„Unser Aushängeschild“: Der Hermann in Detmold wird 150

Detmold. Der Hermann feiert Geburtstag, und was für einen: 150 Jahre wird das Wahrzeichen der Region alt. Der Recke machte zuletzt im Arminia-Trikot bundesweit Schlagzeilen. Das Denkmal ist wie der Kölner Dom eines der prägenden Markenzeichen Nordrhein-Westfalens. Ein Touristenmagnet erster Güte, das man gesehen haben muss, das von Familien, Schulen, Vereinen angesteuert wird und zu allen Zeiten angesteuert wurde. Mehr als 500.000 Besucher kommen jährlich, jeder dritte zum wiederholten Mal – und geben Geld aus. Knapp 24 Euro lassen die Besucher im &bdquo;Land des Hermann“, weiß die Lippe Tourismus und Marketing GmbH. Es profitieren Gastronomie und Handel.

Jörg Düning-Gast, Vorsteher des Landesverbandes Lippe, ist als Hausherr stolz. Lippe sei schon immer etwas ganz Besonderes gewesen - &bdquo;eine wunderbare Mischung aus Freiheitsdrang und Solidarität“. Wer könne das besser symbolisieren als der Hermann. &bdquo;Deshalb ist er besonders wichtig für Lippe und deshalb auch durch den Landesverband mit höchster Priorität zu pflegen und zu entwickeln. Er ist unser Aushängeschild, kann Orientierung im Miteinander geben und bleibt auch in Zukunft ein Grund für Stolz - auf Lippe!“

NRW und Landesverband investieren Millionen Wenn nun am 16. August von 11 Uhr an das große Familienfest gefeiert wird, gibt es rund um das Denkmal ein buntes Programm mit vielen Kinderaktionen, einem Beatles-Musical, einem mittelalterlichen Markt, Talkrunden und Klettermöglichkeiten – und der Gelegenheit, das vor einem halben Jahr eröffnete &bdquo;Hermanneum“ zu erkunden. Dort gibt es zahlreiche interaktive Elemente der neuen Ausstellung rund um den Hermann, seine historische und identitätsstiftende Bedeutung sowie den Erbauer Ernst von Bandel. Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte es im November eingeweiht, und der Landesverband Lippe wird mit Millionenzuschüssen des Landes dort weiter investieren: Das komplette Areal wird für fünf Millionen Euro nach der Geburtstagsfeier weiter aufgewertet, Wanderweg-System und Parkplätze in Angriff genommen. Vieles ist schon passiert, die Fläche zwischen Restaurant, dem Wanderkompetenz-Zentrum WALK und dem Hermanneum deutlich aufgehübscht.

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150 Jahre sind aber natürlich auch ein Anlass zur Rückschau: Im Sommer 1875 von Kaiser Wilhelm eingeweiht, erinnert das von dem Architekten und Bildhauer Ernst von Bandel errichtete Denkmal an den Cheruskerfürsten Arminius, &bdquo;insbesondere an die Schlacht im Teutoburger Wald“, wie der Landesverband Lippe selbstbewusst betont. Favoritin in der Diskussion um den tatsächlichen Schauplatz der Schlacht ist - das sei der Form halber erwähnt - indes Kalkriese. &bdquo;Heute ist den meisten Archäologen allerdings völlig egal, wo diese Schlacht war“, ordnet Karl Banghard, Direktor des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen und Buchautor, schlichtend ein: &bdquo;Viel wichtiger an der Erforschung dieser Zeit ist, das wir wie nirgendwo sonst erforschen können, wie die Römer einen Landstrich unter ihren Fiskus gebracht haben, aussaugen, erschließen wollten. Sie waren ja nur 30 Jahre da“

Hermannsdenkmal von Rechten instrumentalisiert Wie dem auch sei: Durch die Schlacht sei Arminius die Vereinigung der germanischen Stämme gelungen. &bdquo;Deshalb wurde er zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einer der Symbolfiguren der nationalstaatlichen Einigungsbewegung stilisiert“, erklärt der Landesverband. Als solche Symbolfigur hat das Denkmal immer auch die Extreme Rechte angezogen. Im November 2018 war es beispielsweise gelungen, da oben eine Versammlung zu verhindern, indem gesellschaftliche Gruppen miteinander demonstriert haben. Der damalige AfD-nahe &bdquo;alternative Kulturkongress“ mit Björn Höcke hatte in der Folge dort nicht getagt, sondern war nach Augustdorf ausgewichen

&bdquo;Die extremen Rechten sehen in ihm einen Germanen, und die Germanen sind für sie Vorbilder für Rasse, für Reinheit, für Überlegenheit. Echte Männer“, erklärt Rechtsextremismusforscher Jan Raabe das. &bdquo;Es ist ja kein Zufall, dass im Nationalsozialismus der wichtige Landtagswahlkampf 1933 hier in Ostwestfalen zu einem Entscheidungswahlkampf aufgebaut und damals schon dieses Schlagwort ,Hermannsland’ popularisiert worden ist.“ Das gehe auf die völkische Bewegung der 20er und auf den Nationalsozialismus der Dreißigerjahre zurück.

150 Jahre: Was zum Geburtstagsfest am Hermann geplant ist

Und, können wir die Deutungshoheit von den Rechten auf Dauer zurückgewinnen, das Denkmal als Friedenssymbol etablieren? Michael Zelle, Direktor des lippischen Landesmuseums, lobt die Lockerheit der Trikotaktion, relativiert aber: &bdquo;Dies hielt natürlich für wenige Wochen an und verflüchtigt sich - ein Gag. Aber vielleicht gibt es ja noch andere Möglichkeiten. Wenn wir einen europäischen einheitlichen Staat schaffen, in welcher Struktur auch immer, dann sind diese Denkmäler-Typen wie der Hermann nicht mehr so unendlich wichtig und haben vielleicht einen Status, so wie antike Denkmäler wie sie beispielsweise die Nofretete für uns heute haben: ästhetisch, faszinierend, geheimnisvoll.“

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