Geruch bis Geschmack: Wie Brotsommelier und Fleischprüfer Produkte in Detmold bewerten

Kreis Lippe. Es sieht aus, als wolle er das Brot direkt mit der Nase inhalieren. So dicht hält der staatlich geprüfte Brotprüfer Maik Wegner das Testobjekt vor sein Gesicht. Der Brotkenner weiß eben genau, was er tut. Bei der jährlichen Brot- und Wurstprüfung der Fachinnung in der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Detmold nimmt sich Wegner das liebste Nahrungsmittel der Deutschen vor. Direkt nebenan geht es außerdem um die Wurst - da warten die Würstchen im Wasserbad auf kritische Gaumen.

Mit der freiwilligen Qualitätskontrolle fordern sich die teilnehmenden Betriebe selbst heraus. Das Ziel: die eigenen Produkte zu testen und immer wieder weiterzuentwickeln. Insgesamt 170 Brote hat der Prüfer der Deutschen Brotstiftung bei der Aktion auf dem Marktplatz in Detmold dieses Jahr vor sich liegen. Nichts für den glutenschwachen Magen. &bdquo;Das schafft man natürlich nicht an einem Tag“, sagt Wegner. Nach 50 Testbroten sei Schluss, dann brauche sowohl der Geruchs- als auch der Geschmacksinn eine Pause.

Riechen, sehen, schmecken Aber wie lässt sich herausfinden, dass ein Brot, so wie es ist, optimal ist? Maik Wegner macht sich als Brotprüfer auf die akribische Suche nach Brotfehlern. Das fängt schon bei der Optik an. Wenn ein Leib ungleichmäßig mit Mehl bedeckt ist, sei das schon problematisch. Gleiches gelte für eine viel zu dunkel gebackene Kruste. &bdquo;Dann macht man den Riechtest“, sagt der Experte. &bdquo;Riecht es verkohlt, dann war das Brot offenbar zu lange im Ofen - und ist verbrannt.“

Das gibt natürlich keine Pluspunkte. Aber nicht nur das Äußere mache ein gutes Brot aus, genauso schaut der Prüfer auf die Struktur - also die Fluffigkeit - beim Schneiden. Hier komme es auf die Gleichmäßigkeit des Teiges an. Ein Brot, das in der oberen Hälfte locker sei und dann immer fester werde, sei nicht optimal hergestellt. Da passe was nicht. Auch das gebe Punktabzug.

Ein entscheidendes Qualitätsmerkmal lässt sich dagegen ganz simpel mit dem Finger herausfinden: Die Elastizität. &bdquo;Drückt man den Finger rein, darf im Optimalfall keine dauerhafte Kuhle entstehen“, sagt Wegner. Schließlich müsse man eine Scheibe Brot vernünftig schmieren können, sonst stimme etwas mit der Struktur nicht.

Lehren eines Brotsommeliers Beim Riechen erfährt der Prüfer ebenfalls einiges über das Testobjekt. &bdquo;Auch hier geht es darum: Gibt es Fehlgerüche?“ Das ist der Fall, wenn ein Brot &bdquo;sehr säuerlich oder gar muffig riecht“, sagt Wegner. Das sei ein großer Fauxpas. &bdquo;Kein Kunde beißt in ein stinkendes Brot.“

Erst wenn der Brotprüfer die äußeren Merkmale abgearbeitet hat, geht es an den Geschmackstest. Die unterschiedlichen Nuancen mit all den Sinnen aufzunehmen, sei auch Teil der Ausbildung zum Brotsommelier gewesen, sagt der Profi.

Wie genau sein Gaumen inzwischen arbeitet, beeindruckt selbst Mickel Biere, der als Obermeister der Bäcker- und Fleischer-Innung Paderborn-Lippe nur daneben steht - und eigene Produkte im Testlauf hat. Der Inhaber der Bäckerei Biere macht große Augen, als klar wird, mit welcher Präzision Wegner offensichtlich arbeitet.

Er traue sich zu, sagt Wegner, den Salzgehalt des zu bewertenden Brotes zwischen 1,8, 2,2 und 2,4 Prozent herauszuschmecken. &bdquo;Ich würde sagen, in 80 Prozent der Fälle liege ich richtig.“ In Sachen Brot scheint man dem Experten also nichts vormachen zu können.

Aber was ist eigentlich sein Lieblingsbrot? Eine Frage, die Wegner als Brotsommelier natürlich oft gestellt bekommt und daher schon gekonnt ausweichend beantworten kann. &bdquo;Das finde ich an meinem Job ja so toll: Die Vielfalt des Brotes ist ganz besonders“, sagt Maik Wegner.

&bdquo;Ich esse gerne Pumpernickel - aber genauso genieße ich ein gutes Paderborner, Dinkel- und ein richtig dunkles Schwarzbrot.“ Hin und wieder lasse er sich allerdings auch zu einem Toast hinreißen. Ein kulinarischer Frevel? Der Experte verneint das. &bdquo;Wer isst das nicht gerne mal morgens? Schön bestrichen mit Frischkäse und Honig.“ Die Sorten der Betriebe seien unterschiedlich und böten daher für jeden Geschmack etwas. Genau darauf komme es an.

Fleischereien in Lippe verfolgen Handwerkskunst Eine ähnliche Vielfalt versprechen am Tisch nebenan die unterschiedlichen Wurstsorten, die gerade noch vergnüglich im Wasserbad ziehen und heiß werden. Vom klassischen Wiener Würstchen über die intensive Käse-Krakauer bis hin zur Münchener Weißwurst kann sich Klaus Fischer als Prüfer für Fleischprodukte durch ein buntes Sortiment durcharbeiten. Der zieht schon gegen Mittag mitten in der Hochphase ein erstes Zwischenfazit.&bdquo;Was wir bisher gekostet haben, ist Handwerkskunst“, sagt Fischer. &bdquo;Die Fleischereien in Lippe können schon was.“

Auch hier arbeitet sich der Wurstprüfer gemeinsam mit Dieter Krügermeier (Ehrenobermeister der Bäcker- und Fleischer-Innung Paderborn-Lippe) durch verschiedene Kategorien. Vom Aussehen über den Geruch - hier entscheiden laut Fischer &bdquo;Millisekunden“ - geht es bis zur Textur. Dabei zähle, wie ein Würstchen sich brechen und schneiden lässt - und, ob es ordentlich knackt. Final stehe dann natürlich der Geschmack im Fokus, wobei die unterschiedlichen Sorten natürlich ihre ganz eigenen Erwartungen mit sich brächten.

Neben der Profianalyse bekommen die vorbeilaufenden Testesserinnen und Tester- allesamt Passanten - direkt eine Wurst samt Bewertungsbogen in die Hand gedrückt. Hier kann jede Person Punkte von eins (schlecht) bis zehn (sehr gut) in ausgewählten Kategorien vergeben. Für die Fleischprodukte zählen Geschmack, Aussehen, Würzung und Bräunung - so steht es auf dem Formular.

Bis zu 1000 Produkte sind bis Donnerstagmittag schon testweise über die Theke gegangen, sagt Fleischermeister Andreas Grämmel, stellvertretender Obermeister der Bäcker- und Fleischer-Innung Paderborn-Lippe, und Inhaber der gleichnamigen Fleischerei in Detmold.

Diesmal drehe sich die Prüfung allein um die Wurst im Wasserbad, vergangenes Jahr hätte die Bratwurst ihren großen Auftritt gehabt, sagt der Fachmann. In der Kategorie ist der Detmolder Fleischer amtierender Europameister. Im Oktober darf Grämmel versuchen, seinen Titel zu verteidigen, verrät er am Rande.

Die Chancen, noch mal auf Platz 1 zu landen, schätzt Grämmel realistisch ein. &bdquo;Das wird auf jeden Fall schwer“, sagt er. Zwischen den außergewöhnlichen Sorten aus Frankreich - teils gespickt mit Blauschimmelkäse - habe es die eher klassische deutsche Variante schließlich nicht immer leicht.

Aber eins steht jetzt schon fest, das haben die Profi-Tester bei der freiwilligen Selbstkontrolle festgestellt: Die lippische Wurst braucht sich nicht zu verstecken - höchstens hinter einer Scheibe lippischem Brot.

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