Kreis Lippe. Frauen gründen deutlich seltener eine Firma als Männer. Das Verhältnis beträgt etwa ein Drittel zu zwei Drittel, sagt Carina Fobbe von der Technischen Hochschule (TH) OWL mit Verweis auf Zahlen aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Allein die Familienplanung, die die Mütter meist immer noch intensiver in Beschlag nimmt, sei ein Hemmschuh. Mit der Beteiligung an dem Förderprogramm „Exist-Women“ arbeitet die TH OWL gegen den Trend, damit Frauen als Gründerinnen nicht mehr im Schatten stehen.
Mehr Unternehmensgründungen für Deutschland
Deutschland würden mehr Unternehmensgründungen gut tun, das steht außer Frage. Bei der Grundlagenforschung ist man zwar vielfach vorne dabei, das Ganze aber in Start-ups, Patente und mittelständische Firmen zu übersetzen, daran hapert es nach Ansicht von Experten. „Ziel muss sein, die hohe Eintrittshürde zu senken“, unterstreicht Fobbe. „Das kann beispielsweise eine finanzielle Frühförderung sein, mit der man eine Idee austesten kann, ohne sich direkt zu verschulden“, ergänzt Lebensmitteltechnologin Britta Schattenberg. „Dann klappt es auch, sich dafür drei Monate rauszunehmen.“
Motivation und Kommunikationsfähigkeit zählen
Gründungsinteressierte Studenten werden an der TH OWL früh abgefangen – mit oder ohne Idee, mit oder ohne Prototypen, mit Team oder ohne ... Da ist zum einen der Master-Studiengang „Applied Entrepreneurship“, bei dem junge Menschen interdisziplinär an ihrem Gründungsprojekt arbeiten können. Und da ist das Gründungszentrum „Campus Foundery OWL“, in dem alle Fäden zusammenlaufen. So auch die von „Exist-Women“, dem Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums, das auf Frauen zugeschnitten ist.
Jüngst fand an der TH OWL der Jurytag statt, bei dem erneut die Fördergelder vergeben werden konnten. Bei dem Jurytag präsentierten sich 30 Bewerberinnen mit ihren noch vergleichsweise frischen Ideen vor der Jury, bestehend aus Katrin Kollodzey, Gründerin eines Second-Hand-Ladens für Kinderkleidung in Detmold, Katrin Thaler, Geschäftsführerin des Kreativ Campus Detmold, Kommunikationsexpertin Antje Meier vom Innovation Campus Lemgo sowie Gründungscoach Heike Timmermann.
Beeindruckende Bandbreite an Ideen
Was vor allem zählte, waren Motivation und Kommunikationsfähigkeit. Die Idee, die bei allen im Anfangsstadium steckt, sollte nicht überbewertet werden. Acht Stipendiatinnen wurden gefunden: „Sie bringen eine beeindruckende Bandbreite an Ideen mit“, ist Fobbe überzeugt und zählt auf: „Von nachhaltigen Designkonzepten über digitale Bildungsplattformen bis hin zu innovativen Lösungen für die Kreislaufwirtschaft und AI-gestützte Recycling-Apps ist einiges dabei vertreten.“
So will beispielsweise Britta Schattenberg eine Plattform entwickeln, die Buchveröffentlichungen einfacher macht, Pia Büttner plant ein Kreislaufwirtschaftsmodell für Schuhe, Paula Bansmann setzt auf Teppiche als erzählerisches Medium. Azie Gertrude Obianuju plant eine AI-gestützte App, die Abfallarten erkennen kann, Aliya Dilara Arcak eine Raumhülle, die als Rückzugsort dienen soll, und Maren Oscenda nachhaltige Möbel aus Produktionsabfällen. Jasmin Schockenbaum hat eine digitale KI-Lernplattform für Mathe im Blick; und Lara-Kathrin Piche will die Lebensdauer von Sperrmüll-Spanplatten verlängern. „Die Vielfalt zeigt, wie kreativ und innovativ Frauen in der Gründungsszene sind. Es lohnt sich, sie gezielt zu fördern“, sagt Fobbe. Im nächsten Jahr sollen Workshops den möglichen Gründerinnen beim Netzwerken helfen.