Bundestagskandidaten diskutieren in Lemgo

Kreis Lippe/Lemgo. Vor allem beim Thema Klimawandel sind die Meinungen auseinander gegangen. Zur Diskussionsrunde mit vier Bundestagskandidaten hatten am Montagabend die drei Lemgoer Rotary-Clubs eingeladen. Kerstin Vieregge (CDU), Jürgen Berghahn (SPD), Robin Wagener (Die Grünen) und Christian Sauter (FDP) – alle aus dem Wahlkreis Lippe 1 – stellten sich den Fragen der Moderatoren Thorsten Engelhardt und Till Brand.

&bdquo;Klimapolitik ist eine Gemeinschaftsaufgabe, keine nationale", sagte Bundestagsabgeordneter Christian Sauter. Die Liberalen seien dafür, den EU-Emissionshandel ausweiten. Die Politik gebe dabei vor, wie viel CO2 ausgestoßen werden dürfe. Dafür müssten Zertifikate gekauft werden, die immer weniger und damit teurer würden. Wer CO2 spare, brauche weniger Zertifikate und spare Geld. So sollen Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien geschaffen werden. Robin Wagener entgegnete: &bdquo;Beim Zertifikatehandel gehe ich mit, aber wir brauchen auch einen entsprechenden Preis." Nur auf eine europäische Lösung zu setzen, klinge für ihn &bdquo;nach einer Ausrede".

Vieregge fordert Akzeptanz für Windkraft

Das bedeute im Endeffekt, &bdquo;man tut erst einmal gar nichts." Sicherlich müsse europäisch gehandelt werden, aber wenn es dort nicht weitergehe, müssten auch nationale Anstrengungen her. Kerstin Vieregge sprach sich wie Sauter für Forschung und Entwicklung aus, &bdquo;um andere Länder auch zum Nachahmen zu bewegen". &bdquo;Die Wirtschaft wird das Thema von sich aus weiter vorantreiben", sagte die Bundestagsabgeordnete. Jürgen Berghahn sitzt derzeit im Landtag. Ihm sei wichtig, &bdquo;dass die kleinen Leute nicht belastet werden." Aus seiner Sicht müsse die EEG-Umlage weg, die jeder Verbraucher für die Förderung von Ökostrom zahlt. Und: &bdquo;Wir haben jetzt einen 1000-Meter-Radius um Windenergieanlagen. Das war die total falsche Entscheidung – ein Rückschritt." Vieregge entgegnete: &bdquo;Das Thema Windenergie ist nicht nur energetisch zu betrachten. Wir brauchen dafür Akzeptanz."

Laut Berghahn sollten Gutverdienende mehr zum Wandel beitragen – Stichwort Reichensteuer. Das brachte Sauter gegen ihn auf: &bdquo;In dieser Situation noch Steuererhöhungen zu verlangen, ist genau der falsche Schritt. Das betrifft dann auch Mittelständler." Das sah Vieregge ebenso: &bdquo;Im kommenden Jahr darf es kein Gesetz geben, das die Wirtschaft belangt. Wir müssen stattdessen den Schwung von 2021 mitnehmen."

Wagener: "Die Menschen haben uns vertraut"

Und wie positionieren sich die Kandidaten beim Thema Rente? Vieregge: &bdquo;Wir setzen auf private Vorsorge, es braucht Anreize für die Betriebsrente, und wir müssen auch an die staatliche Rente." Die FDP will zwei Prozent der staatlichen Rente in Aktien anlegen. Wagener glaubt, dass momentan niemand eine Lösung für das Rentenproblem hat, bekennt sich aber als &bdquo;Freund von bedingungslosem Grundeinkommen". Auch Berghahn hält diesen Ansatz für denkbar. Seiner Meinung nach sollten Beamte, Selbstständige, Freiberufler und Politiker auch in die gesetzliche Rente einzahlen.

Als es ums Thema Afghanistan ging, zeigten sich alle Kandidaten bestürzt über die jüngsten Ereignisse. Wagener: &bdquo;Ich schäme mich dafür, dass es die Regierung verschlafen hat, die Leute rechtzeitig auszufliegen. Die Menschen haben uns vertraut." Diese Fehlleistung gehöre aufgearbeitet. Generell brauche Deutschland das transatlantische Bündnis, müsse aber auch alleine handlungsfähig sein. Vieregge betonte: &bdquo;Die Amerikaner haben uns vor vollendete Tatsachen mit ihrem Abzug gestellt. Das ist auch keine Art von Zusammenarbeit."

Sie sprach sich für &bdquo;eine Armee der Europäer" und einen nationalen Sicherheitsrat aus. Außerdem brauche es eine langfristige Finanzierung der Bundeswehr, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato für Verteidigungsausgaben sei einzuhalten. Berghahn sprach von &bdquo;vielen Fehlplanungen bei der Bundeswehr". Sauter kritisierte, dass die Regierung keine &bdquo;Exit-Strategie" für Afghanistan hatte und es keine &bdquo;permanente Evaluierung" gegeben habe. Es sei zudem zu wenig in die Bundeswehr investiert worden. &bdquo;Wir müssen dafür sorgen, dass sie gut ausgestattet ist." Dafür brauche es eine &bdquo;europäische Harmonisierung der Beschaffung".

"Noch vier Wochen"

Ein Kommentar von Martin Hostert

Wer sich seines Kreuzchens noch nicht sicher ist, hat noch vier Wochen. Und diese Zeit gilt es zu nutzen. Möglichkeiten dazu gibt auch abseits der großen &bdquo;TV-Trielle", wie es so schön heißt. Die Kandidaten klingeln an den Türen, stehen auf den Märkten, diskutieren auf Podien, suchen das Gespräch, wollen Sie überzeugen. Zum Teil bekommen sie prominente Unterstützung – Minister und Fraktionschefs waren in Lippe oder kommen noch. Die Resonanz auf diese Besucher war bislang zwar eher mau. Soll aber kein Wähler nachher sagen, Hubertus Heil, Sahra Wagenknecht, Anton Hofreiter und all die anderen seien ohnehin weit weg vom Bürger, sind sie nämlich nicht.

Die LZ berichtet online und gedruckt ausführlich und hat begonnen, die Kandidaten der Wahlkreise vorzustellen. Eine bunte Mischung: Christian Haase, Kerstin Vieregge und Christian Sauter, die ihre Mandate behalten wollen. Robin Wagener mit einem ziemlich sicheren Listenplatz, Jürgen Berghahn, der aus Düsseldorf nach Berlin wechseln und Vieregge den roten Wahlkreis Lippe I wieder abluchsen will, Ulrich Kros, der seine Außenseiterchance wittert. Dazu Kandidaten aus Parteien, die im Bundestag vertreten sind, und solchen, die – obgleich chancenlos – die Bühne nutzen, um Werbung für ihre Sache machen zu können. Machen wir uns schlau, es sind noch vier Wochen.

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