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Stadt Lemgo gibt Gas bei „Tempo 30“

Till Brand

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Tempo ist Thema: Ein Geschwindigkeitsdisplay kurz vor dem Kindergarten Entrup gibt es bereits. Jetzt schlägt die Stadt hier „Tempo 30“ vor. - © Foto: Jens Rademacher
Tempo ist Thema: Ein Geschwindigkeitsdisplay kurz vor dem Kindergarten Entrup gibt es bereits. Jetzt schlägt die Stadt hier „Tempo 30“ vor. (© Foto: Jens Rademacher)

Lemgo. Die neue Straßenverkehrsordnung birgt eine Beweisumkehr: Bislang musste die Stadt besondere Gefahren nachweisen, um vor Kitas, Schulen und sozialen Einrichtungen „Tempo 30" anzuordnen. Das war oft kompliziert. Jetzt läuft’s andersherum: Nur, wenn etwas gegen schärfere Limits spricht, kann darauf verzichtet werden. Die Stadt möchte nun in fünf Fällen Gebrauch von neuen Schildern mit „Tempo 30" machen.

Das Verkehrsamt hat beim Landesbetrieb Straßenbau in Bielefeld eine Liste eingereicht, mit der Bitte, folgende Tempo-30-Abschnitte abzunicken: die Hauptstraße in Wahmbeckerheide auf Höhe des Kindergartens, die Bielefelder Straße an der Grundschule Lieme, die Rintelner Straße am Klinikum, die Richard-Wagner-Straße, an der sowohl das Marianne-Weber-Gymnasium als auch die Grundschule Kampstraße liegen, sowie zu guter Letzt den Entruper Weg am Kindergarten Tausendfüßler.

Argumente dagegen könnten beispielsweise die drohende Verdrängung von Verkehr in ein angrenzendes Wohnviertel sein, hatte Sven Johanning vom Landesbetrieb Straßenbau zuletzt gesagt. Oder aber, dass sich der Stadtbus durch den Zeitverlust chronische Verspätungen einhandele.

Zwischenbilanz: Für die von Monika Römer vom Straßenverkehrsamt vorgelegte Liste sieht es recht gut aus. Denn: Eine Alternative durch ein Wohnviertel bietet sich allenfalls im Fall der Richard-Wagner-Straße. Allerdings verdient hier der Schleichweg – über den Entruper Weg, die Slavertrift und Siechenstraße – seinen Namen gleich zweifach: Hier parken meist so viele Wagen rechts und links, dass bei Gegenverkehr jedwede Zeitersparnis gegenüber der Hauptroute über die Richard-Wagner-Straße dahin sein dürfte.

Und der Stadtbus? Fährt gar nicht nach Wahmbeckerheide, streift die Grundschule Lieme nur am Rande und biegt aus beiden Richtungen kommend direkt vor der Richard-Wagner-Straße ab... Eine Verspätung ob der neuen Abschnitte mit „Tempo 30" wäre allenfalls auf den Linien bis Matorf (Bredaerbruch) und Lüerdissen überhaupt denkbar.

Die Polizei sieht auf Nachfrage an allen fünf Stellen „keine besonderen Auffälligkeiten im Hinblick auf das Unfallgeschehen", wie Polizeisprecher Uwe Bauer mitteilt. Die Betroffenen sind dennoch froh, auf der Liste zu stehen – etwa Carsten Steinmeier, Vorsitzender des Ortsausschusses Entrup.

Regina Seidel, Leiterin des Kindergartens Wahmbeck, hofft ebenfalls auf „Tempo 30": „Das bringt zusätzliche Sicherheit." Momentan sei die bei Detmold-Pendlern beliebte Strecke über Wahmbeckerheide gerade morgens extrem stark befahren. Unangenehm für die Kinder, die zur Bushaltestelle die Straße überqueren müssen. An einem Zebrastreifen zwar, den aber nicht alle Autofahrer respektieren, wie Regina Seidel beobachtet. Immerhin sei das relativ neue Tempodisplay eine gute Sache. Die Kita-Chefin: „Wenn ich selbst von Brake hochkomme, merke ich, wie vor und hinter mir gebremst wird."

Entruper für Verkehrsinsel am Kartoffelhäuschen

Auch wenn „Tempo 30" vor der Kita kommt, wollen die Entruper ihre Forderung nach einer Querungshilfe am Ortseingang, auf Höhe des Kartoffelhäuschens von Bauer Hanken, nicht aufgeben. „Eine Lösung des Problems ist das Tempolimit alleine nicht", sagt der Ortsausschussvorsitzende Carsten Steinmeier (CDU).

Die Entruper seien beim Landesbetrieb Straßenbau zwar schon mal mit dem Wunsch nach der Querungshilfe abgeblitzt, jedoch werde man das Vorhaben zu gegebener Zeit erneut aufgreifen. Carsten Steinmeier: „Eine Schikane in der Ortseinfahrt ist die einzige Maßnahme, die wirklich etwas bringt." Auf der anderen Seite des Dorfs gibt es sie bereits. Aus eigener Tasche haben die Dorfbewohner bereits die Tempoanzeige am Kindergarten finanziert – die mit „Danke" aufs Tempo reagiert.

Kein Zacken aus der Krone

Ein Kommentar von Till Brand

Tempo 30? Find’ ich gut. Im Stadtverkehr werden aus den normalerweise erlaubten 50 auch schnell mal knapp 60 – bei dieser Erfahrung dürfte sich jeder Autofahrer schon ertappt haben. Dann aber fällt der Bremsweg glatt vier mal so lang aus. Eine Gefahr für die schwächsten unter den Verkehrsteilnehmern. Und um gerade die geht es nun mal, wenn wir über „Tempo 30" vor Kindergärten, Schulen & Co. diskutieren.

Warum haben die Elterntaxis wohl Überhand genommen? Es ist das latente Gefühl, dass der Schulweg für die Kleinen nicht sicher ist – und dazu trägt eben maßgeblich auch der Verkehr bei. So muss es ein Ziel sein, dass Eltern ihren Kindern wieder zutrauen, Wege, die sich allein bewältigen lassen, auch auf eigene Faust zu gehen. Natürlich können großzügige Abschnitt mit „Tempo 30" da helfen.

Und ganz ehrlich: Dem Autoverkehr bricht kein Zacken aus der Krone, wenn er zwischen Rintelner Straße und Gosebrede gezwungen ist, etwas langsamer zu fahren. Zumal man angesichts der Schülermassen, die hier zu den Bussen strömen, ja beinahe automatisch aufs Bremspedal steigt. Für all die, die nicht ausreichend Sensibilität mitbringen, bedarf es dann eben der scharfen Tempo-Begrenzung.

So auch auf Höhe Klinikum. Der Gratis-Parkstreifen ist so beliebt, dass zur Feierabendzeit ständig Türen aufgerissen werden und Krankenhausbesucher auf der Straße aussteigen. Ein Wunder, dass nicht mehr passiert. So soll es bleiben.

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