Alte chemische Reinigung: Pflanzenöl hilft bei Schadstoffsanierung am Wall in Lemgo

Lemgo. Die Hinterlassenschaften der ehemaligen chemischen Reinigung am Slavertorwall werden die Stadt wohl weitere Jahre beschäftigen. Nachdem dort 2021 der belastete Boden ausgetauscht wurde, kommt nun der letzte Schritt der Altlastenbeseitigung: die Entgiftung des Grundwassers und des Bodens in tieferen Schichten. Damit wird es voraussichtlich im Herbst 2025 losgehen. Eine wichtige Rolle dabei spielt Speiseöl.

In den Boden am Standort der ehemaligen Reinigung an der Neuen Grabenstraße waren über Jahrzehnte Giftstoffe gelangt, als sie über einen alten Kanal unter dem Wall abgeleitet wurden. Der Boden und das Grundwasser sind mit sogenannten leichtflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW) verseucht. Vor etwa fünf Jahren wurde die Reinigung abgerissen, 5000 Tonnen verseuchter Boden am Wall wurden ausgetauscht.

Jetzt geht es daran, die Schadstoffe im Grundwasser zu reduzieren, wie Projektleiter Andreas Christ vom Büro Arcadis im Lemgoer Umweltausschuss berichtete. Denn unterhalb des schon ausgetauschten Untergrunds gibt es in vier bis elf Metern Tiefe immer noch belasteten Boden und Schadstoffe im Grundwasser. Die sollen abgebaut werden, indem Kaliumpermanganat ins Grundwasser gespritzt wird. &bdquo;Dieses Mittel oxidiert die Schadstoffe“, so Christ. So würden diese abgebaut.

Wasser wird an Ort und Stelle behandelt Die Methode nennt sich &bdquo;In situ chemische Oxidation“ (Isco), was in etwa bedeutet, dass Boden und Grundwasser an Ort und Stelle behandelt werden, indem eben ein bestimmter Stoff in den Boden gebracht werden. Das geschieht aus Kostengründen – der Austausch von Boden in diesen Tiefen wäre deutlich teurer.

Die Brunnen dafür gibt es bereits: Ihre Metallabdeckungen sind am Rand des Walls in der Nähe der Leopoldstraße gut sichtbar. An sie wird eine Benetzungsanlage angeschlossen, die in einem Container am Wall untergebracht wird. So werden in drei Wellen mit vier Monaten Abstand jeweils 176 Kubikmeter Injektionslösung in den Boden gebracht. Pro &bdquo;Kampagne“ werde das etwa 15 Arbeitstage dauern, sagte Christ. Bei Bedarf seien bis zu sechs weitere Kampagnen möglich.

Während die Isco-Arbeiten sich auf den Bereich unmittelbar an der ehemaligen Reinigung konzentrieren, geht es bei einer zweiten Methode der Schadstoffsanierung um den Bereich über dem ehemaligen unterirdischen Wallkanal, durch den der eingesetzte Stoff Perchlorethylen abfloss. Hier befinden sich mehrere Anwohnergärten im Sanierungsbereich, der sich westlich an den Standort der Reinigung anschließt.

Die Methode der Wahl heißt hier Ena (&bdquo;Enhanced natural attenuation“, zu Deutsch etwa: verstärkter natürlicher Schadstoffabbau). &bdquo;Es gibt im Untergrund Bakterien, die Schadstoffe abbauen“, erläuterte Christ. Hier kommt das Pflanzenöl ins Spiel: Diese Tätigkeit dieser Bakterien lasse sich anregen, indem eine Pflanzenölemulsion in den Boden eingebracht wird.

60 Prozent Sojaöl Und zwar an 37 Stellen auf der südlichen Seite des Walls, teils auch in den Gärten der Anwohner. Um die Häuser nicht zu schädigen, sollen die Bohrungen, mit denen die Substanz in zwei bis vier Meter Tiefe in den Boden injiziert wird, möglichst langsam vonstattengehen, so Christ. Einen Pilotversuch dazu habe es in einem der Hausgärten gegeben. Ergebnis: &bdquo;Wir haben einen Schadstoffabbau von 80 bis 100 Prozent nachgewiesen.“

Die Emulsion besteht nach seinen Worten aus 60 Prozent Sojabohnenöl, Ethanol (Alkohol) und Wasser. Pro Bohrstelle werden bei dieser biologischen Schadstoffbehandlung 400 Liter der Lösung in den Boden gepumpt.

Der Erfolg werde über Grundwasser-Messstellen überwacht. Auch die Gebäude würden kontrolliert. Während die Ena-Arbeiten etwa einen Monat in Anspruch nehmen, kann die Isco-Maßnahme ein bis drei Jahre dauern. Sollten die Schadstoffkonzentrationen dann wider Erwarten nicht ausreichend gesunken sein, ist denkbar, das Grundwasser an die Oberfläche zu pumpen, um es zu reinigen. Man hoffe aber, das werde nicht notwendig sein, sagte Christ im LZ-Gespräch.

Kosten: eine knappe Million Euro Die Kosten für die letzte Etappe der Altlastenbehandlung liegen bei knapp einer Million Euro. Davon trägt der Verband AAV 80 Prozent. An dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung ist die öffentliche Hand in NRW beteiligt. Die restlichen 20 Prozent trägt zum größeren Teil die Stadt Lemgo, zum kleineren Teil der Kreis Lippe. Denn der Verursacher der Kontamination ist nicht mehr greifbar.

Für die Schadstoffsanierung auch der bisherigen Phasen gab es Lob aus dem Ausschuss. Angesichts der Unruhe, die die Sanierung ausgelöst hatte, vermerkte Roman Paschek (CDU) positiv, dass die Sache in jüngster Zeit so geräuschlos über die Bühne gegangen sei. Dr. Engelbert Müller vom AAV berichtete auf Nachfrage von gutem Kontakt zu den Anwohnern. Und auch Ausschussvorsitzender Dr. Burkhard Pohl (Grüne) betonte, man könne mit der Sanierung gut leben, &bdquo;und ich hoffe, die Menschen in der Straße ebenfalls“.

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