Lemgo. Wer ein Studium beginnen will, steht vor großen Herausforderungen. Welcher Studiengang passt zu mir, wie finde ich Anschluss, wo soll ich wohnen und wie finanziere ich das Ganze? Keine leichte Entscheidung, noch schwerer aber wird es für die Studenten, die aus ihrem Heimatland fliehen mussten und ihr Studium weit weg von Zuhause aufnehmen. An der Hochschule OWL kümmert sich Benjamin Hans um Studenten mit einer Fluchtgeschichte. Der Soziologe arbeitet seit etwa eineinhalb Jahren im „International Office" der Hochschule OWL und ist für die Erstberatung angehender Studenten mit Fluchtgeschichte zuständig. Außerdem koordiniert Hans auch studienvorbereitende Sprachkurse. Mehr als 130 Geflüchtete studieren derzeit an der Hochschule OWL. Der Großteil hat sich zum laufenden Semester eingeschrieben. „2015 sind die meisten gekommen. Es braucht Zeit anzukommen und Formalien zu klären. Dann braucht es etwas Zeit, bis das Sprachniveau da ist und erst dann folgt der Weg ins Studium", erklärt Benjamin Hans die hohe Einschreiberate im aktuellen Semester. Nicht jeder Bildungsabschluss werde anerkannt, doch vor allem beim Abitur aus Syrien stehen die Chancen gut. Zudem müsse ein gutes Sprachniveau nachgewiesen werden. Probleme entstehen mitunter durch die Residenzpflicht, denn solange das Asylverfahren läuft, kann der Wohnort nur schwer gewechselt werden. Das bedeutet für die Flüchtlinge zum Teil lange Anfahrtswege. Für die Studienvorbereitungskurse und das eigentliche Studium können sie sich auch während des laufenden Asylverfahrens einschreiben und erhalten ein Semesterticket, um an den Kursen teilnehmen zu können. Qutaiba Al Mousa und Mohamad Sharabati stammen aus Aleppo in Syrien und sind seit 2015 in Deutschland. Beide haben ihren Weg ins Studium auch mit der Hilfe von Benjamin Hans gefunden. Mittlerweile arbeiten sie neben dem Studium im „International Office" und helfen anderen in einer ähnlichen Situation dabei, sich an der Hochschule zurechtzufinden. Mohamad Sharabati studiert Architektur. Obwohl er bereits in Syrien drei Jahre in dieser Fachrichtung an der Uni war, wollte er in Deutschland bei Null anfangen, um sich umfassende wissenschaftliche Kenntnisse in deutscher Sprache anzueignen. „Architekt zu sein, ist mein Traum" sagt Mohamad Sharabati und ist bereit, dafür auch bei seiner Freizeit Abstriche zu machen. „Das Studium ist irgendwie auch mein Hobby", erzählt Sharabati. Qutaiba Al Mousa hat in Syrien ein Jahr Maschinenbau studiert. In Deutschland wollte er eigentlich Arzt werden. „Ich habe mein Abitur mit der Note 1,3 gemacht. Aber das Sprachniveau hat nicht für die Zulassung zum Medizinstudium gereicht", erklärt er in mittlerweile fließendem Deutsch, warum er sich umentscheiden musste. Nun studiert Qutaiba Medizintechnik in Lemgo. Auch in seiner Freizeit widmet er sich der Medizin und arbeitet seit 18 Monaten ehrenamtlich als Rettungshelfer und erste Hilfe-Ausbilder für den ASB. Beide Studenten fühlen sich wohl in Lippe. Negative Erfahrungen haben sie an der Hochschule kaum gemacht. Mohamad Sharabati liegt auch das Thema Integration am Herzen: „Wenn wir von Integration sprechen, müssen wir verstehen, dass Integration nicht nur von einer Seite kommt. 2015 hat Deutschland über eine Million Flüchtlinge aufgenommen. Wir müssen miteinander leben und wir müssen miteinander reden – nicht über einander. Parallelgesellschaften helfen nicht weiter." Im März 2019 starten die nächsten Studienvorbereitungskurse des „International Office".