Lagenser Abiturienten in Quarantäne: „Das war niederschmetternd"

Lage. &bdquo;Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das draußen ist. Ich habe noch keinen leeren Supermarkt und keinen leeren Platz gesehen." Das sagt Carolin Pohl. Die 18-Jährige ist eine der 53 Lagenser Abiturienten, die seit Freitag, 13. März, unter häuslicher Quarantäne stehen . Tag 12, ein Dienstag: Eigentlich sollte die Q2 des Gymnasiums Lage jetzt ihre letzten gemeinsamen Schultage miteinander verbringen. Doch daraus wird nichts.

&bdquo;Am Anfang war das schon niederschmetternd. Man hat sich auf die Mottowoche und die letzten gemeinsamen Schulwochen gefreut. Für uns Abiturienten ist das besonders schlimm. Wir waren noch am Tag vor der Quarantäne zusammen in der Schule und haben nicht gewusst, dass das unser letzter Schultag sein wird. Wir haben uns von keinem verabschieden können", sagt Pohl.

&bdquo;Uns ist bewusst geworden – Das war´s jetzt" Mitschülerin Filia Herden findet für die Situation klare Worte: &bdquo;Das ist total schlimm. Es sind auch ein, zwei Tränen geflossen, weil uns bewusst geworden ist: Das war´s jetzt. Wir sind eine kleine Stufe und haben einen guten Zusammenhalt. Schade, dass uns jetzt die letzte Zeit genommen wurde", sagt sie. &bdquo;Das Abitur rückt in den Hintergrund, die ganze Situation ist so unsicher und das macht uns unsicher", beschreibt Herden die gedrückte Stimmung in der Stufe.

Auch Jason Veensma macht in diesem Jahr sein Abitur am Gymnasium Lage. Er empfindet die Schulschließung zwar als richtige Maßnahme, ist aber ebenso von der Schließung überrascht worden: &bdquo;Es war eine Mischung aus Überraschung und Traurigkeit. Ich war auch leicht geschockt. Man hat heute alle noch einmal gesehen und ich werde diese Personen in den nächsten 2-3 Monaten nicht mehr wieder sehen, bis zu den Prüfungen", erinnert er sich. &bdquo;Es macht einen traurig, dass die Mottowoche wegfällt", sagt er.

Abiturprüfungen und ein Sommer, in dem man einmal Zeit hat Trotz allem geht der Unterricht so normal wie eben möglich weiter. Jeder Schüler hat einen Teams-Account. Mit dem Programm können die Abiturienten mit Lehrern und Mitschülern sprechen und den Unterricht weiterführen. &bdquo;Ich fühle mich echt gut betreut. Wir kriegen alle Unterstützung, die ich mir wünschen kann", sagt Pohl. Im Pädagogikkurs von Filia Herden werden beispielsweise Referate gehalten und Präsentationen gezeigt. &bdquo;Wir Abiturienten machen nur noch Wiederholung. Wir bekommen Pläne und Aufgaben. Es ist ein Vorteil, dass wir nichts Neues machen müssen", sagt sie. Alle Lehrer seien bei Teams erreichbar. Dafür ist Herden dankbar. Trotzdem sei diese Form des Unterrichts nicht mit einem Face-to-Face-Gespräch vergleichbar, sagt sie. Deshalb fühle sie sich auch etwas allein gelassen.

Jason Veensma ist hinsichtlich der anstehenden Abiturprüfungen recht gelassen: &bdquo;Ich bin nicht nervöser oder ängstlicher. Man hätte in den letzten Schulwochen nur die Wiederholung gehabt. Bei Teams können wir den Lehrern Fragen stellen. Das ist sehr hilfreich. Ich bereite mich auf die Abiturklausuren so vor, als ob sie ganz normal stattfinden würden. Es macht für mich nicht so den Unterschied, ob ich die Klausuren in vier Wochen oder in sieben Wochen schreibe".

Nach den Osterferien stünden die Abiturklausuren regulär an. Ob diese stattfinden können, bezweifeln die Lagenser. &bdquo;Wir alle hätten eigentlich Ende April Abiturprüfungen geschrieben, ansonsten hätten wir Freizeit. Viele haben Urlaub geplant. Das geht jetzt alles nicht. Der eine Sommer im Leben, in dem man einmal Zeit hat. Das ist schon traurig", resümiert Pohl.

18. Geburtstag in häuslicher Quarantäne Dass mit der häuslichen Quarantäne nicht unbedingt alle sozialen Kontakte wegbrechen, hat Carolin Pohl am vergangenen Samstag erlebt: &bdquo;Ich bin am Samstag 18 geworden. Meinen Geburtstag habe ich natürlich zuhause mit meinen Eltern gefeiert. Ich habe aber ganz viele liebe Nachrichten bekommen und manche haben mir sogar Geschenke vor die Tür gestellt. Das war sehr rührend", sagt Pohl. Auch mit Freunden habe sie per Videochat gesprochen: "Ich darf nicht raus. Ich sehe niemanden außer meine Eltern. Man sieht jeden Tag dasselbe. Da tut es gut, auch mit anderen Leuten zu reden." Carolins ältere Schwester Louisa konnte an ihrem besonderen Geburtstag übrigens nicht mit dabei sein. &bdquo;Sie macht ein Au-Pair-Jahr in Spanien und darf gar nicht mehr vor die Tür", beschreibt Pohl die Situation in Spanien.

Carolin, Filia und Jason dürfen das Haus am Samstag wieder verlassen. Normalität kehrt dann wegen der am Sonntag verhängten Kontaktverbote trotzdem nicht ein. Das wollen die drei aber auch gar nicht: &bdquo;Nach der Quarantäne will ich nicht ganz normal draußen rumlaufen. Das wäre egoistisch gegenüber der Risikogruppe. Ich möchte dann nur mal wieder raus, um was anderes zu sehen. Wir müssen als Familie ja einkaufen, das kann ich dann machen", sagt Pohl.

Solidarität und Empathie Auch für Filia ist klar, dass in den nächsten Wochen Solidarität und Empathie an erster Stelle stehen sollten: &bdquo;Ich kann verstehen, dass man seine Wünsche und den Luxus nicht einschränken möchte. Das ist schwer, aber man muss auch an die anderen denken. Für uns ist es der Schulabschluss, für andere ist es ihr Leben", sagt sie und ergänzt: &bdquo;Gerade wir Jugendlichen müssen verstehen, dass wir hier keine Partys veranstalten dürfen, auch wenn wir nicht zur Risikogruppe gehören". Sie möchte nach der Quarantäne spazieren gehen und ihren besten Freund einmal wiedersehen. Auf ihre Mädels wird sie noch weiter verzichten müssen, sagt Herden. Die Freundinnen telefonieren aber oft.

Auch Jason telefoniert viel mit seinen Kumpels. Am Anfang der Quarantäne hat er gedacht: &bdquo;Ach, die zwei Wochen. Einfach ein bisschen telefonieren". Doch mittlerweile ist die Vorfreude auf das Ende der Quarantäne &bdquo;sehr, sehr, sehr groß". Spazieren und joggen gehen, stehen ab Samstag wieder mit auf seinem Plan. Bis dahin hat der Abiturient sich eine Quarantäne-Grundstruktur erarbeitet: &bdquo;Ich habe einen kleinen Plan, dass ich immer mindestens 2-3 Stunden am Tag was für die Schule mache. Der Rest des Tages mache ich eher das, worauf ich grade Lust habe", sagt er. Zum Beispiel eine Serie schauen, mit der Familie Spiele spielen oder mit den Jungs zocken.

#enemenequarantäne – den Spaß nicht verlieren Was momentan geht, ist: das soziale Leben online weiterführen. Filia hat sich gegen die Langeweile etwas Besonderes ausgedacht: &bdquo;Ich habe einen Hashtag auf Instagram erfunden: #enemenequarantäne. Unter diesem Hashtag erfülle ich Aufgaben, die ich zu Beginn der Quarantäne bekommen habe", erklärt sie. Das Zimmer komplett sauber machen, malen, zeichnen, Sportübungen oder einen Kopfstand lernen stehen auf der Liste. Montag standen eine Bude bauen und die Nacht durchmachen auf ihrem Programm.

&bdquo;Ich mache das für mich und nicht für irgendwelche anderen, damit ich nicht von den vier Wänden erdrückt werde", sagt Herden. Sie habe bei Instagram sehr viele Nachrichten bekommen und der Hashtag motiviere sie aus dem Bett zu kommen. &bdquo;Es gab aber auch schon Tage, da habe ich den ganzen Tag im Bett gelegen und Sims gespielt", sagt sie lachend.

Bis sich die Q2 des Gymnasiums Lage in Gänze wiedersehen kann, wird noch einige Zeit vergehen. Für die Abiturienten ist aber klar, dass sie ihre letzte gemeinsame Schulzeit irgendwie nachholen wollen. Herden: &bdquo;Unser Ziel ist, dass es endlich vorbei ist. Wir wollen einfach ein normales Abitur, normale Sommerferien. Einfach weitermachen."

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