„aLive“: So füllen Wöbbel, Reelkirchen, Bad Meinberg und Leopoldstal die Kirchen

Bad Meinberg/Belle/Reelkirchen/Leopoldstal/Wöbbel . &bdquo;Stell Dir vor, es ist Gottesdienst, und die Leute gehen hin.“ Für viele Kirchengemeinden eine Utopie: In Zeiten, in denen Menschen sich eher von der Amtskirche abwenden, sind manche Seelsorger schon froh, wenn sie beim Sonntagsgottesdienst 30 Leute am Tisch des Herrn versammeln können. In den Kirchengemeinden Wöbbel, Reelkirchen, Bad Meinberg und Leopoldstal ist allerdings ein Gottesdienstformat gewachsen, das Zukunft zu haben scheint und Hunderte Besucher anzieht: &bdquo;aLive“ heißt das Schlüsselwort.

Am Anfang stehen zwei Fragen: &bdquo;Was brauchen die Menschen?“ und &bdquo;Wie tragen wir die Botschaft Gottes weiter?“ Dass letzteres mit den althergebrachten Methoden nicht mehr gut funktioniert, weil die Form teilweise an der Lebenswirklichkeit der Leute vorbeigeht, darin sind sich Dr. Gregor Bloch, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Bad Meinberg, und Holger Postma, Pfarrer der Kirchengemeinde Wöbbel und Superintendent der Klasse Ost in der Lippischen Landeskirche, einig. Zwei Seelsorger, die gern ein wenig von ausgetretenen Pfaden abweichen, zwei Musikverrückte, zwei &bdquo;Spinner“, wie Holger Postma es lächelnd nennt.

Die Beatles stehen Pate 2021 haben sie mal bei einem Rotwein gesessen, Gregor Block spielte ein paar Beatles-Songs, da ploppte er auf, der Gedanke: &bdquo;Lass uns doch mal einen Beatles-Gottesdienst abhalten.“ Aus dem Gedanken wurde gleich eine ganze Band, und wenig später war &bdquo;aLive“ geboren, die im Sommer 2022 erstmals bei einem Gottesdienst auf der Bühne stand. Seither gibt es drei bis vier aLive-Gottesdienste pro Jahr, immer mit einem Schwerpunktthema. Es blieb nicht bei den Beatles, hier waren James-Bond-Songs genauso vertreten wie Ed Sheeran oder im März dieses Jahres Coldplay in der Kirche zu Wöbbel.

Der Spielort wechselt durch die vier Gemeinden, die Band gibt den Ton an: Lebendig, Live und am Leben – eben &bdquo;aLive“. Der Name ist Programm, klingt nach Lebensfreude und irgendwie ein Stück nach österlicher Auferstehung. Mit Liedern, deren Texte immer auch einen Bezug zum Alltag haben. Längst ist das keine Frontshow mehr, alle sollen sich einbringen. Die Texte werden in großen Lettern vorn auf der Bühne gezeigt, damit die Leute mitsingen können, eine Art großer Karaoke-Chor mit Band.

Magnet für junge Leute Mitgestalten, das bezieht sich nicht nur auf die Musik. Der Bezug zu den Liedern ist zwar da. &bdquo;Aber ich glaube, wir schaffen es, die Musik mit Inhalt zu verbinden“, erklärt Holger Postma. &bdquo;Irgendwie hat sich daraus eine ganze Bewegung entwickelt“, berichtet Gregor Bloch. &bdquo;Wir haben mittlerweile eine ganze Reihe von Leuten, die sich in die inhaltliche Vorbereitung und Gestaltung der Gottesdienste einbringen. Abgesehen vom Beitrag unserer Band haben wir dabei kaum noch damit zu tun“, ergänzt Gregor Block. Es sei ein Vorbereitungsteam aus jungen Erwachsenen, aber auch Menschen jenseits der 40. Mittlerweile hat sich auch noch ein Jugendformat gebildet.

Gottesdienst mit eingebautem Essen Das Ein-Mann – oder Eine-Frau-Show-Prinzip – im traditionellen Gottesdienst aufzubrechen, ist in vielen lippischen Kirchengemeinden das Ziel, doch nur selten wird es so radikal praktiziert. Das betrifft auch den Ablauf: &bdquo;Bei all’ unseren aLive-Gottesdiensten gibt es zwischendurch auch etwas zu essen und zu trinken. Wir begreifen das nicht als Pause, es ist mehr die Chance, sich zwischendurch bei einer Currywurst oder so im direkten Gespräch zu begegnen“, beschreibt Postma das ungewöhnliche Konzept. &bdquo;Das Essen ist wirklich Teil des Gottesdienstes. Hier schreibt einem keiner vor, was er machen soll.“ Dabei kommen nicht nur die üblichen Verdächtigen zusammen: &bdquo;Bei diesem Format sehen wir immer mehr Menschen in der Kirche, die sonst überhaupt nicht kämen, auch Leute von außerhalb.“ Für Bloch ist das ein Zeichen, dass dieser Weg ein guter ist.

Mehr als nur ein bisschen Klamauk Nun könnten Kritiker natürlich einwenden, dass hier nur ein bisschen Klamauk Leute ins Gotteshaus locken soll. Doch für die beiden Pfarrer ist das viel mehr: &bdquo;aLive ist der Versuch, Christsein in der Kirche auf moderne Art zu leben“, bringt es der Superintendent auf den Punkt. Dass die beiden gemeinsam mit ihren Mitstreitern einen Nerv getroffen haben, steht für sie außer Frage: &bdquo;Wir erreichen bis zu 100 oder sogar manchmal 150 Leute auf einmal.“

Pop-Musik und biblische Botschaft, das kann zusammenpassen. Denn oft stecken hinter den oberflächlich wirkenden Texten bei näherer Betrachtung auch Themen, die die Menschen im Innersten bewegen und sehr wohl etwas mit Religion zu tun haben können. Sie werden im Wortteil entsprechend aufgegriffen: Liebe, Verlust, Tod – existenzielle Themen. Beispielsweise bei dem Gottesdienst mit ABBA-Songs. &bdquo;Da ging es unter anderem um den Auszug aus Ägypten, da passte einfach alles zusammen, ich kriege jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke“ – Holger Postma schwelgt in Erinnerungen.

&bdquo;Die aLive-Gottesdienste verändern den Zugang zur Botschaft“, ergänzt er. &bdquo;Wir kommen nicht von der theologischen Warte und schauen, wie wir sie verkaufen können, sondern gehen den umgekehrten Weg: Was bewegt die Menschen, was brauchen sie?“

Wer nun denkt, bei diesem Gottesdienstformat sei es geblieben, der kennt die beiden Seelsorger schlecht, denn sie haben auch noch ein Festival daraus entwickelt: Größer zu denken, ist genau das Ding für sie und ihre Mitstreiter. 2023 war dann die Premiere: Drei Tage am Beller Freibad, das 3-Days-aLive-Festival mit drei Gottesdiensten, drei Konzerten und vielen Aktionen für Familien. Ein Riesenevent, das an die 1000 Menschen ins Beller Freibad brachte.

Neuauflage im Beller Freibad Und nun gibt es eine Neuauflage am Freitag, 4. Juli, mit einem Coldplay-Gottesdienst ab 18 Uhr, an den sich um 20.30 Uhr ein Konzert mit Singer-Songwriter Cosmo Klein anschließt, der schon im Red Horn-District für volles Haus gesorgt hat. Am Samstag, 5. Juli, spielt nach dem Disney-Gottesdienst rund um den König der Löwen die Band &bdquo;Die Wohltäter“ und am Sonntag, 6. Juli, startet ab 11 Uhr der ABBA-Gottesdienst 2.0, an den sich ein Kinder- und Familienprogramm mit der Kinderrockband KraWallo anschließt. Die Gottesdienste sind für Jedermann frei, Tickets für die Konzerte gibt es unter alive@meinekirche.info oder an der Abendkasse.

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