Lippische Politik will Klarheit bei den Anliegerbeiträgen

Kreis Lippe. Straßenausbaubeiträge - auch Anliegerbeiträge genannt - sind nicht erst seit gestern Streitthema und Ärgernis zugleich. Schaffen einige Bundesländer die Kosten für die Bürger ganz ab, muss in anderen Ländern noch gezahlt werden. Auch in NRW heißt es von Seiten der Politik: "Wir schaffen die Straßenausbaubeiträge ab." Doch was ist passiert? Nicht viel, sagen die lippischen SPD-Landtagsabgeordneten Ellen Stock, Alexander Baer und Dr. Dennis Maelzer. Sie sprechen gar von einer "Vorbereitung eines Wahlbetrugs". Dabei zahlen die Anwohner die Beiträge doch gar nicht - oder doch?

Derzeit seien die Straßenausbaubeiträge eben nicht abgeschafft, kritisieren die drei Sozialdemokraten in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Aber: Es gibt eine "Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge". Hiernach gibt es 100 Prozent der umlagefähigen Kosten der betroffenen Anlieger zurück, es soll so "die vollständige Entlastung bei Straßenbaumaßnahmen" über das Land als Fördergeber finanziert werden. Das muss von Gemeinden und Gemeindeverbänden mittelbar für die Anlieger beantragt werden.

Straßenausbaubeiträge sollen komplett abgeschafft werden Stock, Baer und Maelzer kritisieren hieran, dass die Gebühren für die Anlieger damit "längst nicht vom Tisch" seien, sondern nach wie vor erhoben und lediglich vom Land übernommen würden, "was bei den Städten und Gemeinden für einen erheblichen bürokratischen Aufwand" sorge. &bdquo;Eine Mogelpackung" nennt es Stock. &bdquo;Von Abschaffung der Gebühren konnte und kann keine Rede sein“, ergänzt Maelzer. Diesen Vorwurf weißt Klaus Hansen, Lippischer CDU-Landtagsabgeordneter, entschieden zurück. "Das Ziel ist, die Straßenausbaubeiträge abzusetzen", betont er, und de facto sei dies durch die Förderrichtlinie bereits geschehen. "Anlieger werden so schon jetzt vollständig entlastet", betont Grünen-Kreissprecher Timo Broeker.

Auch Julia Eisentraut, Grünen-Landtagsabgeordnete aus Lippe, stellt klar, dass die gesetzliche Abschaffung der Beiträge für Anlieger das Ziel sei. "Gleichzeitig muss geregelt sein, dass die Kommunen möglichst unbürokratisch die dann entfallenden Einnahmen ausgleichen können.“ In Lippe sei die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge "eines der meist diskutierten landespolitischen Themen der vergangenen Jahre", erklären die Lippischen Grünen. Denn sowohl bei Bürgern als auch Kommunen sei derzeit die Unsicherheit hinsichtlich der Gebühren groß.

Gutachten als Grundlage für neues Gesetz Nun hat das Ministerium von Ina Scharrenbach für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung ein Rechtsgutachten zum Thema vorgelegt, das verschiedene Möglichkeiten des weiteren Umgangs mit den Beiträgen anführt. Die Kritik der SPDler hieran: "Keine dieser Möglichkeiten garantiert den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie am Ende nicht doch auf den Kosten sitzen bleiben." Sie schlagen hingegen vor, dass die Beiträge im Gesetz abgeschafft werden und alle bis zum 1. Januar 2018 nicht bestandskräftig festgesetzten Beiträge nicht mehr erhoben werden. Das Land soll den Kommunen die fehlenden Einnahmen ersetzen, fordert Ellen Stock. &bdquo;Diese Lösung ist leicht umsetzbar, rechtlich machbar und längst überfällig – man muss es nur wollen“, sagt Alexander Baer.

"Unterm Strich gibt es keine Straßenausbaubeiträge mehr für die Bürger", erklärt Klaus Hansen nachdrücklich. "Diese Aussage steht." Und das vier Jahre rückwirkend zum 1. Januar 2018. Auch wenn es ihm persönlich leid tue für jeden, der nicht unter den Stichtag falle.

Sicherheit für Bürger und Kommune Das Gutachten, das nun vom Ministerium vorgelegt worden ist, soll Rechtssicherheit schaffen, sagt der CDU-Mann. Das Ergebnis, wie Land und Kommunen untereinander mit den Straßenbaubeiträgen verfahren, stehe noch nicht, erst einmal werde es in den kommunalen Spitzenverbänden besprochen. Dieses Gutachten, dass derzeit noch vom Landtag ausgewertet werde, soll laut der Grünrnwichtige Anhaltspunkte für das notwendige Gesetzgebungsverfahren liefern. "Auf Grundlage dieser Auswertung erwarten wir den von Ministerin Scharrenbach schon vor der Landtagswahl angekündigten Gesetzentwurf. Dieser wird anschließend das obligatorische Gesetzgebungsverfahren durchlaufen." Umsetzung und Finanzmodelle, wie Land und Kommunen miteinander verfahren, würden dann verhandelt und zwar so, dass keine Klagewelle folgt - rechtssicher eben, so Klaus Hansen.

Rechtssicherheit ist auch für die FDP von entscheidender Bedeutung. "Die Eigentümer in NRW müssen schnellstmöglich Rechtssicherheit bekommen", erklärt Torben Hundsdörfer, Kreisgeschäftsführer der Lippischen FDP. Die Bürger müssten entlastet und gleichzeitig die Mindereinnahmen der Kommunen seitens des Lands ersetzt werden. "Dies entspricht nicht nur einer Initiative des letzten Landtages, sondern auch dem schwarz-grünen Koalitionsvertrag." Auch Wiebke Kopsieker, Sprecherin des Grünen-Kreisverbands, betont, wie wichtig es für die Kommunen ist, hier Rechtssicherheit zu gewinnen: &bdquo;Angesichts der aktuellen Herausforderungen überarbeiten viele Städte und Gemeinden gerade schon ihre Haushaltspläne. Wir können nicht auch noch die Straßenausbaukosten stemmen.“

Straßenausbaubeiträge vs. Straßenendausbau Die Straßenausbaubeiträge - auch Anliegerbeiträge oder Straßenbeiträge genannt - sind im Kommunalabgabengesetz (KAG) NRW geregelt und damit Landessache. Die Bundesländer handhaben die Gebühren unterschiedlich, manche haben sie bereits abgeschafft. Für Anlieger können schnell hohe Summen zusammenkommen, je nach Grundstücksgröße, Baumaßnahme, etc. Bei den Gebühren handelt es sich um Kosten für Sanierungsmaßnahmen, Erweiterungen, Verbesserungen einer bestehenden Straße. Zu unterscheiden sind diese vom sogenannten "Straßenendausbau", der bundesrechtlich im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt ist. Hierbei geht es um die erstmalige Fertigstellung einer Straße mit Bordsteinen, Entwässerungsrinnen, Pflaster- und Asphaltarbeiten, etc. Hie können bis zu 90 Prozent auf die Anlieger umgelegt werden (§129 Absatz 1 BauGB)

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