Kreis Lippe. Silvester bringt nicht nur Geselligkeit und ein farbenfrohes Spektakel, sondern auch Hektik und ein erhöhtes Unfallrisiko. Alkohol, überfüllte Straßen und Feuerwerkskörper fordern Rettungskräfte an diesem Abend mitunter im Minutentakt heraus. Doch im Stadtverkehr ist keine Rettungsgasse vorgeschrieben – was bedeutet das für Autofahrerinnen und Autofahrer?
„In erster Linie heißt es: Ruhe bewahren, umsichtig handeln und den Weg schnellstmöglich freimachen – das ist entscheidend, wenn Einsatzfahrzeuge bei einem Notfall im Stadtverkehr unterwegs sind“, erklärt Hendrik Reuter, verantwortlich für die TÜV Nord Station in Barntrup. Zwar sei eine Rettungsgasse weder in der Stadt noch auf einer einspurigen Landstraße vorgeschrieben, schon aus Platzgründen ohnehin schwierig. „Wer aber falsch reagiert, behindert nicht nur die Rettungskräfte, sondern riskiert auch Bußgelder und Folgeunfälle“, heißt es in einer Pressemitteilung des TÜV.
Gaffen verboten
Besonders problematisch sei das Gaffen. „Wer am Unfallort stehen bleibt, Fotos macht oder gar Videos aufnimmt, handelt nicht nur respektlos, sondern gefährdet aktiv andere. Dieses Verhalten kann Bußgelder oder sogar Freiheitsstrafen nach sich ziehen“, betont Reuter. Zudem erhöht Gaffen das Risiko von Auffahrunfällen und stellt zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar.
Doch wie verhält man sich am geschicktesten, wenn Blaulicht im Rückspiegel zuckt? Die Antwort des Fachmanns: Nähern sich Blaulicht und Martinshorn gelte es erst einmal, Ruhe zu bewahren, die Geschwindigkeit zu reduzieren, den Abstand zum Vordermann zu vergrößern und sich möglichst weit rechts am Fahrbahnrand zu halten, damit die Rettungskräfte problemlos passieren können.
Dabei sei es sinnvoll, das Fahrzeug parallel zur Fahrbahn auszurichten, damit kein Teil herausrage und den Weg blockiere. Freie Bushaltestellen oder Ein- und Ausfahrten seien gute Ausweichmöglichkeiten. Allerdings: „Werden dort an Silvester Böller oder Feuerwerksraketen gezündet, fährt man besser noch ein Stück weiter. Der Fußgängerweg darf in einer solchen Notsituation als Ausweichmöglichkeit genutzt werden, sofern dies gefahrlos möglich ist.“
Wer im Kreisverkehr unterwegs sei, drehe am besten eine Extrarunde, bis das Einsatzfahrzeug vorbeigezogen ist. Und natürlich gilt es auch hier, den Blinker zu verwenden, um den Einsatzkräften die eigene Ausweichrichtung anzuzeigen.
Kreuzungen freihalten
Gleichzeitig deren Fahrtrichtung immer im Blick behalten, um Kreuzungen nicht zu blockieren. Ist das Rettungsfahrzeug vorbeigefahren, sollte man sich umsichtig wieder einreihen und die Geschwindigkeit nur langsam anpassen. „Es kann jederzeit ein weiteres Einsatzfahrzeug folgen,“ warnt der Stationsleiter.
Was aber, wenn ich an der roten Ampel stehe und sich Blaulicht nähert? -Generell gilt an Ampelkreuzungen besondere Achtsamkeit – nicht nur in der Silvesternacht. Blitzer, oft als Starenkasten oder Säule getarnt, erfassen alle Fahrzeuge, die bei Rot über die Kreuzung fahren. Doch im Notfall gilt: Um Platz für Rettungsfahrzeuge zu machen, darf die Haltelinie überfahren werden – jedoch nur, wenn keine Gefahr besteht.
„Kreuzende Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer haben zu diesem Zeitpunkt eine Grünphase und die Einsatzfahrzeuge nicht unbedingt im Blick. Gerade an Silvester besteht auch die Gefahr, dass Fußgänger unter Alkoholeinfluss unachtsam die Straße überqueren“, warnt Reuter und ergänzt: „Wird ein Ampelblitzer ausgelöst, empfiehlt es sich, Datum und Uhrzeit zu notieren. So kann die Behörde den Vorgang besser prüfen - und der Geldbeutel bleibt verschont. Bei grüner Ampel gilt: Möglichst weit rechts anhalten, ohne die Kreuzung zu blockieren.“
Rettungskarte kann helfen
Überdies hat der TÜV Nord noch einen Tipp für alle Autofahrer parat: Für den Fall, dass man selbst in einen Unfall gerät, sei die Rettungskarte ein unverzichtbarer Begleiter. Farbig ausgedruckt sollte sie hinter der Sonnenblende auf der Fahrerseite verwahrt werden. „Eine Rettungskarte kann im Ernstfall entscheidende Sekunden bringen“, erklärt Reuter.
Das sieht übrigens auch der Allgemeine Deutsche Automobilclub so: „Die Rettungskarte hilft Feuerwehr und anderen Einsatzkräften dabei, Unfallopfer aus ihrem Fahrzeug zu befreien.“ Sie zeige, an welcher Stelle ein Fahrzeug aufgeschnitten werden kann und ermögliche so eine schnellere Rettung der Insassen.
Für jedes Fabrikat lassen sich solche Rettungskarten aus dem Internet herunterladen. Man sollte sie sich in Farbe ausdrucken und mit der bedruckten Seite nach außen gefaltet hinter der Sonnenblende des Fahrers im Auto festklemmen. Unterschiedliche Anbieter, unter anderem ADAC oder auch der TÜV Nord, halten Aufkleber bereit, an denen Rettungskräfte auf Anhieb sehen, dass es eine solche Rettungskarte im Wagen gibt. Die sollten die Fahrzeughalter am linken oberen unteren Rand der Windschutzscheibe anbringen - außerhalb des direkten Sichtbereichs des Fahrers.