Erinnerungen an die Lagenser Synagoge

Lage. Auf dem historischen Foto, einem der wenigen, das noch im Stadtarchiv lagert, kann man noch erahnen, was für ein prachtvolles Gebäude die Synagoge einst war, auch wenn die zerstörten Scheiben auf dem Bild bereits eine Vorschau sind, auf das, was später folgen sollte: der Massenmord an den Jüdinnen und Juden.

In diesem Jahr wäre das Gebäude 150 Jahre alt geworden. An der Ecke Friedrich-/Schulstraße hatte die jüdische Gemeinde damals ihr neues Domizil gefunden.

Heute erinnert nur noch ein Gedenkstein an das, was einmal gewesen ist. Auf dem Grundstück befindet sich heute ein Wohn- und Geschäftshaus mit einem Modeladen.

Von der Stadt abgerissen Denn noch vor der Pogromnacht am 9./10. November 1938 wurde das Gebäude abgerissen. Im selben Jahr war es in den Besitz der Stadt Lage übergegangen, die es im Sinne des Nationalsozialismus dem Boden gleichmachte.

Erst Anfang der 2000er Jahre kam das genaue Einweihungsdatum ans Licht. Lange war man davon ausgegangen, dass die Synagoge erst 1878 gebaut worden war, wie sagt Stadtarchivar Lars Sonnenberg berichtet: &bdquo;Volker Beckmann ermittelte anhand der Presseberichterstattung zur Einweihung das Baujahr. Anhand von Rechnungsunterlagen der jüdischen Gemeinde, die sich im Stadtarchiv befinden, konnte das Einweihungsdatum verifiziert werden. Außerdem konnte den Rechnungsunterlagen entnommen werden, dass die Grundsteinlegung für die Synagoge am 9. März 1873 stattfand.“

So wurde die Synagoge 1874 eingeweiht, gefeiert wurde von Dienstag, 30. Juni, bis Mittwoch, 1. Juli, so ist es überliefert.

Nicht konkurrieren Während das neue Gotteshaus direkt an der Friedrichstraße stand, befand sich der Vorgängerbau auf einer Hausrückseite an der Langen Straße. Der Hintergrund: Synagogen durften bis Anfang des 19. Jahrhunderts nicht direkt an der Straße gebaut werden. Der Grund: Sie sollten nicht mit christlichen Kirchen konkurrieren.

An den Feierlichkeiten nahm damals offenbar das &bdquo;Who’s Who“ der damaligen Gesellschaft teil. So heißt es in einem Pressebericht über das Fest vom 30. Juni: &bdquo;Es gewährte aber auch einen in wahrhaft schöner und in mehrfacher Hinsicht interessanten und, da alle Konfessionen, Juden, Katholiken und Protestanten, geistliche und weltliche, in schöner Eintracht sich beteiligten, zugleich einen erhebenden und befriedigenden Anblick, als vom schönen Wetter begünstigt die festlich geschmückte Gemeinde mit ihren voraustragenden Heiligtümern unter dem Vortritt eines Musikkorps und der städtischen Behörden durch die gedrängt besetzten Straßen von der alten, sehr verfallenen und überhaupt dürftigen, nach der für hiesige Verhältnisse prachtvollen neuen Synagoge sich bewegte.“ Die Rede ist von einer &bdquo;ungeheuren Menschenmenge“, die sich zusammenfand.

Ein herrlicher Bau

Der Reporter schwärmt über das Gebäude: &bdquo;Ein kleiner herrlicher Bau und unstreitig, wenn nicht die schönste, so doch eine der schönsten Kirchen im Lande, einfach ohne jede Überladung, welche die Schönheit des Baus nur beeinträchtigt hätte, aber doch sehr sinnreich durch Blumengewinde geschmückt, vermochte nicht die festliche Menge zu fassen.“

Die Synagoge befand sich auf einem quadratischen Grundriss mit 14 Metern Seitenlänge. Das Bruchsteingebäude hatte ein Satteldach mit Ziegeln und Rundfenster zur Front hin. Durch die Eingangstür mit der Überschrift &bdquo;Das ist ein Bethaus für alle Völker“ gelangten die Besucherinnen und Besucher in einen Vorraum, in dem sich Schränke mit Gebetbüchern befanden. Eine Treppe führte zu einer Empore, auf der sich 40 Sitzplätze für Frauen befanden. Durch eine Tür ging es ebenerdig in den Betsaal, der 60 Sitzplätze für Männer bot.

Rundfenster zerstört 14 Jahre nach der Einweihung ihrer neuen Synagoge fusionierte die jüdische Gemeinde Lage mit der in Heiden. Eine weitere Zäsur erfolgte in der Weimarer Republik: Die jüdische Gemeinde Lage-Heiden entschloss sich 1928, sich der Detmolder Gemeinde anzuschließen, und feierte die Gottesdienste von da an in der größeren Nachbarstadt. Die ersten Schatten warf der immer virulenter werdende Antisemitismus bereits 1923, zehn Jahre vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten, als Unbekannte die Rundfenster durch Steinwürfe zerstörten.

Vermutet wird, dass es nicht mehr die notwendigen zehn männlichen Mitglieder gab und die Unterhaltung der Synagoge zu teuer geworden war. Die alten Thorarollen wurden auf dem jüdischen Friedhof feierlich bestattet, die neueren nach Detmold gebracht.

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