Straßenbau auf dem Prüfstand

Lage. Klimawandel, Mobilitätswende - beide Themen stehen im Fokus der Politik. Die Bürgerinitiative " B 66n ohne uns! " sieht Chancen, dass das, wogegen sie seit Jahren sind, jetzt gekippt wird. Eine Umgehungsstraße in einer solchen Dimension sei keineswegs mehr zeitgemäß. Es gebe andere Wege, den Verkehrsfluss zu optimieren.

Planungen sind Jahrzehnte alt Es ist eine kleine Gruppe, die zur Jahreshauptversammlung in den Ellernkrug kommt. 2006 haben sie sich zusammengefunden, Hunderte Unterschriften haben sie für ihren Protest gesammelt, um die geplante Bundesstraße vorbei am Ortsteil Heiden zu verhindern. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 steht die B239n noch mit dem Vermerk "vordringlicher Bedarf", die B66n eine Stufe tiefer. Die Planungen gehen Jahrzehnte zurück. Der Gebietsentwicklungsplan weist die B 66 als wichtige Ost-West-Achse in Ostwestfalen-Lippe aus. "Sie ist als Straße für den vorwiegend großräumigen Verkehr dargestellt, deren durchgängiger Aus- beziehungsweise Neubau zügig umzusetzen ist", heißt es in der Bewertung des Bundes. Die B 66 führt von Bielefeld bis Barntrup. Der Neubau der B 66 von Bielefeld bis Lemgo ist in fünf Abschnitte unterteilt. Es geht um einen fünf Kilometer langen Neubauabschnitt, der an der B 239 südlich von Lage beginnt und südlich von Lemgo an der B 238n/B 66n endet. Es soll der Lückenschluss zur fertig gestellten B 66n Südumgehung Lemgo sein.

"In Heiden gibt es schon einige, die den Neubau der Straße wollen, denn der Verkehr ist eine Belastung", sagt Klaus Avenhaus. Doch er hat starke Zweifel daran, dass ein solch großes Straßenbauprojekt überhaupt noch zeitgemäß ist. Außerdem, so ergänzt der Vorsitzende der BI Gerd Bicker, gehe der Trend klar zum Elektroauto und die Lärmbelastung sinke. Zudem sehe man gerade jetzt, dass sich das Denken verändert. "Sicher wird es weiter Autos geben und einige sind darauf angewiesen. Aber angesichts der steigenden Preise wird es attraktiver, auf das Rad umzusteigen, den Bus zu nehmen oder auch insgesamt weniger zu fahren. Dazu kommt, dass die Zahl derer, die im Homeoffice arbeiten, ebenfalls wächst."

Mobilität verändern All diese Argumente sehen die Mitglieder der BI auch auf politischer Ebene. "Die Diskussionen gehen klar in die Richtung, die Mobilität zu verändern. Wir meinen, es wäre sinnvoller, in den Erhalt der Straßen zu investieren und nach Lösungen zu suchen, wie man den Verkehrsfluss optimieren kann." Zumal die Kostenschätzungen für das Projekt alt sind. "Wenn das heute gebaut würde, wäre es viel teurer. Da muss man Kosten und Nutzen gegeneinander abwägen", sagt Bicker. Und dazu gehöre, dass man den Eingriff in die Natur neu bewerte. "Die Landwirte fordern seit langem einen Stopp des Flächenverbrauchs. Durch die Umgehungsstraße würde wertvolles Ackerland wegfallen, angesichts der Diskussion, wie wir unabhängiger von ausländischen Getreideexporten werden, ist das nicht zu vertreten."

Die Bürgerinitiative lege Wert darauf, dass es nicht nur darum geht, dagegen zu sein, sondern sie schlägt auch Alternativen vor und verweist auf die Ergebnisse, die die Verkehrsplaner von SHP für Detmold vorgelegt haben. Das Auto werde weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber der Ausbau von Mobilitätsalternativen, wie ÖPNV, Fuß- und Radverkehr, sei der stärkste Treiber der Verkehrswende. Bicker: "Dafür muss man viel Geld in die Hand nehmen, auch Straßen und Brücken müssen instand gehalten und repariert werden, da gibt es einen erheblichen Reparaturstau. Durch die vielen Baustellen und Umleitungen verschärft sich die punktuelle Verkehrsbelastung ebenfalls."

Intelligente Ampeln statt Beton Statt weiter an den Umgehungsstraßen festzuhalten, sei es sinnvoller, den Verkehrsfluss zu optimieren, meint die stellvertretende Vorsitzende, Sabine Hartmann. Die BI habe eigene Verkehrsmessungen gemacht. "Straßen NRW hat seine eigenen Zahlen dann korrigieren müssen. Warum prüft man nicht, was man mit einer intelligenten Ampelschaltung oder vielleicht auch Kreiseln erreichen könnte? Das ist allemal günstiger, als Millionen in den Beton zu stecken." Die BI steht auch längst nicht allein. "Wir arbeiten mit anderen Bürgerinitiativen und Umweltverbänden zusammen. Gebaut wird nämlich dort zuerst, wo es am wenigsten Widerstand gibt, und diese großen Straßenprojekte hängen zusammen", sagt Bicker.

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