Ärger am Lemgoer Spiegelberg um Müll-Wirrwarr

Lemgo. Vorwärts, rückwärts, seitwärts, ran: Ungeübte kommen beim Nachtanzen dieses Kinderverses schnell durcheinander. So ergeht es Anwohnern am Spiegelberg mit ihrer Müllabfuhr. Denn: Ob rückwärts, vorwärts oder womöglich gar nicht mehr – wie der Müllwagen in die Straße fährt, scheint vielen nicht mehr klar zu sein. Dabei fangen die Probleme mit dem &bdquo;Seitwärts, ran" an, meint zumindest Hannelore Langewitz und berichtet von Verwirrung allenthalben im Quartier.

Früher waren die Müllwerker – auch am Spiegelberg – mindestens zu zweit auf Tour, erinnert sich die Lemgoerin. Inzwischen muss ein Fahrer reichen, der die Tonnen effizient und flott über den Hebe-Arm kippt – neben dem Fahrzeug, dem sogenannten Seitenlader. Ohne den zweiten Mann am Heck, einige tödliche Unfälle mit Müllwagen in anderen Städten und einen neuen Sicherheitscheck später resultieren daraus nun die Schwierigkeiten am Spiegelberg.

Die Rede ist von "Kuddelmuddel"

Der CDU-Politiker Steven Grimshaw wohnt selbst nur einen Steinwurf vom Waldrand entfernt und hat versucht, den Unmut seiner Nachbarn und Mitmenschen zu kanalisieren. Doch einfacher gesagt als getan. Denn so individuell die Leute, so individuell auch die Müllabfuhr. Von &bdquo;Chaos" und &bdquo;Kuddelmuddel" sprechen die, die man auf der Straße trifft. Grimshaw selbst drückt es diplomatisch aus: &bdquo;Die unterschiedlichen Regelungen und das Hin und Her sind schwer nachzuvollziehen."

Unumstößliche Tatsache dabei ist: Je höher man den Spiegelberg kommt, desto schmaler, steiler und unübersichtlicher werden die Seitenstraßen. Wie Christoph Nölker vom Lemgoer Bürgerbüro bestätigt, sah sich das Abfallunternehmen &bdquo;PreZero" daher gezwungen, die Abfuhr an der Grundstücksgrenze teilweise zu verweigern. &bdquo;Bei Kurven und Steigungen wird es selbst mit Kamera schwierig. Wenn auf jeder Seite nicht mal 60 Zentimeter bleiben, auch", sagt Nölker.

"Für Ältere nicht zumutbar"

Also bekamen Lemgoer in einem guten Dutzend Straßen Post vom Bürgerbüro – gleich mehrere davon am Spiegelberg. Mit Verweis auf Unfallverhütung und Berufsgenossenschaft wird darin festgestellt, &bdquo;dass die Straße im Bereich Ihres Grundstücks zu eng und zu unübersichtlich ist". Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen sei grundsätzlich nicht zugelassen. Wenn dann eine Wendemöglichkeit fehle, müssten die Tonnen bis zur Kreuzung gebracht werden.

Mit der Aufforderung konnten sich Haushalte vom Spiegelberg nicht arrangieren. Grimshaw: &bdquo;Hier leben viele Ältere, für die ist das kaum zumutbar." Auch dass im Flörkenkamp weiter direkt geleert werde, zwei Querstraßen darüber aber nicht, wolle nicht jedem nicht in den Kopf.

Stadt revidiert einige Entscheidungen

Einer, der das direkte Gespräch mit der Verwaltung gesucht hat, ist Ralf Gerke. Mit Erfolg: In der Straße Berglust kamen, wie die Stadt bestätigt, extra Christoph Noelker als Bürgerbüro-Chef, ein &bdquo;PreZero"-Verantwortlicher und ein Müllwagenfahrer samt seines motorisierten Versuchsobjekts zusammen, um das Umkehren im Wendehammer zu testen.

Ergebnis: Jetzt werde die Straße wieder angefahren, und es werden Schilder aufgestellt, dass an &bdquo;Müll-Tagen" Parkverbot im Wendehammer ist. Bei stadtweit drei Straßen hat man so die Entscheidung laut Noelker nachträglich noch korrigiert.

Tonne bleibt stehen Eine Etage höher, Am Waldrand, gebe es diese Chance aber nicht. Also brachte eine Bewohnerin ihre Tonne pflichtschuldig bis zur Ecke Spiegelberg, wie im Plan eingezeichnet. Prompt fuhr der Müllwagen doch rückwärts in die Straße und ließ die einzige korrekt abgestellte Tonne voll stehen.

Stephen Grimshaw verwundert der allgemeine Tenor nicht: &bdquo;Viele fragen sich, was denn eigentlich Sache ist." Für &bdquo;nicht ganz zu Ende gedacht" hält Ursula Pott die Neuregelung: &bdquo;In der Straße ist doch tote Hose, seit 41 Jahren fährt der Müllwagen rückwärts. Warum soll das jetzt anders sein?" Zumal die neue Abstellfläche für die Tonnen am Spiegelberg so schräg sei, dass ein Umkippen kaum zu vermeiden sei.

"Da bricht man sich doch die Knochen"

&bdquo;Mit 76 Jahren und, wenn die grüne oder die Papiertonne voll sind, bricht man sich hinab zum Sammelplatz doch die Knochen", sagt Hannelore Langewitz. Sie ist froh, dass für ihre Straße die Regel wieder gekippt wurde. Gerade bei Schnee und Eis sei der Spiegelberg oft besonders berüchtigt, bestätigt Christdemokrat Grimshaw.

Zur Not sollten sich Nachbarn gegenseitig helfen, bittet Bürgerbüro-Leiter Nölker um Verständnis. Vorschrift sei Vorschrift – zumal, wenn es um Menschenleben gehe. Wenn es am vorgesehenen Abstellplatz Probleme mit den Tonnen gebe, werde der Fahrer sie notfalls richtig aufreihen und Notizen hinterlassen, damit es beim nächsten Mal besser klappt. &bdquo;Wir waren und sind bereit, uns einzelne Straßen anzugucken und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen", sagt Noelker. Ein Versprechen, dass am Ende immer beide Seiten zufrieden seien, sei das aufgrund der komplizierten Gemengelage nicht.

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