Wegen Rollstuhl und Übergewicht? Keine JVA will Frau aus Bielefelder Gefängnis aufnehmen

Bielefeld. Weil eine verurteilte Frau im Rollstuhl sitzt und übergewichtig ist, sollen mehrere offene Haftanstalten ihre Aufnahme abgelehnt haben. Die Folge: Seit Monaten verbüßt sie im geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede ihre Strafe, obwohl sie hier gar nicht hingehört. Der Frau fehlen dadurch auch Lockerungen des offenen Vollzugs, wie Freigänge oder eine mögliche Handynutzung. Ihre Anwältin geht nun einen ungewöhnlichen Weg.

Die Frau soll wegen Betrugs verurteilt worden sein. Seit Mai soll sie im geschlossenen Vollzug der JVA Bielefeld-Brackwede sitzen, weil zu diesem Zeitpunkt noch ein Verfahren gegen sie gelaufen sein soll, erfuhr diese Redaktion. Zuvor war sie demnach zeitweise im Justizvollzugskrankenhaus in Fröndenberg (Kreis Unna) untergebracht. Schon im Sommer habe die Frau in den offenen Vollzug der JVA Bielefeld-Senne verlegt werden sollen.

Die Einrichtung soll die Frau jedoch abgelehnt haben, allerdings nicht offiziell mit Verweis auf ihr Gewicht. Stattdessen, so heißt es aus Justizkreisen, habe die Anstalt nicht die Möglichkeiten, die Verurteilte passend unterzubringen – unter anderem wegen des Rollstuhls, aber auch, weil offenbar ein gewisser Pflegeaufwand nötig sei. Die JVA Bielefeld-Senne, immerhin der größte offene Vollzug in Europa, wollte sich auf Anfrage unter anderem mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte nicht äußern. Generell, so betont ein Sprecher, werden aber alle Gefangenen in der Einrichtung &bdquo;entsprechend der gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen ordnungsgemäß medizinisch versorgt“.

Keine JVA soll die Frau aufnehmen wollen Auch viele andere Justizvollzugsanstalten aus NRW sollen die Aufnahme der Frau in der Folge aus ähnlichen Gründen abgelehnt haben. Sie sitzt weiterhin in der JVA Bielefeld-Brackwede. Ob sich das zeitnah ändert, ist unklar.

Die Anwältin Ann-Kristin Becker aus Lennestadt vertritt die betroffene Frau. Sie berichtet von massiven Einschränkungen, die ihre Mandantin hinnehmen müsse. Immerhin gebe es auch in dem geschlossenen Vollzug in Bielefeld, in dem die Frau aktuell sitzt, keine pflegerischen Voraussetzungen. &bdquo;Das fängt schon bei einfachen Dingen an, wie der täglichen Dusche“, sagt die Juristin Becker. &bdquo;Zudem kann meine Mandantin beispielsweise die täglichen Freistunden nicht wahrnehmen, weil sie im Rollstuhl sitzt. Für Inhaftierte im geschlossenen Vollzug ist das eine enorm wichtige Zeit, denn es ist immerhin die einzige Möglichkeit, mal ins Freie zu kommen.“ Ihre Mandantin leide darunter daher sehr.

Anwältin stellt Gnadengesuch Anwältin Becker betont: &bdquo;Eine ordnungsgemäße Unterbringung meiner Mandantin ist daher keineswegs gegeben.“ Sie geht daher einen speziellen Weg: Sie habe bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover ein Gnadengesuch beantragt – also, dass die Strafe der Frau beendet und sie in die Freiheit entlassen wird.

Becker sieht hier ein grundlegendes Problem im Justizvollzug: &bdquo;Es fehlt Personal in verschiedenen Bereichen, das für die Versorgung der Inhaftierten zuständig ist.“ Etwa bei medizinischen oder psychologischen Belangen. &bdquo;Der Fall meiner Mandantin zeigt, dass es nicht getan ist mit einem Raum, in den ein Rollstuhl passt – hier braucht es auch jemanden, der sich professionell mit den Problemen der Straftäter befasst.“

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