Bürgermeisterwahl in Lage: Vier Kandidaten im Schlagabtausch auf dem Marktplatz

Lage. Die Frage, wer nach der anstehenden Kommunalwahl Bürgermeister oder Bürgermeisterin von Lage ist, wird eine heiße Entscheidung. Einen Vorgeschmack auf den Showdown am 14. September und auf eine mögliche Stichwahl am 28. September gaben die vier Kandidaten Martina Hannen (55, FDP), Matthias Kalkreuter (38, SPD), Frederik Topp (42, CDU) und Stefan Zibart (32, Aufbruch C) am Dienstagvormittag am LZ-Wahlmobil auf dem Marktplatz. Mitarbeiterin Astrid Sewing &bdquo;kitzelte“ mit dem Mikro reichlich kontroverse Aussagen aus dem Quartett. Die allermeisten der rund 70 bis 80 Gäste blieben die gesamten knapp 90 Minuten der Debatte vor Ort und hörten interessiert zu. Nachfolgend die angesprochenen Themenbereiche.

Medizinische Versorgung: Laut Aussage von Bürgermeister Kalkreuter hat sich der Rat mehrheitlich dafür entschieden, das Projekt &bdquo;Ärztehaus am Werreufer“ zu unterstützen und dort selber Ankermieter zu werden. Zuvor müsse der Investor bis Ende September seine Auflage im Vertrag mit der Stadt erfüllen, 1000 Quadratmeter Fläche selbst mit Praxen von Ärztinnen und Ärzten zu besetzen. Wenn das gelinge, sei auch die Stadt bereit, einzusteigen.

Moderatorin Astrid Sewing ergänzte, dass in Lage nach einer Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) weitere 6,5 Allgemeinarzt-Stellen besetzt werden könnten. Laut FDP-Kandidatin Martina Hannen würden sich die Liberalen seit 15 Jahren dafür einsetzen, die hausärztliche Versorgung in Lage zu verbessern. &bdquo;Für uns ist das Daseinsvorsorge.“ In der Zwischenzeit seien allerdings kaum neue Hausärzte gekommen. &bdquo;Es sind sogar mehr gegangen, als gekommen sind.“ Und: Das Ärztehaus-Modell ist für Hannen jedoch eine &bdquo;Absichtserklärung ohne jegliche Substanz“.

Frederik Topp sagte, dass die CDU das Ärztehaus seit 2018 vorangetrieben habe. In der Zwischenzeit sei nur alles viel teurer geworden. An der Stelle könnte bereits seit drei Jahren das Haus stehen, &bdquo;und dann wir hätten entsprechend auch schon Ärzte.“

Verkehr: Moderatorin Sewing erwähnte die Staus in Lage, die immer größer würden. Laut Bürgermeister Kalkreuter will Lage gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut und den Nachbarstädten Bad Salzuflen und Detmold eine KI-gestützte Ampeloptimierung entwickeln, &bdquo;damit wir den Verkehr flüssiger gestalten.“ Allerdings sei es so, dass die Ampeln im Verantwortungsbereich von Straßen.NRW liegen. Und solange sich die B239neu im Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf befinde, werde Straßen.NRW auf die Ortsumgehung von Lage setzen. Kalkreuter sprach sich für eine &bdquo;ehrliche Revision“ des Bundesverkehrswegeplans aus, mit dem Ziel, dass die Ortsumgehung nicht mehr kommen wird.

Für Stefan Zibart von Aufbruch C ist es wichtig, endlich zu erfahren, ob die Umgehung nun komme oder nicht. In dem Fall sei die zentrale Lage von Lage eine Last. Martina Hannen sieht dies ganz anders. Für sie ist klar: &bdquo;Natürlich brauchen wir eine Ortsumgehung.“ Sie verweist auf positive Beispiele in der Nachbarschaft - wie in Leopoldshöhe. Und: &bdquo;Ehrlicherweise glaube ich nicht, dass das Verstellen von Ampelschaltungen die Lösung sein könnte, um Lage vor diesem Durchgangsverkehr zu bewahren.“

Auch die CDU ist laut Topp grundsätzlich für Infrastruktur. &bdquo;Gleichwohl fehlt mir der Glaube dran, dass diese Umgehungsstraße jemals kommen wird. Sie ist 60 Jahre jetzt schon in der Planung.“ Bis es zu der Entscheidung kommt, &bdquo;brauchen wir ein Verkehrsleitsystem.“ An diese Lösung glaubt Stefan Zibart nicht: &bdquo;Wenn die Menschen vor dem Verkehrsleitsystem stehen und Google Maps sagt, ich bin trotzdem drei Minuten schneller, wenn ich durch Lage fahre, dann wird durch Lage gefahren.“

Kalkreuter will sich zudem dafür einsetzen, dass jeder Ortsteil in Lage eine sichere Radwegeanbindung an die Innenstadt bekommt.

Innenstadtentwicklung: Er habe schon vor seiner ersten Wahl zum Bürgermeister gesagt, dass er den Marktplatz, die Bergstraße und die Lange Straße so umgestalten möchte, damit Lage im Wettbewerb der großen lippischen Städte mithalten könne, so Kalkreuter. Um so erfreulicher sei, dass die Zuckerstadt jetzt ein ISEK-Förderprogramm zur Neugestaltung der Innenstadt erhalte.

Konkurrent Topp fragt sich hingegen, ob es tatsächlich mehrere Millionen Euro sein müssen, um die Innenstadt aufzumöbeln. Auch Fördergelder seien schließlich Steuergelder. &bdquo;Können wir eine ordentliche Marktplatzgestaltung nicht aus Bordmitteln bestreiten?“, fragt er weiter. Hinter der Stadtentwicklung steht auch Kandidat Ziebart: &bdquo;Wir sind in dem Fall aber immer vom Land, vom Bund und der EU abhängig.“ Martina Hannen möchte, dass die Werre in der Frage viel stärker mit eingezogen wird. &bdquo;Der Fluss in der Stadt hat großes Potenzial. Wir sehen das in anderen Städten.“

Bildung: Laut Topp ist die Abwanderung von Schülern beim Wechsel auf weiterführende Schulen viel zu hoch. &bdquo;Egal ob wir jetzt bei 30 oder 40 Prozent liegen.“ Das Gymnasium benötige eine Komplettsanierung. Und man müsse sich die Frage stellen, ob Lage nicht noch eine Gesamtschule brauche - auch in privater Trägerschaft. Diese könnte dann beispielsweise mit dem Gymnasium eine gemeinsame Oberstufe bilden, und selbiges könnte zu einem Sportgymnasium entwickelt werden.

Die Abwanderung von Schülern sei &bdquo;ein vernichtendes Urteil für Lage“, so Zibart. Ein Grund dafür sei, dass es für ein neues Schulzentrum mit Gesamtschule in Lage, getragen durch den Christlichen Schulverein Lippe, 2023 keine politische Mehrheit gegeben habe. Der Träger habe aber immer noch den Willen, eine Gesamtschule in Lage zu etablieren.

Dem entgegnete Kalkreuter: &bdquo;Meine Priorität als Bürgermeister liegt erstmal bei den Schulen in städtischer Trägerschaft. Wir haben in den vergangenen Jahren knapp zehn Millionen Euro in die Schulen und in die Kitas investiert, und hier muss es weitergehen.“ Die Lagenser Schulen müssten attraktiv gemacht werden, damit die freien Plätze künftig genutzt würden.

Dass Lage in Sachen Schulen &bdquo;ein vernichtendes Urteil“ verdiene, kann Martina Hannen überhaupt nicht nachvollziehen. &bdquo;Was ein Blödsinn: Wir haben fantastische Grundschulen, die sind richtig gut saniert, und wir haben eine vielfältige Schullandschaft. Eine, die integriert und inkludiert, weil es so sein muss, und weil sie es kann.“ Dazu habe sich die Politik seinerzeit nach vielen Diskussion gegen die Einrichtung einer Gesamtschule und für eine Sekundarschule entschieden. Auch deshalb, weil eine Gesamtschule das Gymnasium irreversibel schädigen würde. Ihre Schlussfolgerung: &bdquo;Wir müssen die Schulen, die wir hier haben, stärken.“ Dazu gehöre auch die &bdquo;tolle Realschule“.

In Frage stellt die Kandidatin der FDP hingegen das &bdquo;Dalton-Konzept“ im Gymnasium, das viel selbstverantwortliches Lernen vom 5. bis 12. Schuljahr fordere. &bdquo;Nicht jeder Schüler kann das.“ Und das schrecke Eltern gerade von jüngeren Schülern ab. Sie forderte, das &bdquo;Dalton Konzept“ zurückzufahren.

Sewing ergänzte, dass sich am Gebrüder-Humboldt-Gymnasium für das neue Schuljahr 59 Kinder angemeldet worden sind. Im Vorjahr seien es 62 gewesen. 37 Lagenser Kinder wandern in andere lippische Orte ab.

Wohnraum: Laut Moderatorin Sewing tut sich bei der Papageien-Siedlung, die leer gezogen wurde und saniert werden soll, nichts. Kalkreuter erwartet im Herbst weitere Erkenntnisse zu dem Fall. Bekanntlich habe ein Wohnungsunternehmen aus Dortmund 160 Wohnungen abgemietet.

Laut Frederik Topp gibt das Kataster im Rathaus 600 Wohnraum-Lücken in Lage her. Hier sollte die Stadt mit den Eigentümern ins Gespräch kommen. Auch sei sinnvoll, Wohnen in der Fußgängerzone auch im Erdgeschoss zu erlauben, um leer stehende Ladenlokale mit Leben zu füllen. Für Martina Hannen hat das Wohnraum-Problem vor allem mit den stark gestiegenen Baukosten zu tun. Es gelte, die Bauordnungsregeln zu überdenken, damit Bauen zum Beispiel für junge Familie wieder bezahlbar werde.

Eine Frage aus dem Publikum an die Kandidaten richtete sich an ihren Umgang mit der AfD. Kalkreuter glaubt in dem Zusammenhang nicht, dass alle diejenigen, die zur Bundestagswahl im Februar AfD gewählt haben, rechtsaußen im politischen Spektrum zu verorten seien. &bdquo;Es gibt eine Unzufriedenheit im Land, und das gestehe ich auch gerne zu, insbesondere mit der Arbeit der letzten Bundesregierung. Leider macht es die neue Bundesregierung im Moment nicht viel besser, wie wir seit dem Wochenende wissen.“ Dies sage er im Übrigen nicht als Bürgermeister, sondern als Kandidat.

Für Topp ist es wichtig, Extremisten in jeder Form zu bekämpfen. Martina Hannen verweist auf eine &bdquo;gut aufgestellte Stadtgesellschaft. Wir müssen nur immer im Austausch bleiben.“ Für Kandidat Ziebart ist wichtig, in dem Fall zu differenzieren und im Rat im Gespräch zu bleiben.

Ein Gast verwies darauf, dass aus seiner Sicht der &bdquo;Zusammenschluss“ der vier Bürgermeisterkandidaten einen weiteren Kandidaten &bdquo;herausgekickt“ habe. Gemeint war offenbar Uwe Detert (AfD), dessen Nominierung als Bürgermeisterkandidat von den Wahlausschüssen des Kreises und der Stadt mehrheitlich wegen Zweifel an dessen Verfassungstreue abgelehnt wurde. LZ-Chefredakteur Dirk Baldus entgegnete, dass die Einladung zum LZ-Wahlmobil von der LZ ergangen sei. Und es seien die Kandidaten eingeladen worden, die auf dem Wahlzettel stünden.

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