häufig länger, ohne Anspruch auf Ausgleich."

Zudem setzen viele Kliniken, so wie auch die MKK, Mitarbeiter externer Unternehmen ein. &bdquo;Das führt zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in einem Unternehmen, wenn Reinigungskräfte für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt werden", moniert Habbe. Nach Angaben von Sprecher Christian Busse wird in den MKK etwa 40 Prozent der Reinigungsleistung von einer externen Reinigungsfirma übernommen. Auch in anderen Bereichen kommen laut Busse externe Firmen zum Einsatz. &bdquo;Ein autarkes Krankenhaus, in dem alle Leistungen ohne Hilfe und Unterstützung anderer externer Experten erbracht werden, ist nicht vorstellbar."

&bdquo;Auf den Krankenhäusern lastet ein enormer Kostendruck" Gegen den Vorwurf schlechter Arbeitsverhältnisse in Tochtergesellschaften wehrt sich der Geschäftsführer des Klinikums Lippe, Johannes Hütte: &bdquo;Das Gehalt des Personals in den Tochtergesellschaften ist an den TVöD gekoppelt." Doch zur Wahrheit gehört laut Hütte auch, dass Kliniken, die nach dem TVöD zahlen, in den unteren und den oberen Lohngruppen nicht mehr wettbewerbsfähig sind. &bdquo;Auf den Krankenhäusern in Deutschland lastet ein enormer Kostendruck. Zum einen wegen steigender Personalkosten bei einer gleichzeitigen Verknappung der Arbeitszeit, zum anderen, weil Investitionskosten zum großen Teil selbst finanziert werden müssen."

Wollen Kliniken ihre Gebäude renovieren, in Medizintechnik investieren, den gestiegenen Ansprüchen der Patienten gerecht werden oder politische Vorgaben umsetzen, müssen sie das Geld dafür nach Angaben Hüttes zu großen Teilen selbst aufbringen. &bdquo;Wir sind also dazu verdonnert wirtschaftlich zu arbeiten und das hat Folgen", sagt Hütte. &bdquo;Wettbewerb und der effiziente Umgang mit dem Geld der Beitrags- und Steuerzahler sind wichtig, auch als öffentlicher Arbeitgeber, doch der Kostendruck ist zu groß."

&bdquo;Kliniken müssen keine Gewinne erwirtschaften" Diese Problematik sieht auch Betriebsratsvorsitzender Daldrup: &bdquo;Klinikgeschäftsführer agieren so, wie sie müssen, wenn sie von der Politik dazu gezwungen werden, Gewinne zu erwirtschaften." Bund und Land stellen sich damit klare gegen ihre eigene Finanzierungszusagen, moniert Daldrup. &bdquo;Wir alle zahlen Steuern und Krankenkassenbeiträge auch dafür, dass der Staat in das Gesundheitssystem als öffentliche Daseinsfürsorge investieren kann."

Deshalb fordert Daldrup von der Politik auf regionaler Ebene und auch von Klinikbetreibern, insbesondere von öffentlichen Trägern wie dem Kreis Lippe, dass sie sich für eine Anpassung der Klinikfinanzierung einsetzen. Diese Forderung unterstützt auch Habbe: &bdquo;Das Kliniken wirtschaftlich handeln müssen, steht außer Frage, aber sie müssen keine Gewinne erwirtschaften. Hier liegt der Systemfehler, der sich negativ auf das Personal und letztlich auf die Patientenversorgung auswirkt, weshalb das System der Krankenhausfinanzierung dringend angepasst werden muss."

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