Bodensanierung am Wall startet: Loch für Loch in eine saubere Zukunft

Lemgo. Der Bohrer überragt die Wohnhäuser deutlich. Auf 20, eher 25 Meter, schätzt Oberbauleiter Thomas Kelbert vom Unternehmen Arcadis das hoch aufgeschossene Spezialgerät. Und doch können Spaziergänger auf dem nördlichen Wall die Baustelle am Neuen Tor dieser Tage deutlich früher hören als sehen. Denn Kelberts Bohrer kann nicht nur hoch, sondern auch laut.

Mit dem 100-Tonnen-Gerät hat für die Anwohner die unangenehme Phase der Bodensanierung begonnen. Wie berichtet, muss durch Dutzende Bohrlöcher die Erde rund um die alte chemische Reinigung metertief rausgeholt, in geschlossenen Containern abgefahren und entsorgt sowie gegen sauberen Boden ausgetauscht werden. Wurden doch vor zig Jahren Reinigungsmittel verklappt – Wasser, Grund und Boden belastet.

Bis auf eine Tiefe von sieben Metern

Sechs bis acht Löcher möchte die Truppe am Tag wuppen, stellt David Kölling von der Firma Eggers Tiefbau in Aussicht. Dutzende Bohrungen, jede einzelne genau taxiert – bis auf eine Tiefe von sieben Metern – müssen es am Ende sein. Ergibt also eine Zeit von acht Arbeitswochen, in der es lauter wird. Und zwar montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr – da können die Beteiligten nur um Verständnis werben. Verständnis für eine Maßnahme, an der kein Weg vorbei führt.

Über Jahre haben die Stadt Lemgo, ihr Entwässerungsbetrieb und der zwischenzeitlich mit dem Problem betraute AAV, der Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung, das schmutzige Erbe hin und her gewogen. Am Ende stand fest: Es wird dreigleisig gefahren. Erstens Abriss der alten Reinigung – auch laut, aber schnell über die Bühne zu bringen. Zweitens Bohren, Bohren, Bohren – nach dem Motto &bdquo;Ohren zu und durch“. Und drittens dann &bdquo;Pump and Treat“. Über viele Jahre wird noch Wasser empor gepumpt und gereinigt werden, um es sauberer zurück zu leiten.

Doch zurück zum Bohren. Wenn sich der Zylinder in den Boden dreht, ist das vergleichsweise leise. Von der &bdquo;sanftesten Art zu bohren“ spricht der Oberbauleiter. So muss es aber auch sein, damit die teils schon älteren Nachbarhäuser nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Laut wirds dann, wenn das Material schon grober aus dem Bohrer geklopft wird.

Schutzausrüstung für die Arbeiter

Apropos Häuser: Teilweise werden die Bohrlöcher nicht mit schlichter, unbelasteter Erde oder Schotter verfüllt, sondern mit Flüssigboden. Härtet aus wie Beton, ist aber keiner, sagt Thomas Kelbert. Sprich: Generationen nach uns werden irgendwann nicht das Vergnügen haben, ihn als großen Betonklotz aus dem Slavertorwall trümmern zu müssen.

Was in welches Loch gehört, haben übrigens Statiker im Vorfeld genau ausgerechnet, betont Immo Henneberg, der Abteilungsleiter für Gewässer bei der Stadt Lemgo.

Während die Mitarbeiter, die rund um den Bohrer arbeiten, mit Schutzanzügen und Masken ausgestattet sind, gegen die sich die Corona-Standardware fast niedlich ausnimmt, herrscht im Führerhaus des Bohrers ein Überdruck, sodass keine Luft von außen hinein gelangt. Die Zufuhr läuft ebenfalls über einen Filter. Brexit und Corona lassen grüßen: Weil der Filter-Nachschub für die Atemmasken stockte, konnte erst am Mittwoch gebohrt werden.

Dazu kommt, dass der extralange Bohrer, der nicht einklappbar ist, mit einem Schwertransport nach Lemgo gebracht wurde, der zwingend von Polizei zu begleiten ist. Da in der Nacht auf Montag aber Eisglätte prognostiziert war, waren die Ordnungshüter anderswo gefragt – der Sondertransport wurde um eine Nacht verschoben. &bdquo;Wir liegen trotzdem im Zeitplan“, bekräftigt Oberbauleiter Kelbert.

Da in den Bohrlöchern mit Wasser teils Gegendruck zum Grundwasser erzeugt werden muss, steht vor Ort außerdem eine Filteranlage. Ansonsten gilt: Die einzelnen Bohrlöcher garantieren ein derart kleinteiliges Arbeiten, dass möglichst keinerlei Schadstoffe freigesetzt werden.

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