Am Rost-Stahl des neuen Hotels "Annenhof" scheiden sich die Geister

Lemgo . Cortenstahl mit seiner typischen rostigen Optik am neuen Hotel in der Breiten Straße? Und das direkt gegenüber dem geschichtsträchtigen Hexenbürgermeisterhaus? Für manchen Lemgoer Lokalpolitiker geht das gar nicht. Auch im Planungsamt schwillt den Kollegen mit Blick auf die Baumaßnahme, keine fünf Gehminuten von der Bauverwaltung entfernt, der Kamm. Denn: In der Baugenehmigung war von Cortenstahl noch nicht die Rede.

Das Ganze wurde schlichtweg &bdquo;anders ausgeführt als beantragt", bringt es Markus Baier, Bürgermeister und vormals passenderweise verantwortlicher Geschäftsbereichsleiter für Stadtplanung und Bauen, auf den Punkt. Wie Berit Weber, Leiterin der Abteilung Stadtplanung, ergänzt, sollte – der Aktenlage zufolge – das Erdgeschoss des Hotels &bdquo;Annenhof" eigentlich mit Sichtbeton verkleidet werden.

Berit Weber: &bdquo;Fakt ist, wir waren alle überrascht vom Material. Die einen empfinden es als unpassend, die anderen als schick." Dem kann sich auch Veronika Sauerländer (CDU), Vorsitzende des Planungsausschusses der jüngst abgelaufenen Wahlperiode, anschließen. Rein rechtlich seien Bauherr und Architekt auf der sicheren Seite, sagt Berit Weber weiter. Denn im Bebauungsplan hatten Lemgos Stadtplaner das Material nicht genauer fixiert. Und da B-Plan letzten Endes über der Baugenehmigung steht, ist der avisierte Sichtbeton nicht bindend. Das habe eine juristische Prüfung seitens der Stadtverwaltung inzwischen ergeben.

Kommunikation war "nicht optimal" Ein Nachtrag zum Bauantrag hat das ganze Dilemma inzwischen repariert. Allerdings müssen künftige Bauherren möglicherweise mit einer härteren Gangart aus der Heustraße rechnen, wie Abteilungsleiterin Weber in Aussicht stellt. Beispielsweise werde man beim Hanse-Hof, der Bebauung hinter dem Hanse-Center, penibel darauf achten, in ebenso &bdquo;sensibler Umgebung" solche Fragen im Vorfeld sicher zu regeln.

Architekt Reinhard Schwakenberg, der den Bau des &bdquo;Annenhof" verantwortet, räumt ein: &bdquo;Man hätte den Materialwechsel besser kommunizieren können." Andererseits sei ein Haus-, oder eben Hotelbau immer auch ein komplexer Prozess, bei dem viel in Bewegung sei. Und so habe der Bauherr, Professor Klaus Steffens, nur ein paar Hundert Meter weiter – am &bdquo;Bega Beach" – gesehen, wie schnell Sichtbetonwände Sprayern zum Opfer fallen. Zudem habe die Angabe von Sichtbeton lediglich in der relativ unverbindlichen Baubeschreibung gestanden.

Dass nun ein Nachtrag gestellt werde, sei bei fast jeder Baumaßnahme üblich. Beispielsweise sei auch die Rückseite zum Abteigarten hin mit Holz-, statt Putzfassade ausgeführt worden. &bdquo;Optisch habe ich bisher nur Positives über den Cortenstahl gehört", stellt Schwakenberg fest. Der Annenhof wird voraussichtlich im März eröffnen, ursprünglich sollte es schon fast ein Jahr vorher so weit sein. Doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Nicht nur, dass die Übernachtungszahlen im Schwesterbetrieb Stadtpalais eingebrochen sind, auch die Bauarbeiten ruhten von März bis August.

Apropos Cortenstahl und Lemgo: Da war doch mal was? Richtig, vor etwa fünf Jahren hatte das Material in Lemgo schon mal Kritiker und Fürsprecher auf den Plan gerufen: Bei der Neugestaltung des Bildungsboulevards vom Lüttfeld zur Hochschule sind unter anderem Laternen und Leitbänder aus Cortenstahl.

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