Vater nach Missbrauch verurteilt: "Das Mädchen hat alles verloren"

Detmold/Augustdorf. Wie von Scham zerfressen hockt Dennis B. (Name geändert) auf der Anklagebank. Ob die Tränen in seinen Augen wirklich seiner kleinen Tochter gelten oder er bloß Mitleid für seine eigene Situation empfindet, bleibt unbeantwortet. Der 38-Jährige steht vor Gericht, weil er seine heute elfjährige Tochter zwischen Sommer 2018 und Oktober 2020 fünfmal schwer sexuell missbraucht und sie einmal zum Oralverkehr gezwungen hat. Die Taten begeht er im Haus der Familie in Augustdorf. Er ist verheiratet, hat noch weitere Kinder.

Um denen eine Aussage zu ersparen, gibt B. alle Anklagepunkte zu. &bdquo;Mir fällt es schwer, Worte zu finden. Im Herzen hänge ich an meinen Kindern und meiner Frau", sagt er mit gebrochener Stimme. Schon im Vorfeld hatte es ein Rechtsgespräch gegeben, das Geständnis kommt nicht überraschend. Die Jugendschutzkammer unter dem Vorsitz von Richterin Anke Grudda verurteilt ihn nach kurzer Verhandlung zu einer vierjährigen Haftstrafe. Der Schaden, den B. bei seiner Tochter angerichtet habe, sei nicht nur körperlich und seelisch, ihr ganzes Leben sei auf den Kopf gestellt. &bdquo;Das Mädchen hat alles verloren, was ihr wichtig ist,", sagt die Richterin: Familie, Freunde, Schule. &bdquo;Jetzt plagen sie Schuldgefühle, dass es dazu gekommen ist. Dabei ist sie die Letzte, die Schuld trifft." Vergebung könne der Angeklagte vom Gericht nicht erwarten, das müsse er mit sich ausmachen.

"Sie hat Angst, ihrem Vater gegenüber zu treten" Zumindest das Geständnis wirke sich leicht strafmildernd aus, da das Mädchen nicht erneut detailliert beschreiben muss, was der Vater ihr angetan hat, wie er sie vergewaltigte und zum Schweigen brachte. Nur wenige Minuten sagt das Mädchen als einzige Zeugin aus – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Angeklagten. &bdquo;Sie hat Angst, ihrem Vater gegenüber zu treten", erklärt Opferanwältin Monika Schur. Dass der Missbrauch überhaupt aufgeklärt wurde, sei einer &bdquo;couragierten Schulfreundin" zu verdanken, betont die Richterin. &bdquo;Sie hat den Mut aufgebracht, ihrer Freundin zu helfen." Das habe viel abverlangt. Die Elfjährige wurde vom Jugendamt in Obhut genommen, inzwischen lebt das Kind in einer betreuten Einrichtung.

Frage nach dem "Warum?" bleibt ungeklärt Nur die Frage nach dem &bdquo;Warum?" bleibt trotz mehrfacher Nachfrage unklar. Der forensische Psychiater Dr. Michael Hintersdorf kann keinen krankhaften Hang zur Pädophilie oder eine anderen psychische Störung feststellen. &bdquo;Der Angeklagte ist mit seinem ehelichen Sexualleben nicht zufrieden gewesen, hat sich Befriedigung im Bordell und einer außerehelichen Affäre gesucht." Dazu habe ihn der Konsum von Pornos angestachelt. Der Missbrauch könnte aus unbefriedigtem Verlangen entstanden sein. &bdquo;Er ist sehr egozentrisch strukturiert und hat seine Bedürfnisse ohne große Anstrengung befriedigen wollen", vermutet der Gutachter. Der Familienverbund habe zudem eine Hemmschwelle herabgesetzt. Frei nach dem Motto: &bdquo;Es geht niemanden etwas an, was in meiner Familie passiert." Mit feuchten Augen sucht B. immer wieder den Blickkontakt ins Publikum, wo Teile der Familie sitzen, die er zerstört hat. &bdquo;Mein Mandant hat sich so versündigt, dass er einer Scheidung zustimmen würde", sagt Verteidiger Dr. Andreas Jolmes. Doch erst wolle man das Trennungsjahr abwarten.

Gegen beide Elternteile läuft ein weiteres Ermittlungsverfahren, bestätigt Staatsanwältin Helena Werpup nach dem Prozess. Vater und Mutter stehen im Verdacht, einigen Kindern Gewalt angetan und sie mit einem Gürtel geschlagen zu haben. &bdquo;Die Ermittlungen dazu stehen noch am Anfang", sagt Werpup. Alle verzichten auf Rechtsmittel, das Urteil ist rechtskräftig.

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