Bäckerei Pyka zieht Notbremse: Nicht mehr jeden Tag Brötchen

Lemgo-Brake . Fehlender Nachwuchs macht Handwerksbetrieben bekanntlich seit Jahren zu schaffen. Für einen Bäcker aus Lemgo und seine Kunden hat das jetzt Konsequenzen: die sonst gut besuchten Filialen bleiben an drei Tagen mitten in der Woche dicht. Bengt Pyka zu seiner Entscheidung: &bdquo;Erst die Coronakrise, dann der Personalmangel, gefolgt vom Krieg in der Ukraine und einer Explosion der Rohstoffpreise. Ich musste reagieren, um das Kerngeschäft aufrecht zu erhalten.“

Zur Vorgeschichte: Die Probleme aus der Coronakrise habe man bei Pyka mit seinen Filialen in Lieme, Hohenhausen und an der Herforder Straße in Lemgo noch ganz gut weggesteckt, aber die Explosion der Rohstoffpreise quasi eine Woche nach Kriegsbeginn in der Ukraine sei nur schwer zu verkraften gewesen. Pyka: &bdquo;Die Preise für Mehl, Fette, Zucker oder Körner sind binnen einer Woche um bis zu 40 Prozent gestiegen. Der Doppelzentner Mehl, Typ 550, kostete vor einem Jahr 32 Euro, mittlerweile 59 Euro, zwischenzeitlich auch mal 75 Euro.“ Angebot und Nachfrage seien auch nach den Hamsterkäufen durch die Otto Normalverbraucher aus dem Ruder gelaufen.

Kein Licht am Ende des Tunnels Mittlerweile hat den Bäcker mit seiner Backstube in Brake natürlich auch die Preisexplosion beim Gas und Strom erreicht. Bengt Pyka sagt mit Blick auf 2023: &bdquo;Und ich weiß nicht wirklich, welche Preise die Stadtwerke 2023 am Markt platzieren werden.“ Dass er zudem Probleme hat, Personal für die Backstube zu finden, sei das I-Tüpfelchen in der &bdquo;Problemzone“ gewesen.

Der junge Unternehmer sieht auch kaum Licht am Ende des Tunnels, wenn er feststellt: &bdquo;Eine Trendwende im Handwerk ist nicht in Sicht. Ich hatte einen Azubi, der seine Lehre bei mir zu Ende gemacht hat und dann in die Industrie gewechselt ist. In erster Linie wegen der Arbeitszeiten und der Vergütung. Bäcker wie ich fangen nun mal gegen 2 Uhr morgens an. Früher, als mein Opa den Betrieb noch geführt hat, ging es sogar um Mitternacht los. Das bringt das Berufsbild mit.“ Skeptisch blickt er also auf die Verrentung seiner bisherigen Bäcker. Wo der Nachwuchs herkommen soll, ist Pyka – Stand heute – ein Rätsel.

"Retouren tun richtig weh" Gleichzeitig muss er mittlerweile viel genauer kalkulieren. &bdquo;Retouren, also nicht verkauftes Brot oder Brötchen, tun richtig weh. Bei den Rohstoff- und Energiepreisen kann ich es mir nicht erlauben, für die Tonne zu produzieren“, sagt der Unternehmer, der am Standort Brake einen Ofen mit Gas betreibt und in seiner Filiale in Lieme beispielsweise mit einem Elektro-Ofen vor Ort backt. &bdquo;Energieeffiziente Maschinen sind teurer und nicht immer die Lösung, weil sie so modern sind, dass sie auch häufiger ausfallen, also störanfälliger sind. Ältere Maschinen, Öfen, Kneter oder Pressen, gehen einfach seltener kaputt, verbrauchen aber oft mehr Energie“, so Pyka.

Trotz der widrigen Umstände habe die Kundschaft den Schritt, die Bäckerei an drei Tagen in der Woche nicht zu öffnen, ganz gut nachvollziehen können. Pyka: &bdquo;Ich konzentriere mich auf das Wochenende oder Feiertage, am Montag kaufen die Kunden zudem etwas mehr für die Woche und frieren es möglicherweise ein. Außerdem ist seit den Krisen – Corona und Ukraine – das Verständnis für die Verknappung im Warensortiment gestiegen. Kaum einer erwartet heute noch, dass jedes Brot und jedes Brötchen mit und ohne Körner, bis zur letzten Minute der Öffnungszeit vorrätig ist.“

Ein Familienbetrieb Alles in allem funktioniere der Familienbetrieb auch, weil Pykas Vater und seine Geschwister mit anpacken. Bengt Pyka: &bdquo;Ohne die Familie würde es überhaupt nicht gehen.“ Seine angestellten Bäcker seien jenseits der 50 und einer werde womöglich in ein oder zwei Jahren in Rente gehen. Ein Tag, der dann ein weiteres Problem mit sich bringt. Immerhin, so Pyka, habe er eine junge Konditorin gefunden, die über ein Gleitzeitmodel trotz ihrer kleinen Kinder ganz gut in die Backstube passe.

Die aktuellen Entwicklungen rund um seine minimierten Ladenöffnungszeiten fasst Bengt Pyka mit Blick nach vorn positiv zusammen: &bdquo;Lieber jetzt zwei Schritte zurück, die sich als einer nach vorn zeigen können, als weiterhin die Probleme ungelöst bejammern.“

Ungewöhnliche Aktion 2020 Toilettenpapier war in den Hochzeiten der Pandemie das wohl beliebteste Gut der Deutschen und in den Märkten und Läden ständig vergriffen. Diesen Umstand hatte die Bäckerei Pyka aufgegriffen und eine witzige Aktion im Haupthaus in Brake gestartet: Ab einem Einkaufswert von zehn Euro gab es eine Rolle für das stille Örtchen dazu.&bdquo;Wir wollten damit keinen Profit rausschlagen, sondern etwas Nettes für unsere Kunden machen und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern“, berichtet Kim Pyka. Deshalb waren die Toilettenpapierrollen nicht nur als Geschenk verpackt, sondern auch mit zwei Anhängern versehen worden – auf einem ein Witz, auf dem anderen gute Wünsche. &bdquo;Wir möchten den Kunden damit signalisieren, dass wir hoffen, dass alle gesund bleiben und dass wir weiter für sie da sind“, so Pyka. Die Kunden hätten sich darüber gefreut.

Pyka eröffnete Filiale in Lieme Lieme bietet eine bunte Palette an Läden. Nachdem am 1. Juli 2020 die Landbäckerei Brakemeier im Osterfeld ihre Pforten geschlossen hatte, sollte es weiterhin frische Brötchen im Ort geben.Nicht nur die Anwohner im Ort haben in der Bäckerei, die auch eine kleine Auswahl an Lebensmitteln führte, ihr Brot, den Kuchen oder das im Supermarkt Vergessene besorgt, weiß der Liemer und Ortsausschuss-Vorsitzende Udo Golabeck. &bdquo;Alle Bedauern die Schließung." Insbesondere die Senioren ohne Auto. Doch auch viele derer, die morgens auf dem Weg ins Industriegebiet gewesen seien, hätten hier noch schnell belegte Brötchen, die Zeitung oder Zigaretten mitgenommen.Doch die Liemer müssen nicht lange auf frische Brötchen ums Eck verzichten: Michael Pyka eröffnete eine Bäckerei samt kleinem Café an der Bielefelder Straße. &bdquo;Der Ort ist groß genug für einen Bäcker", war sich Pyka sicher.

Neues Leben in der "Nachtigall" Viele Lemgoer werden sich noch erinnern: An die Zeiten, als sie an die Hamelner Straße pilgerten. Als sie in der Kultkneipe &bdquo;Nachtigall" bis in die Nacht bei Bier und Wein an den Tresen hockten oder die Sommerabende im Biergarten genossen. Nick Pyka hat Anfang dieses Jahres die &bdquo;Nachtigall" wieder zum Singen gebracht – noch leise vorerst, doch er hofft nach Corona auf klangvollere Zeiten.Dabei hat der gelernte Bäcker Größeres im Sinn. Er will Design und Gastronomie koppeln, die &bdquo;Nachtigall" nicht nur als Café und Bar-Betrieb, sondern auch als Ausstellungsfläche für Möbel, Interieur oder auch Geschirr nutzen. Der 33-Jährige ist vielfältig unterwegs, hat bereits vor Jahren das Bäckerhandwerk in Teilen hinter sich gelassen, um als Designer und Produktentwickler eigene Möbel zu kreieren. Stücke, die er als Wegbegleiter beschreibt. Nachhaltig produziert, aus natürlichen Materialien, einfach und klar im Design, manche in Modulbauweise, die den Käufer im besten Fall ein Leben lang begleiten.

Seit gut fünf Jahren saniert der Bäckerssohn das Gebäude und nutzt es im Erdgeschoss bereits als Showroom für eigene Möbelkreationen und Stücke anderer Designer . Jetzt soll auf dem Außengelände unter den Bäumen ein Biergarten hinzukommen. Mit Oliver Krahwinkel, der auf dem Hochschul-Campus das Bistro "Ciitrus" betreibt, meint er den richtigen Partner dafür gefunden zu haben. Los geht es am Freitag, 17. Juni. Ab 14 Uhr hoffen Pyka und Krahwinkel dann, viele Gäste an der Hamelner Straße zu begrüßen. Geöffnet ist der Biergarten von Dienstag bis Sonntag, jeweils ab 14 Uhr. Nur bei gutem Wetter, doch davon soll es zumindest am Wochenende reichlich geben.

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