Seltene Pferde leben im Freilichtmuseum

Kreis Lippe. Der Regen peitscht durch die Bäume und Äste fallen ringsherum auf den Boden. &bdquo;Normalerweise wären wir gelaufen, aber bei diesem Wetter fahren wir", meint Agnes Sternschulte, Landschaftsökologin und Beauftragte der Senner Pferde. Die alte Fasanerie ist das Ziel. Dort wird die kleine Dauerausstellung des Freilichtmuseums dargeboten: Senner Pferde, Tiere, die aus einer längst vergangenen Zeit kommen. Ihr Name kommt von ihrem ursprünglichen Lebensraum, der Senne. Schon an der Tür riecht es nach Leder und Geschichte.

&bdquo;Es ist die älteste, noch lebende Rasse Deutschlands", erklärt Agnes Sternschulte die Besonderheit der Senner. Erwähnt wurden die Tiere zum ersten Mal 1160. Senner sind eine Rasse mit Vollblutanteil, aber nicht in Bezug auf das Temperament. Sie seien robust und treu sowie verlässlich, stellt Sternschulte fest. Ihr Sanftmut zeigt sich, als sie sich brav und entspannt die Hufe bearbeiten lassen. Alle Senner Pferde des Freilichtmuseums lassen sich anstandslos führen und streicheln. &bdquo;Sie sind absolute Schätze", schwärmt die Landschaftsökologin, und streichelt den Hals der Stute &bdquo;Dorina".

Schon vor 50 Jahren, zu den Anfängen des LWL-Museums, waren die Senner Pferde ein wichtiger Bestandteil. Eine Dauerausstellung über die Pferde wurde bereits 2011 eingerichtet. Deswegen ist die Verbindung des Museums zu den Senner Pferden noch stärker als zu den anderen dort lebenden Tieren. Heute besteht die kleine Zucht im Freilichtmuseum aus drei Stuten. 2018 wurde &bdquo;Xenia" geboren, die erste reine Sennerstute, deren Vater also ebenfalls ein Senner ist.

Zucht war straff organisiert Ursprünglich war das Senner Pferd &bdquo;immer das Pferd des Lippischen Fürstenhauses gewesen", berichtet Sternschulte. Und so fand diese spezielle Rasse auch Eingang in die Kunst, wie diverse Gemälde beweisen. Ab dem 17. Jahrhundert züchtete man in der Nähe der Sommerresidenz der lippischen Fürsten, dem Jagdschloss Lopshorn, Senner Pferde.

1850 wurden Teile des Sennergestüts nach Detmold verlegt. &bdquo;Es gab in ganz Westfalen Wildbahngestüte", sagt Sternschulte . Es habe ursprünglich vier Stutenlinien gegeben, wovon noch zwei existieren. Die Zucht sei sehr straff organisiert gewesen, anders als zum Beispiel bei den Dülmener Wildpferden.

Auch genetisch gesehen waren die Pferde stets etwas Besonderes: Bei der Zucht ging es immer darum, die charakterlichen und körperlichen Eigenschaften dominant zu halten. Darauf wurde auch bei der Auswahl der Deckhengste geachtet. So lässt sich von jedem Senner die Abstammung bis 1737 nachvollziehen. Die Pferde lebten anno dazumal in riesigen Gebieten der Senne, die später durch Zäune etwas eingegrenzt wurden. Trotzdem war es schwer, die Pferde auf den weitläufigen Gebieten zu finden. Zu diesem Zweck trug jede Leitstute einer Herde eine Glocke um den Hals.

Die Zucht wurde von verschiedenen Fürsten, Grafen und Stallmeistern geprägt. Dabei sei großen Wert auf den guten Umgang mit den sensiblen Tieren gelegt worden. Behandelte ein Stallknecht das Tier nicht gut, wurde er entlassen.

1935 wurden die letzten 16 Pferde der Rasse versteigert, bis die Zucht von der Niederländerin Julie Marie Immink kurzzeitig wieder aufgebaut wurde. Nun wird die Zucht von Zuchtleiter Karl Ludwig Lackner geführt. Der Borgholzhausener beschäftigt sich seit 44 Jahren mit den Sennern. Es gibt nur noch knapp über 50 Exemplare insgesamt. &bdquo;Leute, die interessiert an der Rasse sind, werden immer gesucht", sagt Agnes Sternschulte.

Panzerfest und ein echter Freund fürs Leben Ihre Nasen sind samtweich, die Augen wachsam, aber friedlich. Sobald die beiden Reporterinnen auf die Weide kommen, werden sie von den neugierigen und sanften Senner Pferden begrüßt und beschnuppert. Annette Strohdiek und ihr Mann Klaus Steinmeier züchten seit 2001 die edle Rasse. &bdquo;Venus", &bdquo;Juwel", &bdquo;Quintero" und &bdquo;Coleen" heißen die vier Senner und sind laut ihren beiden Besitzern eine echte Bereicherung. &bdquo;Ein Senner ist ein Pferd, das man eigentlich fürs Leben hat", sagt Strohdiek dazu und ihr Mann Klaus Steinmeier fügt hinzu: &bdquo;Wenn man sie gut behandelt, hat man einen Freund fürs Leben."

Die Tiere sind sehr neugierig, kommen immer wieder näher und versuchen, Streicheleinheiten oder Leckerlis zu ergattern. Und auch innerhalb der Herde kommt es nur selten zu Unstimmigkeiten, sagt Annette Strohdiek. Dass sie ihr erstes Senner Pferd bekam, war reiner Zufall. Ihre Freundin wollte 2001 ein Pferd kaufen, entschied sich aber für ein anderes und so kaufte sie die Senner Stute &bdquo;Coleen", aus der sie dann vier Fohlen zog. &bdquo;Als erstes sah sie etwas wild aus", berichtet ihre Besitzerin lächelnd, aber sie habe ihre Verstellungen komplett erfüllt. Da es nur drei aktive Sennerhengste gibt, sind auch andere Pferderassen als Deckhengste erlaubt, dennoch ist streng vorgegeben, welche Hengste für das Zuchtprogramm einsetzbar sind.

&bdquo;Wir haben bei den Deckeinsätzen darauf geachtet, dass das Wesen der Hengste freundlich ist", betonen die beiden Züchter aus Augustdorf. Außerdem müssen das Gangwerk sowie das Aussehen und der Aufbau des Pferdes stimmen. Die Tiere sind unglaublich robust und genügsam, das wissen Annette Strohdiek und Klaus Steinmeier. &bdquo;Früher zogen die Senner Pferde Kanonen", sagt Steinmeier. Mit größeren Lasten scheinen die Tiere also keine Probleme zu haben. &bdquo;Das sind echte Allrounder", sagt er über seine Nachzucht.

Die sehr menschenbezogenen Tiere seien eigentlich Arbeitspferde gewesen, heutzutage werden sie vor allem für das Freizeitreiten und das Gespannfahren eingesetzt, aber es gibt auch Senner im Sport. Die Pferde seien unheimlich freundlich und treu. Rassespezifische Krankheiten seien bei Sennern nicht bekannt. Sie unterscheiden sich durch ihr ausgeglichenes Temperament und die Züchtung, die nicht auf Show, sondern auf Arbeit ausgerichtet wurde von anderen Pferden. Außerdem würden sie erst spät ausgebildet. So werden üblicherweise Pferde anderer Rassen schon mit drei Jahren angeritten, Sennerpferde allerdings erst mit vier oder sogar mit fünf. Nun geht die jüngste der Sennerstuten, &bdquo;Venus", aktuell durch die Grundausbildung und wird angeritten.

Irgendwann würde es mit der Zucht mit diesem Pferd auch weitergehen, immerhin seien die Senner als Rasse stark gefährdet. Aber momentan soll sich &bdquo;Venus" erst einmal auf das Einreiten konzentrieren. Annette Strohdiek und Klaus Steinmeier züchten die Pferde &bdquo;als reines Hobby". Ihrer Meinung nach haben sie schon ihren perfekten Senner gezüchtet.

Die Pferde haben ein edles Gangwerk, sind lernbegierig und robust, außerdem zutraulich und nervlich stark. Auch nach wochenlanger Pause können sie problemlos geritten werden. &bdquo;Ich bin mit meiner auch schon an einem Panzer vorbeigeritten", erzählt die kaufmännische Angestellte. Das habe ihrer Stute nichts ausgemacht. Die treuen Tiere bringt nichts so schnell aus der Ruhe. &bdquo;Quintero" habe noch nie gebuckelt, meint Klaus Steinmeier. &bdquo;Es sind echte Familienpferde", sagt Strohdiek.

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