Lemgo. Reinhard L. kauft regelmäßig in einem Lemgoer Lebensmittelmarkt ein - in der Regel donnerstags. Ab und an komme es vor, dass das frische Obst oder Gemüse bereits am Wochenende schlecht sei oder erst daheim auffalle, dass sich Schimmel an einer Stelle befinde, sagt der Lemgoer. Bislang sei ihm die Ware immer anstandslos ersetzt worden. Doch an einem Montag im März habe der Filialleiter das nicht mehr machen wollen und habe ihm stattdessen Hausverbot erteilt, sagt der Kunde. Welche Rechte habe ich eigentlich beim Obst- und Gemüsekauf im Supermarkt? Und welche Pflichten hat der Markt? Über diese und weitere Fragen hat die LZ mit Experten gesprochen. Habe ich ein Recht darauf, schlechtes Obst und Gemüse erstattet oder ersetzt zu bekommen? „Man hat grundsätzlich ein Recht auf einwandfreie Lebensmittel und somit auch darauf, verschimmeltes Obst oder Gemüse ersetzt zu bekommen“, sagt Elisabeth van Thiel aus dem Team Lebensmittelrecht und -sicherheit der Verbraucherzentrale NRW. Ist ein Ersatz nicht möglich, weil die bestimmte Obstsorte beispielsweise ausverkauft ist, könne auch das Geld erstattet werden. Brauche ich einen Nachweis? „Im Fall einer Reklamation muss man nachweisen können, dass man das Produkt in diesem Markt erworben hat“, so van Thiel. Der Kassenbon sei dafür natürlich praktisch, aber nicht immer notwendig, sofern der Kauf auch anders belegt werden kann. Zum Beispiel, wenn noch jemand dabei war, der den Einkauf bezeugen kann, oder es das bestimmte Produkt nur in diesem Markt gibt. Gibt es eine zeitliche Frist, die ich einhalten muss? Reklamieren gehe auch nachträglich. Der Mangel müsse nicht unbedingt schon vor Ort auffallen. „Entfernt man zu Hause die Verpackung und entdeckt verschimmeltes Obst, kann das natürlich beanstandet werden - und zwar so schnell wie möglich“, sagt van Thiel. So könne beispielsweise ausgeschlossen werden, dass der Mangel erst nachträglich durch falsche Lagerbedingungen zu Hause aufgetreten ist. Wie gründlich darf ich das Obst und Gemüse im Markt prüfen? Verpackungen sollten vor dem Kauf nicht entfernt werden, rät die Expertin. Deshalb ist es nicht immer möglich, die Produkte vorher zu prüfen. In die Hand nehmen und anschauen dürfen Kunden frisches Obst und Gemüse aber. Wie sollten Kunden sich verhalten? „Fallen derartige Mängel wiederholt auf, können Kunden zunächst die Marktleitung darauf aufmerksam machen. Verkauft der Markt über die Beschwerde hinaus weiterhin wiederholt verschimmelte Produkte, bleibt der Weg über die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde vor Ort“, heißt es von der Verbraucherzentrale. Welche Pflichten hat der Markt? Die Obst- und Gemüsesorten müssen laut Lebensmittelüberwachung des Kreises Lippe den unterschiedlichen Qualitätsstufen entsprechend gekennzeichnet werden. Außerdem müsse neu eingetroffene Ware auf verdorbene Produkte überprüft und diese dann auch entfernt werden. Eine Pflicht, wie häufig Obst und Gemüse von den Mitarbeitern kontrolliert werden müssen, gebe es aber nicht. „Allerdings haben die Lebensmittelmärkte ein hohes eigenes Interesse daran, dass verdorbenes Obst und Gemüse in ihren Abteilungen gar nicht oder nur in Ausnahmefällen zu finden ist. Daher haben sie üblicherweise im Rahmen ihres Marktmanagements mehrmals am Tag stattfindende Überprüfungen ihrer Obst- und Gemüseabteilungen in ihren Arbeitsabläufen implementiert“, teilt Kreis-Sprecher Patrick Bockwinkel mit. Gibt es Kontrollen? Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden risikobasierten Plankontrollen würden die Lebensmittelkontrolleure neben vielen anderen Bereichen auch stichprobenartig die Obst- und Gemüseabteilung eines Lebensmittelmarktes überprüfen. Wer sich dafür interessiert, wie sauber ein Markt ist, kann über die Lebensmittelüberwachungsbehörde auch Auskunft über die letzten Kontrollergebnisse erhalten, heißt es von der Verbraucherzentrale. Gibt es Strafen? Bei gravierenden Verstößen könnten diese durch Ordnungswidrigkeitenverfahren und Bußgelder geahndet werden. Dazu sei es in Bezug auf verdorbenes Obst und Gemüse in der jüngeren Vergangenheit aber nicht gekommen, heißt es vom Kreis Lippe. Hat das Problem zugenommen? Sowohl die Verbraucherzentrale als auch die Lebensmittelüberwachung des Kreises Lippe können einen Anstieg der Beschwerden beziehungsweise „eine größere Problematik“ nicht erkennen. Reinhard L. hat dem Unternehmen einen Brief geschrieben und bekam Wochen später einen Anruf. Man lud ihn zum Gespräch ein. Vor Ort habe der Filialleiter ihm Vorwürfe gemacht. Für den 72-Jährigen steht daher nun fest, dass er dort nicht mehr einkaufen werde: „Obst und Gemüse sind so teuer geworden, da kann ich mit meiner kleinen Rente doch nicht noch faule Produkte kaufen.“