Kreis Lippe. Ein paar Tage noch, dann dürfen die Lipper binnen zwei Wochen erneut wählen - in fünf Städten geht es in die Stichwahlen um den künftigen Bürgermeister, für ganz Lippe um den Landrat. Im LZ-Foyer haben sich Ilka Kottmann (SPD) und Meinolf Haase (CDU) den Fragen von Chefredakteur Dirk Baldus und Redakteur Martin Hostert gestellt - voller „Vorfreude und Respekt" für ihre mögliche neue Aufgabe als Landrätin, wie Kottmann sagt, und auch durchaus mit einem Schuss Wehmut, den Beruf als Lehrerin dann aufzugeben. Haase stimmt darin zu - leite er doch seit 22 Jahren den Bevölkerungsschutz in Lippe „mit Herzblut". Aber er kenne die Kreisverwaltung. „Und bei aller Anspannung vor Sonntag: Ich glaube schon, dass ich relativ schnell ins neue Amt ’reinkomme." Alle Artikel zur Kommunalwahl 2025 in Lippe finden Sie hier. Warum die beiden sich für qualifiziert halten: Haase sagt, er bringe neben langer Führungserfahrung im Kreishaus auch Expertise aus der Wirtschaft mit, habe Lippe als Leiter des Krisenstabes durch die Corona-Pandemie geführt. Politische Erfahrung habe er zwar nicht in Parlamenten, aber in der Zusammenarbeit mit allen 16 Kommunen gewonnen. Ilka Kottmann betont, sie kenne aus ihrer politischen Arbeit die Gremien vom Klinikum bis zum Theater, sei 15 Jahre im Finanzausschuss, nun Fraktionschefin. „Ich habe mir in der Politik und in meinem Beruf eine klare Führungsrolle erarbeitet, kenne meine Rolle, kann Menschen einbinden." Klimaschutz: Kaum ein anderes Thema hat die lippische Bevölkerung in den vergangenen Monaten so aufgewühlt wie das Thema Windkraftanlagen - damit ging es im LZ-Foyer in die Themen-Diskussion. Ilka Kottmann sagt, erneuerbare Energien auszubauen, gelinge nur im Einklang mit den Bürgern. Sie persönlich halte Windkraftanlagen auf den Kämmen des Teuto auch nicht für gut, aber diese seien nun mal zulässig. Dies würden wahrscheinlich die Gerichte bestätigen, „und das macht mir in Sachen Akzeptanz ein bisschen Sorge". Bekanntlich hat ja der Kreis Lippe auf der Gauseköte sieben Anlagen genehmigt. Auch Haase betont die Bedeutung der „Erneuerbaren", mahnt gleichzeitig zu Augenmaß und Bürgerbeteiligung, auch mit Blick auf die in Horn-Bad Meinberg geplanten Anlagen. Allerdings: „Wenn das Fachamt des Kreises die Anlagen auf der Gauseköte nach Recht und Gesetz genehmigt hat, dann ist das von mir zu unterstützen." Kottmann bedauert, das Thema sei von Anfang an „ziemlich verfahren" angegangen worden, auch wegen der zuweilen widersprüchlichen und unklaren Gesetzeslage. Die Gefahr einer Schadensersatzklage bei Ablehnung wäre groß gewesen. Warum haben Klima- oder Umweltschutz in den vergangenen Wochen im Wahlkampf (selbst bei den Grünen) so gut wie keine Rolle gespielt? Kottmann: „Weil wir zum Beispiel in Sachen Klimafolge-Anpassungsmaßnahmen - die grundsätzlich billiger sind, als später die Dinge wieder herzustellen -, auf einem richtig guten Weg sind, für den Klimaschutz ausgezeichnet wurden. Deswegen war das kein großes Thema." Meinolf Haase betont, gerade in seiner Aufgabe als Bevölkerungsschützer die Folgen des Klimawandels etwa mit Überschwemmungen hautnah erlebt zu haben. Der Kreis dürfe sich nicht auf seinen Maßnahmen ausruhen, müsse weiter mit den Kommunen zusammenarbeiten: „Da ist höchste Eisenbahn." Unterstützung der anderen: Die Grünen empfehlen, Ilka Kottmann zu wählen - was sagt Meinolf Haase? Er bedankt sich bei der FDP für die Unterstützung und wundert sich ein wenig über die Grünen: „Auch die CDU hat mit ihnen gesprochen, konnte aber ihre Wünsche und Forderungen in Sachen Personal nicht erfüllen." Für ihn zähle das Parteibuch nicht. Von möglichen Zugeständnissen gegenüber den Grünen wollte Kottmann nichts wissen: „Wir haben uns ausschließlich inhaltlich auseinandergesetzt." Umgang mit der AfD: Die Fraktion ist von drei auf zehn Leute angewachsen, die Arbeit im Kreistag wird sich ändern. Kottmann erkennt eine AfD-Strategie, „nicht bessere Lösungen anbieten, sondern die Parlamente lächerlich machen zu wollen". Als Landrätin werde sie streng auf die Geschäftsordnung achten. Es sei klar geregelt, was der AfD zustehe, aber auf der anderen Seite „werden die demokratischen Parteien hoffentlich alle Möglichkeiten nutzen, dass sie nicht an Stellen kommen, wo sie dem Frieden in Lippe schaden können". Einen stellvertretenden Landrat werde die AfD, drittgrößte Fraktion im Kreistag, jedenfalls nicht stellen, kündigen beide an. Gleichzeitig müssten alle Parteien mit den AfD-Wählern im Gespräch bleiben - obgleich diese oft grundsätzlich ablehnend reagierten. Haase sagte, die CDU Lippe stehe zur Position der Bundespartei: keine Zusammenarbeit mit der AfD. Im Gegenteil: „Wir müssen gemeinsam darauf hinarbeiten, dass sie nicht noch stärker wird." Vor allem müssten die Jungwähler mitgenommen werden, vielleicht sei ein Jugendparlament eine Idee, die Jüngeren an die Kommunalpolitik heranzuführen. Sind denn die Politiker zu wenig auf die 70.000 Köpfe zählende Gruppe der Lipper mit russlanddeutschem Hintergrund zugegangen, bei denen die AfD auf viel Zustimmung stößt? Das will Dirk Baldus wissen. „Oder kommt die Politik, für die Sie stehen, bei denen nicht an?" Haase mahnt, die Sorgen der Menschen und ihre Meinungen ernst zu nehmen - warb für mehr Aufklärung. Kottmann erbitte auch mehr Verständnis für die Tradition, aus der die Aussiedler kommen. „Tatsächlich haben Abschottungen oft das Überleben gesichert." Ein weitgehend geschlossenes Schulsystem sei allerdings auch eine Gefahr für eine Radikalisierung. Baugenehmigung binnen sechs Wochen? Haase bleibt bei seinem Wahlversprechen: „Das muss für Industriebauten wie für Private machbar sein". Er wolle mit dem Bauordnungsamt nach Lösungen suchen, dass es schneller geht -, wenn Vorgaben der Bebauungspläne eingehalten werden. Er setze auf verbesserte Digitalisierung. Ilka Kottmann relativierte. Es gebe grade im gewerblichen Bereich viele Behörden zu beteiligen, und die hätten zwei Monate Zeit, sich zu beteiligen. „Sechs Wochen - das Versprechen halte ich für gefährlich." Klinikum: Finanziell ist das Klinikum nicht auf Rosen gebettet, keine Ruhe an der Spitze - wie gehen die Kandidaten als künftige Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrates damit um, fragt Dirk Baldus. Kottmann bezeichnet sich als Insiderin, die nicht umsonst vor einigen Monaten den Aufsichtsrat verlassen habe. „Es gab Differenzen über die Arbeit des Aufsichtsrates und der Geschäftsführung - ich sah mich nicht mehr in der Lage, meine Arbeit zu verrichten", sagt sie mehrdeutig. In den Aufsichtsrat gehören Mitglieder mit dem gewissen Know-how, da sei auch seine CDU mit gemeint, ergänzt Haase. „Das ein oder andere hätte anders sein können." Ilka Kottmann betont: Es gebe keinen Zweifel, dass das Vertrauen der Mitarbeiter und der Patienten zurückgewonnen werden müsse. „Ich bin sicher, und da werde ich dranbleiben: Wir brauchen eine gute medizinische und eine gute kaufmännische Geschäftsführung, um Spitzenversorger im universitären Bereich zu sein." Haase verspricht, er wolle die Arbeit mit Lust an der der Sache angehen, niedergelassene Ärzte und andere Akteure einbinden. „Als Krisenmanager traue ich mir zu, das Thema in den ersten 100 Tagen anzupacken. Die Zeit vor dem Geschäftsführer Dr. Cruse muss aufgearbeitet werden." Für diesen gebe er im Übrigen ein klares Statement ab. Es sei ein Unding, ihn - wie geschehen - per Pressemitteilung infrage zu stellen, statt ihm den Rücken zu stärken. Auch Kottmann fand die Pressemitteilung „ein bisschen schwierig". Aber: „Der Aufsichtsrat hat getan, was getan werden muss, und hat genau hingeguckt. Wir sind noch nicht an dem Punkt, um öffentlich richten zu können." Bis ein Ergebnis vorliege, müssten Fragen intern beantwortet werden.