Lemgoer Krankenhausbau vor 125 Jahren war „ein Quantensprung für die Stadt“

Lemgo. 1905, wenige Jahre nach der Eröffnung, bekam das Lemgoer Krankenhaus eine eigene Kapelle. In lippischer Sparsamkeit nutzte auch die Stadt sie - als Friedhofskapelle für den nahen Friedhof an der Rintelner Straße. Eine Krankenhauskapelle, aus der Särge getragen werden? Auch in früheren Zeiten empfand man das wohl als nicht so passend für den Heilungsprozess. Stadtarchivar Marcel Oeben berichtet von entsprechenden Stimmen aus den 1930er Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam der Friedhof dann seine eigene kleine Kirche.

Auf solche und ähnliche Geschichten stieß der Stadtarchivar bei der Vorbereitung für die Ausstellung zur Geschichte des Lemgoer Krankenhauses. Die Schau des Stadtarchivs trägt den Titel &bdquo;Den Kranken zum Segen - 125 Jahre Grundsteinlegung Krankenhaus Wolffsche Stiftung“. Sie ist bei freiem Eintritt bis zum 25. Oktober im Museum Hexenbürgermeisterhaus zu sehen. Gezeigt werden Fotos, Zeichnungen und Pläne sowie historische Dokumente aus dem Stadtarchiv, die bisher selten oder gar nicht zu sehen waren.

Dass im Jahr 1905 eine Kapelle gebaut wurde, zeigt schon, was sich als Konstante über 125 Jahre an der Rintelner Straße erweisen sollte: &bdquo;Es war ein ständiges Um- und Neubauen. Es reißt seit 1899 bis heute nicht ab“, erläutert Marcel Oeben. In den 1930er Jahren kam der erste Anbau ans Hauptgebäude. Immer wieder habe der Platz nicht gereicht, immer wieder galt es, neue Vorgaben umzusetzen, immer wieder musste Raum für neue Technik her.

Ursprungs-Bau wurde 1965 abgerissen Das ist nach Oebens Worten ein Grund, warum heute auf dem Krankenhaus-Gelände kein einziges Gebäude mehr steht, das vor 1945 gebaut wurde - inklusive dem ersten Bau, dessen Grundstein am 27. Juni 1899 gelegt worden war. Der damalige Kreis Lemgo investierte Mitte der 1960er Jahre viel in sein Kreiskrankenhaus und riss viel ab. In der Ausstellung ist ein Foto der Einweihung am 18. Dezember 1900 zu sehen. Der größte Teil der heutigen Gebäude entstand in den 1960er Jahren.

Möglich gemacht hatte das Krankenhaus ein Mann, dessen Name bis heute in der Stadt präsent ist: August Louis Wolff. Nach ihm ist die Konsul-Wolff-Straße benannt, und im Foyer des heutigen Standorts Lemgo des Klinikums Lippe hängt ein Bronzerelief des Stifters. Denn es war eine Stiftung, die das Geld für den Bau des Krankenhauses lieferte.

&bdquo;Wolff war 1825 geboren worden und als Geschäftsmann in den USA zu Geld gekommen“, berichtet Archivar Oeben. Der Lemgoer Wolff war wie viele nach der gescheiterten Revolution 1848 ausgewandert. Seine 200.000 Mark waren der Grundstock für die Stiftung. Im Gegenzug bekam er postwendend die Ehrenbürgerwürde.

Hospital im Klostergebäude Die Ausstellung, die Material aus dem Stadtarchiv zeigt und im Wesentlichen die Entwicklung des Krankenhauses bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nachzeichnet, beleuchtet auch die vorherige Situation. Denn bis das neue Haus an der Rintelner Straße mit seinen zwei Abteilungen eröffnet wurde, hatte Lemgo seit den 1870er Jahren eine Art Krankenhaus in einem ehemaligen Klostergebäude, das heute Bestandteil des neuen Gemeindehauses von St. Johann ist. Diakonissen aus Bethel kümmerten sich um die Kranken. &bdquo;Es war klein, räumlich sehr beengt und ehrenamtlich organisiert“, beschreibt Oeben die Situation im Hospital.

Ohnehin seien Krankenhäuser damals etwas für arme Menschen gewesen. Die Reichen konnten sich den Hausbesuch eines Arztes leisten. Dennoch: Das kleine Lemgoer Hospital war in Lippe das zweitälteste Krankenhaus. Seit 1849 gab es in Detmold das Landkrankenhaus.

Dass die Stiftung ins Rollen kam, war dann der Durchbruch. &bdquo;Ein Quantensprung für die Stadt“, stellt der Stadtarchivar fest. Wer letztlich den Anstoß gab und den späteren Konsul Wolff zur Stiftung bewegte, dazu gebe es mehrere Darstellungen. War es der damalige Bürgermeister Ernst Höland? War es der Kaufmann Brinkhoff, ein Bekannter Wolffs? Das bleibt unklar.

Lauben und Grotten Ebenfalls Unklarheiten gibt es in Bezug auf den schönen Park mit Lauben und Grotten, der südlich des Krankenhauses Wolffsche Stiftung angelegt wurde - das Areal wird heute genauso genutzt. Entwürfe und Pläne des früheren Parks sind in der Ausstellung zu sehen. Aber ob alles wirklich so angelegt wurde, ist nicht gesichert.

Das neue Krankenhaus kam offenbar lange Zeit mit zwei Abteilungen aus, eine für innere Medizin und eine für Chirurgie. Das Krankenhaus musste sparsam arbeiten, das Geld aus der Stiftung war knapp, reichte für den Betrieb. &bdquo;Für Investitionen musste das Geld aber von anderer Seite kommen“, sagt Oeben. Dieses Modell funktionierte bis 1952. Dann wurde die Stiftung aufgelöst, und der Kreis Lemgo übernahm das Haus, das 1998 durch die Gründung der Klinikum Lippe GmbH seine Selbstständigkeit verlor. Und heute wird gar gefragt, ob das Krankenhaus in der gegenwärtigen Form überhaupt eine Zukunft hat.

Stadtarchivar Marcel Oeben bietet kostenlose Führungen am Montag, 9. September, und am Dienstag, 8. Oktober, jeweils um 16 Uhr an. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Bei Bedarf bietet er auch Gruppenführungen an.

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