Beim Schulneubau in Lemgo kommen selbst die Profis ins Schwärmen

Lemgo. Die neue Astrid-Lindgren-Förderschule ist derzeit eine Großbaustelle. Genau genommen gibt es gar zwei davon: Sowohl am Lüttfeld als auch am Vogelsang hat der Kreis Lippe Millionenprojekte laufen, die momentan im Rohbau dastehen. Die Winterpause währt nur kurz, der Fortschritt ist rasant. Das liegt daran, dass das Unternehmen Goldbeck auf große Fertigteile setzt, bei denen sogar Fenster vormontiert sind, erklärt Damian Grzonka, als Projektmanager für beide Bauvorhaben verantwortlich.

Der Goldbeck-Mann bringt es auf den Punkt: &bdquo;Mit diesen Fertigteilen ist der Rohbau schneller dicht." Was wiederum den Handwerkern gefällt, die es im Inneren richten sollen. Teils ist der Ausbau gestartet – in großen, weiten Etagen werden bereits die späteren Strukturen durch Trockenbauwände sichtbar.

Eben diese Strukturen sind es, die es nach den Worten von Christoph Schnare, dem Konrektor der heute noch im Ortsteil Leese gelegenen Astrid-Lindgren-Schule, in sich haben werden. Schulleiterin Gudrun Laag spricht angesichts der derzeitigen Belastung durch Corona davon, wie gut es tue, &bdquo;den Blick bewusst auf die Zukunft zu richten".

Stehen in Leese pro Klasse knapp 40 Quadratmeter zur Verfügung, werden es künftig etwa 60 sein. Dazu nimmt die Förderschule Abschied von ihren unzähligen und gefühlt unendlich langen Fluren im verschachtelten Gebäude in Leese, das zwar architektonische Reize hat, als Sonderschule aber nur bedingt taugt. &bdquo;Kommunikation ist hier immer eine Herausforderung", sagt Konrektor Schnare.

Dazu die Enge, die in den Jahren 2020/21 &bdquo;Einbahnstraßen-Regelungen" erfordert – Stichwort: Corona. Angesichts der großzügigen Flure vor allem am Vogelsang, wo die jüngeren Förderschüler einziehen, sehe das schon anders aus. Ohnehin hat der Raumbedarf über die Jahre zugenommen, weiß Schnare. Die Schülerschaft sei deutlich heterogener und bringe deshalb beispielsweise auch mehr &bdquo;Begleitpersonal" zur Unterstützung mit in das Gebäude.

Schüler sollen viel selbst machen Nicht nur mehr Platz hat das Kollegium aber an beiden Standorten gebucht – auch technisch ist es ein Quantensprung, sagt Projektleiterin Andrea Berger von der Kreisverwaltung. Pflegebäder, digitales Lernen, Lüftungsanlage ... In der Nähe jedes Klassenraumes ist eine Teeküche vorgesehen. Das Leben lernen, heißt das Stichwort: Die Schüler sollen viel selbst machen, um möglichst gut auf eigenen Beinen zu stehen.

Die Klassen gruppieren sich um &bdquo;Marktplätze" mit Experimentierwagen, Multifunktionsräumen und Lehrerzimmern. Jede Klasse erhält einen Differenzierungsraum. Insgesamt ergeben sich auf drei Geschossen und etwa 4300 Quadratmetern 18 Klassen-und Fachräume für 144 Schüler, Lehrer und Betreuer. Ein pädagogisches Konzept, dem Lippes Landrat Dr. Axel Lehmann jüngst &bdquo;Leuchtturmcharakter" bescheinigte. Der etwas erhöht liegende Musikraum lässt sich mit dem Raum nebenan zu einer großen Aula zusammenlegen. Werkräume sollen teilweise mit der gegenüberliegenden Karla-Raveh-Gesamtschule geteilt werden: Gelebte Inklusion ist das Ziel.

Wer an den gestreiften großen Glasfronten hängen bleibt: Sie sind Ausdruck der Biodiversitätsstrategie des Kreises. Das Muster soll verhindern, dass Vögel gegen die Scheiben fliegen. Das Gebäude hat Passivhausstandard, Nistkästen und Vogelhäuser werden angebracht, die Beleuchtung auf Lichtverschmutzung geprüft und so wenig Boden wie möglich versiegelt.

Die Spielgeräte ziehen aus Leese teils mit um – insgesamt soll das Außengelände aber noch vielfältiger werden. Snoezelraum, Sporthalle und die Schwimmhalle komplettieren das Vorhaben, das laut Projektleiter Jörg Berkensträter selbst für die Bauprofis von Goldbeck &bdquo;besonders" ist. Die Tiefe des Schwimmbeckens lässt sich zwischen 30 Zentimetern und 1,80 Meter einstellen. Mit der höheren Temperatur wird auch ein therapeutischer Effekt erreicht.

Blick auf den Bildungsboulevard Am Lüttfeld entsteht der zweite Neubau, in den die Berufspraxisstufe zieht. Für Schüler, die nach dem 18. Lebensjahr noch drei Jahre dranhängen – quasi eine Ausbildung für Werkstätten oder den geförderten Arbeitsmarkt im geschützteren Raum.

Hier kommen auch Fachräume für das Hanse-Berufskolleg und die neue Mensa unter. Durch eine große Glasfront soll sich der Blick auf den Bildungsboulevard öffnen – wer Frischluft mag, nimmt auf der Terrasse Platz. Während am Vogelsang eine &bdquo;Puddingküche", wie sie genannt wird, zum Erwärmen von Speisen zur Verfügung steht, ist am Lüttfeld eine vollwertige Küche geplant, die mehr als 300 Portionen wuppen soll.

Am Vogelsang üppiger fällt dagegen das Baufenster aus – in alle Richtungen. Am Lüttfeld ist es knackig eng, betont der dort verantwortliche Projektleiter Frank Kulowatz: &bdquo;Deswegen steht hier der Kran mitten im Gebäude." In Großstädten sei das am Bau gar nichts Ungewöhnliches. In Lemgo ist es das schon.

Platz ist am Ende für 48 Astrid-Lindgren- und 60 Berufskollegsschüler. &bdquo;Es wird gemeinsame Zonen und Rückzugsorte für unsere Schüler geben", macht Konrektor Christoph Schnare deutlich.

Das aufgrund des abfallenden Geländes teilunterkellerte Gebäude bekommt mittig eine prägnante Glaskuppel – dort, wo zuletzt der Kran stand. Vom Untergeschoss öffnet es sich zum Außengelände, wo ein Kleinspielfeld, eine Outdoor-Werkbank, ein Grillbereich, eine Probe-Pflasterfläche für den Garten- und Landschaftsbau und ein Fitness-Parcours geplant sind. Bezogen werden soll die neue Astrid-Lindgren-Schule im Frühjahr 2022; der Kreis investiert dafür mehr als 40 Millionen Euro.

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