Teilweise doppelt so hohe Kita-Beiträge: Parteien kritisieren Kreis-Pläne einhellig

Kreis Lippe. Die vom Kreis Lippe geplanten höheren Kita-Beiträge für Kitas in Zuständigkeit des Kreis-Jugendamtes haben hohe Wellen geschlagen. Betroffene Eltern haben sich in der Redaktion gemeldet und vorgerechnet, wie viel teurer es für sie werden würde . SPD und Grüne im Kreistag legen nun einen Änderungsantrag vor, der die ihrer Meinung nach &bdquo;nicht zu akzeptierende Vorlage“ zu Gunsten der Eltern verbessere. &bdquo;Damit wird eine deutliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen erreicht“, schreiben sie.

Der neue Vorschlag sieht vor, den Einkommensfreibetrag wie von der Verwaltung vorgeschlagen von 22.000 Euro auf 30.000 Euro zu erhöhen, den Höchstsatz jedoch von 75.000 Euro auf 120.000 Euro Einkommen anzupassen. Die Politik berät darüber im Kreisausschuss am Montag, 17. Juni, 15 Uhr, im Kreishaus. Die LZ bat vorab um Stimmen.

SPD: Solange das Land keine ausreichende Mitfinanzierung leiste, müsse der Kreis Eltern nun mal einbeziehen, schreibt SPD-Fraktionschefin Ika Kottmann. Die SPD hält die Anhebung der unteren und oberen Grenze für richtig, kritisiert jedoch an der Verwaltungsvorlage: Insbesondere die Anhebung bei 35 Stunden steche heraus, schon bei einem vergleichsweise niedrigen Jahreseinkommen steige die Belastung sehr. &bdquo;Wir fordern eine gleichmäßige Anpassung der Prozentsätze entlang der Steigung der Kindpauschalen für die Kitas in diesem Jahr. Eine Mehrbelastung tritt erst bei einem Jahreseinkommen von mehr als 75.000 Euro ein. Für Einkommen darunter gibt es sogar eine kleine Entlastung.“ Mit diesem Vorschlag seien die Kita-Beiträge des Kreis-Jugendamtes vergleichbar mit denen von Kommunen mit eigenem Jugendamt. &bdquo;Der Höchstbetrag läge bei 45 Stunden und einem Einkommen von 120 000 Euro oder mehr bei 600 Euro – sowohl für Kinder unter als auch über drei Jahren.“

&bdquo;Erhöhung kommt nicht den Kitas zugute “

Grüne: Die starke Erhöhung komme nicht den Kitas zugute, &bdquo;sondern soll den Kreis entlasten“, kritisieren die Ausschussmitglieder Wiebke Kopsieker und Julia Eisentraut. Auch eine jährliche automatisierte Anhebung der Elternbeiträge auf Grundlage der Erhöhung der Kindpauschalen für KiTas wird nicht mitgetragen. Daraus würde folgen, dass die Eltern zusätzlich zu den Gebührenerhöhungen durch eigene Einkommenserhöhungen noch einmal belastet würden. &bdquo;Das alles führt nur dazu, die Kosten des Kreises für die KiTa-Finanzierung immer weiter auf die Eltern zu verschieben, ohne einen Mehrwert für die KiTas zu erreichen.“ So eine Satzung wäre der Abschied von einem &bdquo;familienfreundlichen Kreis“. Fraktionsvorsitzender Werner Loke verweist auf Absprachen: &bdquo;Das ist nicht mehr die Grundlage, auf der wir den Haushalt für das Jahr 2024 mitgetragen haben.“

CDU: Die CDU fordert von der Kreisverwaltung einen neuen Vorschlag. &bdquo;Wir brauchen eine Beitragsstruktur, die die Mittelschicht nicht überfordert und zugleich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherstellt.“ Der Beschlussvorschlag sei unausgewogen, betont Andreas Kasper: &bdquo;Wir setzen uns für eine Politik ein, die alle Einkommensgruppen gerecht und ausgewogen behandelt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht.“ Insbesondere Familien mit mittleren Einkommen, die durch gestiegene Lebenshaltungskosten und die anhaltenden Energiekrise belastet sind, seien betroffen: &bdquo;Wir sind uns darüber einig, dass eine Anpassung der Elternbeiträge notwendig ist – doch mit Augenmaß. Der Vorschlag führt dazu, dass sich der Beitrag für einige Fälle mit 35-stündiger Wochenbetreuungszeit auf einen Schlag verdoppelt.“ Auch bei zwei guten Einkommen sei das den Menschen nicht zu erklären, &bdquo;es belastet genau diejenigen über die Maßen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit auf eine gute und verlässliche Kinderbetreuung angewiesen sind.“

&bdquo;Gebühren in Lippe endlich angleichen“

Freie Wähler: &bdquo;Wo sollte da für die Familien noch ein Anreiz bestehen, Kinder zu bekommen, wenn beide Elternteile weiter arbeiten möchten/müssen?“, fragt Monica Prüßner-Claus. Eine prozentuale Beitragserhebung schon bei geringen Einkommen wäre gerechter, um eine Wertschätzung der Kinderbetreuung zu erhalten. &bdquo;So würden viele kleine Beiträge das große Ganze mitfinanzieren.“

FDP: Es seien noch viele Fragen offen, erklärt Carsten Möller. Die Beiträge anzupassen sei grundsätzlich notwendig. Es sei übrigens auch nicht zu erklären, warum Eltern in Lippe unterschiedliche Kita-Beiträge bezahlen müssen. &bdquo;Kreis und Kommunen sollten die Beiträge und deren Berechnung untereinander abstimmen.“ Dies fordern auch CDU und Freie Wähler.

Unabhängige Kreistagsmitglieder: &bdquo; Wir werden die neue Vorlage mittragen“, sagt Heike Görder. Die Beiträge teilweise verdoppeln zu wollen, sei schon heftig. Es sei immer noch teuer genug. &bdquo;Aber was wollen wir? Frühkindliche Bildung, Kita-Bereiche sind wichtig.“ Aber ohne Elternbeiträge gehe es nicht, Kita-Besuche seien ja im Gegensatz zur Schulpflicht freiwillig, und da sei es richtig, dass Mütter und Väter mit stärkeren Schultern auch mehr trügen.

Aufbruch C: &bdquo;Die geplante Erhöhung der Kita-Beiträge und die damit verbundene Verschiebung der Finanzierungslast auf die Eltern ist inakzeptabel“, betont Andreas Epp. Ein familienfreundlicher Kreis sehe anders aus. Es müsse gewährleistet sein, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichergestellt bleibe. &bdquo;Besonders wichtig sind uns die Familien mit mittleren Einkommen, die viele gestiegene Kosten tragen müssen.“ Ein Anstieg der Beiträge sollte in einem tragbaren Maß erfolgen.

&bdquo;Müsste weniger arbeiten“

Von einer Verdoppelung (316 auf 600 Euro) berichtet eine Familie mit drei Kindern aus Barntrup. &bdquo;Da mein Mann und ich berufstätig sind (ich arbeite in Teilzeit), zählen wir zu dem Personenkreis mit einem höheren Einkommen“, schreibt eine Mutter. Sollte der Höchstsatz demnächst bei einem jährlichen Familieneinkommen von 120.000 und darüber bei 668 Euro liegen, entspreche das einem Anstieg von 111 Prozent. &bdquo;Diese Mehrbelastung können wir nur schwer stemmen, wir haben neu gebaut, haben viele Verpflichtungen und als fünfköpfige Familie hohe laufende Ausgaben. Darüber hinaus ist diese enorme Steigerung in einem Schritt nur schwer nachvollziehbar und unverhältnismäßig.“ Die Konsequenz wäre, dass sie ihre Arbeitszeit weiter reduzieren und die Stundenbetreuung der Kinder von 45 auf 25 Wochenstunden herabsetzen müsse, außerdem müssten die Betreuungszeiten in der OGS reduziert werden. &bdquo;Das hätte für uns zur Folge, dass unser Familieneinkommen sinkt; wir jedoch auf Grund des niedrigeren Einkommens weniger Gebühren zahlen müssten und wir unterm Strich 50 Euro mehr zur Verfügung hätten, bei einer Reduzierung meiner Wochenarbeitszeit um zehn Stunden.“

&bdquo;4000 Euro mehr“

&bdquo;Mit Schrecken habe ich den Artikel über die Erhöhung der Kita-Gebühren im Kreis Lippe gelesen, schreibt eine weitere Leserin. &bdquo;Die Erhöhung macht für eine Familie mit zwei Kindern und einem Einkommen von 125.000 Euro eine Mehrbelastung von mehr als 4000 Euro im Jahr aus, und dies vor dem Hintergrund tendenziell personell schlecht ausgestatteten Kindertageseinrichtungen. Zu den Kita-Gebühren kommen noch Essensgeld und evtl. Beiträge zur OGS, wenn man Schulkinder in der Familie hat. Wir landen nun monatlich bei rund 1000 Euro für die Betreuung der Kinder, damit wir unseren Berufen nachgehen können.“

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