Missbrauch in Detmold: 66-Jähriger erklärt sexuelle Übergriffe mit romantischen Gefühlen

Detmold. Sie war gerade einmal vier bis sechs Jahre alt, als er sich an dem Mädchen verging. Die angeklagten Vorwürfe bestreitet der heute 66-Jährige vor dem Landgericht nicht. Wie es dazu kommen konnte, kann er sich nicht erklären. &bdquo;Ich habe die kindliche Zuneigung auf meine angeknackste Psyche hin wohl falsch interpretiert“, mutmaßt der Angeklagte. Dabei hätte er nie ein sexuelles Interesse an Kindern gehabt. &bdquo;Das bin ich nicht“, meint er. Er sei in das Mädchen verliebt gewesen. Auch andere Kinder erheben Vorwürfe. Der Mann muss nun mehrere Jahre in Haft.

Zwischen 2006 und 2018 hat sich der inzwischen in Thailand lebende 66-Jährige an mindestens zwei Kindern von Bekannten in seiner damaligen Wohnung in Detmold vergangen, so viel steht nach der Beweisaufnahme fest. Weitere Vorwürfe, die ein Geschwisterpaar erhebt, streitet er ab. Die Große Jugendkammer stellt die beiden Taten am Ende mit dem Einverständnis aller Prozessbeteiligten ein, weil sich die beiden Betroffenen nicht mehr konkret genug erinnern.

&bdquo;Für eine Verurteilung hätte das nicht gereicht“, erklärt Rechtsanwältin Deborah Weinert, die beide in der Nebenklage vertritt. Allerdings habe die Vorsitzende Richterin Anke Grudda betont, dass dies nicht bedeute, das Gericht würde den Jugendlichen nicht glauben.

Angeklagter spielt Übergriff runter Dass ein heute 14-jähriges Mädchen mehrfach Opfer sexueller Übergriffe geworden ist, daran besteht aus Sicht der Kammer überhaupt kein Zweifel. Bei einer Tat hatte sich der Angeklagte auch an einer Freundin des betroffenen Mädchens vergangen. Den Vorfall spielt er zunächst runter. &bdquo;Ich weiß, dass das heutzutage falsch ist, Kinder auf den nackten Po zu klatschen. Es hatte aber keinen sexuellen Bezug.“ Nach einem Rechtsgespräch räumt er die sexuelle Absicht dahinter doch ein, berichtet sein Verteidiger.

Als harmlos lassen sich die angeklagten Übergriffe keinesfalls beschreiben. Die Große Jugendkammer verurteilt den überwiegend geständigen Angeklagten am Ende wegen sexuellen Missbrauchs in fünf Fällen zu viereinhalb Jahren Haft. Das Urteil wird noch im Saal rechtskräftig. Verteidiger Ralf Sugland aus Bad Salzuflen und Staatsanwalt Lukas Schackow stimmen dem zu. Sugland hatte im Plädoyer eine Strafe von vier Jahren und drei Monaten beantragt, der Staatsanwalt ging von vier Jahren und neun Monate als tat- und schuldangemessen aus. Das Urteil des Gerichts liegt in der Mitte.

Den Krebstod seiner ersten Ehefrau und die mehrjährige Jugendhaft seines Sohnes nennt der Angeklagte vor Gericht als Erklärungsversuche für das, was er dem Kind angetan hat. Er sei psychisch gebrochen gewesen und habe den Schmerz in Alkoholexzessen betäubt. &bdquo;Der Kinderersatz leuchtet mir ja ein“, sagt die Vorsitzende Richterin während der Verhandlung. &bdquo;Aber von der Zuneigung zum sexuellen Übergriff ist es ja noch ein großer Schritt.“

Festnahme bei Detmoldbesuch Eine Antwort darauf kann der 66-Jährige nicht liefern. &bdquo;Es war so schön, wenn das Mädchen zu mir kam. Das war so erfrischend.“ Einmal montierte der lange in Detmold lebende Angeklagte ein Porträtbild des Kindes auf den nackten Körper einer erwachsenen Frau. &bdquo;Das war eine Spielerei. Ich wollte wissen, wie sie später aussieht.“ Die gelöschte Datei hatten Ermittler auf seinem Handy wiederhergestellt. Da dieser Vorwurf in Hinblick auf die für die anderen Taten zu erwartende Strafe kaum ins Gewicht fällt, stellt das Gericht diesen ein.

Was der Angeklagte dem Kind angetan hat, versucht deren Nebenklagevertreterin Anke Reese ebenfalls noch im Saal aufzuarbeiten. Die Rechtsanwältin aus Detmold geht in der Verhandlung noch einmal darauf ein, wie lange die Übergriffe dauerten und wie schwer aushaltbar sie für das Kind waren. Eine Antwort bleib der Angeklagte auch ihr schuldig. &bdquo;Ich kann es selbst nicht begreifen“, sagt er.

Der Fall war im Jahr 2023 ins Rollen gekommen, weil eine Schulsozialarbeiterin psychische Auffälligkeiten an der heute Jugendlichen bemerkte. Das Mädchen hatte angefangen, sich selbst zu verletzten. Später vertraute sich das Kind der Vertrauensperson an. Im Jahr 2024 erstattete die Familie Anzeige gegen den ehemaligen Bekannten. Weil schon die Aussage bei der Polizei so schlüssig gewesen sein soll, wurde gleich ein Haftbefehl erlassen. Die Polizei nahm den 66-Jährigen daraufhin bei einem Detmoldbesuch in der Innenstadt fest.

Missbrauch in Detmold: 66-Jähriger erklärt sexuelle Übergriffe mit romantischen Gefühlen

Kind gefesselt und in Kühltruhe gesteckt: Blomberger muss mehr als sieben Jahre in Haft

Sexuelle Gewalt an Kindern aufgenommen: Video entlarvt Täter aus Lemgo

Mutter aus Lippe verkauft Kind an 50-Jährigen: „Wie kaltherzig kann man eigentlich sein?“

„Ein fader Beigeschmack bleibt“: Weshalb das Gericht einen Salzufler freispricht

Geständnisse: Mutter aus Lippe bietet Tochter gegen Geld für Sex mit Bekannten (50) an

Haftstrafe für Lügder: Missbrauchsopfer lässt sich nicht bestechen

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus