
Kreis Lippe. Schlecker ist pleite - allerorts stehen Läden leer, langjährige Mitarbeiterinnen sind auf Arbeitssuche. Viele haben Kündigungsschutzklage eingereicht und beobachten die Entwicklung mit Spannung.
Drei der rund 4.000 Mitarbeiterinnen, die bundesweit diesen Rechtsweg beschreiten, sitzen in der Kanzlei des Barntruper Rechtsanwaltes Dr. Christian Hagemann. Sie haben alle drei mehr als zehn Jahre für Schlecker gearbeitet, und sie haben alle drei ihren Job gerne gemacht. Nun aber ist eine der Frauen gesundheitlich so angeschlagen, dass sie sagt, ihre Psyche sei "am Ende". Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen.
Eine andere ist Astrid Möller, sie arbeitete in einer Extertaler Filiale. Jetzt ist sie arbeitslos, belegt aber einen CAD-Kursus bei der Agentur für Arbeit. Astrid Möller ist gelernte Bauzeichnerin, vielleicht findet sie in ihrem Lehrberuf ja etwas. "Manche von uns sind untergekommen", hat sie durchaus Hoffnung und bedankt sich bei der Agentur für die Maßnahme.

Anita Görder hat 14 Jahre Drogerieartikel verkauft. Dass sie erneut einen Vollzeitjob finden wird, sieht sie eher skeptisch. Sie hat auch gute Worte für Schlecker übrig, sie seien etwa ordentlich bezahlt worden. Anita Görder hat gleich zwei Filialen mit abgewickelt: Bis März arbeitete sie in Bad Salzuflen, dann bis Ende Juni in Detmold. "Wir haben immer gehofft, dass es weitergeht", erzählt sie. Auch auf die zwischenzeitlich diskutierte Transfergesellschaft hatte sie gesetzt - die war ja am Widerstand einiger FDP-Landesminister gescheitert. Auch sie sagt, sie sei nun gesundheitlich angeknackst. Der Frust bei den drei Frauen sitzt tief, die monatelange Ungewissheit hat Spuren hinterlassen.
Es gab bereits die ersten Entscheidungen der Arbeitsgerichte zugunsten von Verkäuferinnen aus Lippe, berichtet Hagemann. Warum aber jetzt die Kündigungsschutzklage? Spätestens nach Meldungen dieser Woche, die Insolvenzmasse reiche voraussichtlich nicht aus, um Ansprüche der Bundesanstalt für Arbeit zu bedienen, ist die Aussicht auf Abfindung oder Lohnfortzahlung doch gen Null gesunken? Wäre ein Erfolg vor dem Arbeitsgericht nicht ein Pyrrhussieg? "Nein. Weil wir ja nicht abschließend wissen, was bei Schlecker übrig bleibt. Wir wollen durchhalten, tapfer sein", sagen die Frauen. Sie wollen alle Rechte wahren - nicht mehr und nicht weniger.
Dr. Hagemann verweist zudem auf falsch oder unvollständig ausgefüllte Zeugnisse - korrekte Papiere seien aber für künftige Bewerbungen unverzichtbar. Es gibt weitere handfeste Gründe: "Sollten die Kündigungen für unwirksam erklärt werden, könnte sich der Zeitraum für Arbeitslosengeldzahlungen verlängern." Der Jurist verweist außerdem darauf, dass die Schlecker-Töchter "Ihr Platz" und "XL" ja zumeist unter neuen Besitzern geöffnet blieben: "Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob unter allen Schlecker-Mitarbeitern eine Sozialauswahl hätte getroffen werden müssen." So wird es am Ende wohl einen juristischen Erfolg geben, der er sich nicht am Kontostand messen lassen wird. Aber er wäre wichtig für ein besseres Gefühl.