Ist Gleichstellung selbstverständlich? – Frauenblick auf die Lemgoer Politik

Lemgo. Frauenquote, Binnen-I, Weltfrauentag – &bdquo;Brauchen wir das? Ist die Gleichstellung und Gleichberechtigung von Frau und Mann nicht eine Selbstverständlichkeit, im Grundgesetz verankert?", fragen sich Claudia Stolz, Mitglied der Grünen und im Gleichstellungsausschuss, Christiane Thiel, Mitglied der CDU und Stadtführerin, und Britta Y. Stricker, Autorin und Fotografin, sowie ihre Mitstreiterinnen. Und doch sind sie sich einig: Wir brauchen Aufmerksamkeit und mehr Frauen, die sich politisch und gesellschaftlich engagieren.

Doch warum machen das nicht so viele? &bdquo;Viele Frauen trauen es sich nicht zu", meint Britta Y. Stricker, befürchten, von den Männern nicht ernst genommen zu werden. Doch wenn Frau eine Meinung hat und zu der steht, wird sie Ernst genommen, ist Christiane Thiel überzeugt und spricht aus jahrelanger Erfahrung in der Kommunalpolitik.

Deshalb haben sie zusammen mit Jessica Schrader (Einfach Lemgo), Katharina Kleine Vennekate (Grüne), Cornelia Graeve (Soziales Lemgo), Sonja Allington (Bürger für Lemgo), Andrea Pries (CDU), Liesel Kochsiek-Jakobfeuerborn (SPD), Renate Bauer (SPD) und Gundula Homann (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt) die überparteiliche Initiative &bdquo;Frauenblick auf Politik" ins Leben gerufen.

Frauenpower gezielt nutzen

Claudia Stolz hat die Initiative angestoßen, weil &bdquo;es wichtig ist, dass sich mehr Frauen in der Kommunalpolitik engagieren. Wie bereits Käte Strobel (deutsche Politikerin, 1907-1966, Anm. d.Red.) sagte: ,Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie alleine den Männern überlassen könnte." Und dabei geht es nicht nur um Politik im engeren Sinne, es geht um Wirtschaft, Kunst, Kultur und die Belange der Bevölkerung. Dabei gebe es keine &bdquo;typischen Frauenthemen" sondern einfach einen anderen Blick auf die Sachverhalte, ergänzt Christiane Thiel.

Das Ziel der Initiative: Frauenpower gezielt nutzen. &bdquo;Es sitzen überwiegend Männer im Rat und in den Ausschüssen, die Politik ist mit männlichen Strukturen geprägt, viele Frauen fühlen sich durch die Parteistrukturen nicht angesprochen", erklärt Claudia Stolz. Regeln und Prozeduren seien undurchsichtig. Sie möchte mit der Initiative Frauen Mut machen die Schwellenangst zu überwinden und sich dem politischen Feld stellen, Verantwortung übernehmen, ihre Belange und Ideen äußern, politische Bereiche kennen und verstehen lernen.

&bdquo;Wir wollen die männlichen Strukturen verändern, das heißt Mitarbeit ermöglichen auch für ein begrenztes Zeitbudgets, da Frauen immer noch häufiger die Sorgearbeit in unserer Gesellschaft übernehmen und dadurch weniger freie Zeit zur Verfügung haben", ist die Intention von Claudia Stolz. &bdquo;In kleineren Gruppen Ideen in Projekte ausführen und ins Rathaus bringen." Mit ihrem Blick Themen ansprechen , wo es hakt, wo Veränderungen nötig sind, aber auch Impulse geben für neue Vorhaben, sich dafür engagieren und mit ihrem Blick Entscheidungen auf den Weg bringen und mitzutragen. Themen direkt abstecken und anschieben für eine schnelle Durchsetzung.

Und ganz wichtig dabei: Vernetzung. &bdquo;Vernetzung ist wichtig. Studien zufolge vernetzen sich Männer viel stärker als Frauen. Das sollten wir ändern", betont Britta Y. Stricker. Denn dann sei es auch gar nicht mehr so schwer, die richtigen Ansprechpartner für die jeweiligen Belange zu finden.

Einsetzen für Herzensangelegenheiten Relevante Themen könnten laut Christiane Thiel zum Beispiel sein, wie die Innenstadt wieder belebt werden kann – gerade durch die Corona-Krise ein bedeutendes Thema. Konzepte entwickeln, Anlaufstellen einrichten. Oder weniger Kippen in der Stadt und am Bega-Beach, etwa durch Einführung eines Ordnungsgeldes. Dazu könnte sich eine Arbeitsgruppe zusammen finden, ist Britta Y. Strickers Idee. Urban Gardening, also Gärtnern mitten in der Stadt, ist eine weitere. Und es könnten noch so viele sein.

Interessierte Frauen und auch Themenideen sind bei der Initiative herzlich willkommen, Kontakt ist über die Internetseite www.frauenblick-auf-politik.de möglich. &bdquo;Wer Lust hat, sich für ein Thema zu engagieren, ist herzlich willkommen. Jede kann und soll sich für ihre Herzensangelegenheit einsetzen können, ohne Verpflichtung, an jeder Aktion teilzunehmen", so die Idee.

An den Start geht die Initiative, die sich aus der Idee der Stadtführung &bdquo;Statt Bummel" der Gleichstellungskommission und –stelle aus dem vergangenen Jahr entwickelt hat, passend zum Frauentag am 8. März. Dann sollen gleich mehrere Kampagnen gefahren werden, zum einen in den sozialen Netzwerken, aber auch als Plakataktion in Schaufenstern. Zudem soll es einen Infostand geben und Infoabende zu verschiedenen Themenbereichen.

Wir können etwas bewegen

Ein Kommentar von Carolin Brokmann-Förster

Frauen haben die Wahl, Frauen sind gleichberechtigt, dafür haben sie jahrzehntelang gekämpft. Doch heute sind es immer weniger, die von dem Privileg, alles tun zu können, was sie wollen, Gebrauch machen. Doch die Gesellschaft und auch und gerade eine Stadt wie Lemgo braucht engagierte Frauen, die den Männern paroli bieten und ihnen ihren Standpunkt verdeutlichen. Denn ja, Frauen sind anders, haben andere Ansichten, sehen und bedenken Dinge, die manch einem Mann gar nicht erst auffallen. Und können auch diese damit inspirieren. Wenn sie wollen und hartnäckig sind. Keine Zeit ist dabei kein Argument, denn Familie und Haushalt neben dem Job ist schon lange nicht mehr Frauensache. Also, warum nicht gemeinsam mit anderen starken Frauen etwas bewegen?

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