Kreis Lippe. Die Sandwich-Position zwischen Job und Familie kennen in Zeiten zunehmender Doppelverdiener-Ehen immer mehr Mamas und Papas. Aus der Not, beruflich stark eingespannt zu sein, abends aber dennoch was Gesundes auf den Tisch zu bringen, hat Minever Zevker (41) eine Tugend gemacht: Die gebürtige Detmolderin mit Kontakten zur Technischen Hochschule (TH) OWL in Lemgo hat das Start-up „Miss Mineva’s“ aufgebaut und vertreibt nun fermentiertes Suppenpulver. Mit mehr als 20 Supermärkten in Ostwestfalen-Lippe plus Online-Shop spricht Minever Zevker von einem „Testlauf“. Noch – denn ab Herbst will sie den entscheidenden Zahn zulegen.
Mit ihrer Gründergeschichte ist Minever Zevker ein Vorbild für das von der Hochschule hochgehaltene Förder- und Netzwerkprogramm mit dem Titel „Exist-Women“. Dieses unterstützt nach Angaben von TH-Mitarbeiterin Carina Fobbe gezielt Frauen, sich mit ihren innovativen Geschäftsideen selbstständig zu machen.
Ein Geistesblitz im Sauerland
Bei Zevker kam der Geistesblitz bei einer Wanderung im Sauerland: Selbst im Produktmanagement und Marketing tätig sowie mit einem Ehemann im Vertrieb, also viel auf Achse, war die Firmengründerin in ihrer Wahlheimat Bielefeld auf der Suche nach einer einfachen Möglichkeit, „zeitsparend, also praktikabel, möglichst viel Gemüse für die Kinder zu kochen“. Denn einfach sei das nicht – angesichts des begrenzten Zeitbudgets, das Eltern bleibt.
Dann aber hatte eine Freundin – als Urlaubsmitbringsel – fermentiertes Suppenpulver im Gepäck. „In Teilen Südeuropas gilt das als ,Wundersuppe“, weiß Minever Zevker mit Blick auch auf die eigene Familiengeschichte. „Fermentation ist eigentlich so clever, aber bei mir war das in Vergessenheit geraten“, räumt die Geschäftsfrau ein. Sie kochte das Reise-Andenken auf ... aber der Geschmack war den Kindern etwas zu eigen. So entstand die Idee, die traditionelle Suppe zu überarbeiten und neu zu interpretieren. Noch heute ist die Familie erster Tester für Rezepturen und Prüfstelle, die – mal mit Nudeln, mal mit veganer Wurst oder Hähnchen dazu – eingespannt wird.
Durchbruch in der Bielefelder Küche

Kurze Zeit nach dem Fermentationsdebüt standen viele Gläser in der Bielefelder Küche. Mit einer eigenen Rezeptur ohne Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Zusatzstoffe, Palmöl, Industriezucker, Stärke, Weizenmehl & Co., dafür mit zerkleinertem, aber höherem Gemüseanteil, Hülsenfrüchten und dem Backofen als Trocknungsbeschleuniger legte Zevker los. Das schlug so gut ein, dass Freunde immer öfter eine Portion mitnehmen wollten.
„Fermentation liegt halt voll im Trend“, ist sich Zevker sicher. Bei der 41-Jährigen machte es klick: Womöglich könnte man das Ganze auch an den Markt bringen? Eine gute Frage, aber wo war die Antwort?
Zweifel und Marktanalyse
Denn: Postwendende Zweifel gab es natürlich auch: „Normale“ Tütensuppe habe nach Ansicht der Gründerin kein Top-Image, wie sollen potenzielle Käufer die Unterschiede erkennen? Kann man Tütensuppe auch neu definieren?
Marktanalyse war angesagt, wobei die TH OWL, insbesondere das Gründungszentrum „Campus Foundery OWL“ und das mit Maschinen zur Nahrungsmittelherstellung ausgestattete „FoodLab“, ins Spiel kamen. „Die Menschen hier haben mich mit meinen Ideen sofort ernstgenommen“, ist Zevker immer noch begeistert.
Professionelle Unterstützung und Netzwerke
„Ein wichtiger Punkt ist, dass Gründer erkennen, dass es für spezielle Fragen immer Experten gibt“, sagt Britta Schattenberg vom Fachbereich Lebensmitteltechnologie. Auf Vermittlung des Paderborner Gründungszentrums „Garage 33“ bekam Zevker eine Mentorin an die Seite gestellt, die eine Design-Agentur vermittelte. Logo, Webseite, die bunte Produktverpackung, ... all das nahm nun seinen professionellen Lauf.

Klar ist: Zu Hause die angedachten Mengen Suppenpulver herstellen? Undenkbar! Eine regionale Produktion in OWL aber schon. Dort fermentiert man seit mehr als 100 Jahren – mit Suppen aber war das neu. „Also haben wir eineinhalb Jahre gemeinsam entwickelt und getüftelt“, erinnert sich die Start-up-Chefin. Dass das ebenfalls benötigte Verpackungsunternehmen direkt mit in die Firma einstieg: ein Riesenglück.
Vom Nebenerwerb zum Vollbetrieb
Dem Nebenerwerb ist „Miss Mineva’s“, obgleich noch zwischen Test- und Vollbetrieb, inzwischen entwachsen. „Natürlich hatte ich – ohne Plan B im Gepäck – auch Angst vor dem Scheitern. Aber ich war genügend besessen von meiner Idee“, nennt Zevker eine für Gründerinnen und Gründer gute Startbedingung. Seit dem Erstverkauf Mitte November 2024 in anfangs 15 Supermärkten sind OWL-weit mittlerweile 22 zusammengekommen.
Auch in Lippe ist das „Suppenwunder“ zu haben: bei Edeka Voth und den „Komplizen der Region“ in Lemgo, sowie ab dieser Tage auch beim Rewe Horst am Hasselter Platz in Detmold. In gerade Mal vier Monaten hat die Gründerin so 13.000 Produkte verkauft, sowohl Vorratsdosen als auch Tüten zu zwei Portionen. „All das noch ohne echte Werbung“, betont die 41-Jährige.
Zukunftspläne und Expansion
Für Herbst stehen weitere Produktkategorien, die noch geheim sind, auf der Liste. Außerdem laufen die Gespräche mit den Zentralen von Supermarktketten. Kann Minever Zevker dort punkten, landen ihre Suppen & Co. nicht nur in einzelnen Filialen, sondern gleich serienmäßig im Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels. „Ich glaube die Fermentation zugunsten von Vitaminen, Gemüse, Proteinen und Ballaststoffen hat in unserer schnelllebigen Zeit einfach ihre Berechtigung“, glaubt Zevker, dass sich ihre Suppen durchsetzen.
Neben der Einzelhandelsschiene und dem eigenen Online-Shop schielt die gebürtige Detmolderin auch auf die sogenannte Business-to-Business-Sparte: also den Vertrieb des „Suppenwunders“ in Pflegeheimen, Kliniken und Kitas.
Netzwerken und Zusammenarbeit
Als großes Glück beschreibt die „Miss Mineva’s“-Chefin bei all dem ihre zwei Mitgründer. „Mein Ratschlag ist wirklich: Egal, wie sehr du für die Idee brennst, gründe trotzdem nicht alleine – denn das ist sehr einsam.“ Entscheidend seien vielmehr oft die Gespräche, die Beratungen, das Netzwerken, sodass sich Minever Zevker unter anderem auch auf der „Grünen Woche“ in Berlin blicken ließ und im Netzwerk „FoodHub NRW“ engagiert.
Auch das hinter der Förderung „Exist-Women“ stehende Netzwerk habe entscheidende Kontakte gebracht. „Die richtigen Ansprechpartner zu finden, ist der Schneeball-Effekt, den man braucht.“ Apropos Schneeball-Effekt: Die erste Produktion für „Miss Menava’s“ war gerade mal eineinhalb Tonnen schwer. Aus Sicht dessen, was der kommende Herbst bringen soll, „echt süß“, fasst Minever Zevker ihre Story zusammen.