Wie bekommt man einen Picasso nach Schwalenberg?

Kreis Lippe. Was macht das Landesmuseum mit den zahllosen Stücken in seinem Magazin? Wie bearbeitet es archäologische Funde? Was bedeutet Live-Musik in Streamingzeiten, was heißt das für Labels, und kann man große Veranstaltungen heute überhaupt noch wie früher wuppen? Wie macht man eine Kunst-Ausstellung? Solche Fragen will die LZ in den Sommerferien beantworten - und wirft Blick hinter die Kulissen des Kultur-Betriebs.

Los geht es heute mit der Kulturabteilung des Landesverbands, die immer wieder Ausstellungen mit Arbeiten von weltberühmten Künstlern macht. Wie kommen die nur an einen Picasso?

Dix, Warhol, Matisse, Dalí, Chagall ... Dr. Mayarí Granados ist die Kulturreferentin des Landesverbands und hat schon jede Menge Ausstellungen organisiert. In der Städtischen Galerie in Schwalenberg gab es dieses Jahr Werke von Marc Chagall zu sehen. Arbeiten von Matisse und Picasso hingen 2020 an den Wänden - und 2017 gab es Max Beckmann, Georges Braque, Marc Chagall, Salvador Dalí, Otto Dix, Horst Janssen, Henri Matisse, Joan Miró, Pablo Picasso und Andy Warhol. Wie bekommt man Arbeiten solcher Künstler, die normalerweise doch nur in den großen Museen der Welt zu sehen sind, ins kleine Schwalenberg?

Eigentlich ganz einfach. &bdquo;Es kommt in der Kunstwelt sehr auf die persönlichen Kontakte und Netzwerke an“, sagt Mayarí Granados, die seit 2006 beim Landesverband beschäftigt ist. Am Anfang habe sie schon regelrecht Klinken putzen müssen, um qualitativ hochwertige Ausstellungen zusammenzustellen und an entsprechende Objekte zu gelangen. Aber inzwischen habe sich der Spieß umgedreht und Sammler, Museen und Galerien würden auf sie zukommen: &bdquo;Aus dem anfänglichen Stress ist Komfort geworden.“

Auf die Kontakte kommt es an Die Kulturabteilung des Landesverbands habe sich mit ihren Ausstellungen im Laufe der Jahre einen guten Ruf erarbeitet – mit konsequent hoher Qualität und guten Arbeitsbedingungen in der Städtischen Galerie in Schwalenberg und in den anderen Ausstellungs-Räumlichkeiten sowie einer entsprechenden Infrastruktur für Klima, Luftfeuchtigkeitsregulierungen und Licht und generell einer professionellen und guten Abwicklung. &bdquo;Manchmal“, sagt Mayarí Granados, &bdquo;sind Leihgeber zum Beispiel hellauf begeistert darüber, wie ihre Bilder von uns verpackt werden.“ Der Landesverband mache das in der Regel selbst und sei in der glücklichen Lage, Bilder auch selbst transportieren zu können und einen Mitarbeiter zu haben, der sich damit gut auskenne sowie diverse Fortbildungen mit ausgewiesenen Fachleuten und Experten zum Transport von Kunst und den praktischen Umgang mit Kunst in Ausstellungen absolviert habe.

Das sind also zunächst die Voraussetzungen. Und wie kommt der Picasso dann nach Schwalenberg? Leihgeber sind in der Regel Museen, Galerien oder private Sammler. Ausstellungen werden unter einem Thema kuratiert, und &bdquo;dann kann ich mir inzwischen im Grunde aussuchen, was ich zeigen will“, sagt Mayarí Granados deutlich erfreut. Oder es gibt feste Bundles, die von Galerien, Kunsthändlern, Museen oder privaten Leihgebern angeboten werden. &bdquo;Dann wird eine Wander-Ausstellung angeboten – und man schaut, ob das etwas ist, das man zeigen könnte und möchte.“ Daraus seien schon langjährige Partnerschaften entstanden, zum Beispiel mit Sundermann Fine Art aus Würzburg. &bdquo;Herr Sundermann hat mir auch einmal gesagt, dass man einen sehr langen Atem braucht“, erklärt Granados.

Mit Qualität einen Ruf erarbeitet Das sei der Fall, denn wenn zum Beispiel private Sammler Leihgaben anbieten würden, dann müssten diese auch in ein Konzept passen, das unter Umständen lang vorbereitet werden müsse. &bdquo;Als wir Marc Chagall gezeigt haben“, erklärt sie, &bdquo;hatte das einen Vorlauf von zwei Jahren, und natürlich war klar, dass zum 40. Todestag auch andere Ausstellungen machen würden und es schwierig sein könnte, an Leihgaben zu kommen.“ Außerdem gebe es Wellen des Interesses an Künstlern. Vor einer Reihe von Jahren hätte man Warhol-Drucke für 5000 Euro kaufen können, die heute 100.000 Euro kosten würden, weil das Interesse an Pop Art gestiegen sei.

Und sind die Leihgeber deswegen so willig, ihren Besitz zu zeigen? Weil sie ihn anbieten und verkaufen wollen? &bdquo;Nein“, sagt Mayarí Granados. &bdquo;Sie wollen die Künstler zeigen. Nur darum geht es. Bilder werden nicht besser dadurch, dass sie im Archiv schlummern. Und es geht darum, dass die Besitzer das Interesse an den Künstlern im öffentlichen Bewusstsein erhalten oder steigern möchten. Teilweise möchten sie sowieso nicht gern verkaufen, denn: weg ist weg.“ Ein Museum zum Beispiel zeige in der Regel nur zehn Prozent dessen, was im Depot schlummert.

Originale sind keine Unikate In der Regel gibt es in Schwalenberg aus guten Gründen aber vor allem Grafik von den weltweit renommierten Künstlern mit großen Namen zu sehen. &bdquo;Ein Gemälde von Picasso zu zeigen – das könnten wir uns gar nicht leisten“, erklärt die Kulturreferentin. Für ein Millionen Euro teures Ölbild seien einerseits die Versicherungssummen zu hoch. Es benötige außerdem für den Transport extra Klimakisten. Bei Grafiken sei das anders. Die hätten Künstler oft in bestimmten Auflagen angefertigt, um sie zu verkaufen und Geld zu verdienen. &bdquo;Dabei handelt es sich dann um Originale, wenngleich nicht um Unikate, und diese haben einen deutlich geringeren Versicherungswert“, schildert die Expertin. Und natürlich gelte es sowieso, Sicherheitsstandards zu erfüllen, die bei einem Picasso-Gemälde andere sind als bei einer Picasso-Lithographie.

Oft, sagt sie, gebe es außerdem Absprachen mit Leihgebern und innerhalb von Kunst-Netzwerken. Dann sei vereinbart, dass man sich gegenseitig keine Leihgebühren berechne – der Landesverband hat mit seinem enormen Kunst-Besitz ja ebenfalls etwas in Gegenleistung zu bieten. Verwaltungsgebühren fielen natürlich mal an: &bdquo;Bilder müssen aus dem Fundus gesucht, für eine Ausstellung gerahmt werden und mehr – da fallen natürlich Kosten an.“

Also eine hohe und gleichbleibende Qualität von Ausstellungen, persönliche Kontakte und ein Top-Netzwerk – ohne das geht es nicht. Und im Fall von Schwalenberg kommt noch ein ganz anderer Ruf hinzu, der Leihgeber aufmerksam macht und immer mehr private Sammler darauf bringt, mit Mayarí Granados Kontakt aufzunehmen und Werke für Ausstellungen anzubieten: &bdquo;Das ist die Tatsache, dass man Schwalenberg kennt und weiß, dass es einmal die größte Künstlerkolonie in NRW gewesen ist.“ Die Mitgliedschaft in EuroArt, der Europäischen Vereinigung der Künstlerkolonien, trägt außerdem zu dem Renommee bei, das einem Picasso den Weg in die Malerstadt bereitet.

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